Armageddon 2013? Geldprofis erwarten Rückkehr der Krise

Kapitalmarktexperten üben sich bei Branchentreffen in Konjunkturpessimismus. Eurokrise, Schuldenkrise, Börsenkrise - Anleger, was nun? 

Ali Masarwah 04.02.2013
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Die ZfU Internationale Kapitalanlegertagung, die alljährlich von der gleichnamigen Schweizer Business School veranstaltet wird, gilt als eine der wichtigen Benchmarkveranstaltungen für Kapitalanleger, die mit vielen Fragen ins neue Jahr starten. Was denken die Profis über die Lage der Weltwirtschaft? Welches sind die vielversprechenden Anlageregionen? Wie sind die Portfolios prominenter Vermögensverwalter aufgestellt? Die 28. ZfU-Veranstaltung, die Ende Januar in der Nähe von Zürich stattfand, war ein Gradmesser für die Stimmung unter Investment-Profis und anderen Kapitalmarktexperten, die prognosebasiert arbeiten.

Die wohl interessanteste Erkenntnis: Die meisten fundamental arbeitenden Asset Manager haben heute ein Problem mit den Märkten. Sie sind zumeist ob der schleppenden konjunkturellen Entwicklung pessimistisch gestimmt. Das müssen sie gewissermaßen sein, denn wenn die globale Konjunktur ins Stocken gerät, ist das Gift für Unternehmen (und deren Aktien bzw. Anleihen). Kommt dann noch die nach wie vor überbordende Schuldenkrise der Staaten hinzu, hält bei vielen Vermögensverwaltern depressive Stimmung Einzug. (Deutsche Vermögensverwalter neigen dann dazu, das Schreckensgespenst der Inflation an die Wand zu malen, Angelsachsen fühlen sich eher dagegen an die große Depression der 1930er Jahre erinnert und befürchten eine Deflation.)

Wie dem auch sei: Kapitalmarktexperten stehen heute vor der Herausforderung, das große, zumeist düstere Makrobild mit der zuletzt famosen Aktienmarktentwicklung, welche nun mal die Realität der Kapitalanleger darstellt, in Einklang zu bringen. Da können pessimistische Szenarien schon mal einem Härtetest unterzogen werden. Zur Erinnerung: der DAX 30 stieg 2012 um 29,1%, der Nikkei 225 um knapp 23% und sogar der über lange Zeit 2012 schwächelnde MSCI Emerging Markets konnte – auf Euro-Basis – Dank eines furiosen vierten Quartals auf Jahressicht um gut 13% zulegen. „Die Aktie hat 2012 als Rendite-Investment ein Comeback erlebt“, blickte Philipp Vorndran, Anlagestratege der Vermögensverwaltung Flossbach von Storch, zurück.

Last Exit aus der Überschuldung bereits verpasst?

Worauf fußt der Pessimismus der Experten im Detail? Es ist in erster Linie der Verlauf der globalen Staatsschuldenkrise, der Wissenschaftlern wie Praktikern die Sorgenfalten auf die Stirn treiben. Professor Benjamin Friedman von der Harvard Universität gab in einer Rede auf der ZfU-Konferenz einen differenzierten, aber in der Summe pessimistischen Ausblick auf die monetäre und fiskalpolitische Linie in den USA. „Es gibt keine Bereitschaft in der Politik, die Steuern zu erhöhen, die Staatsausgaben zu senken, und auch die Beschneidung von Rentenansprüchen und anderen Sozialleistungen kommt derzeit nicht in Frage“, so Friedman.

Die USA befinden sich in einem Teufelskreis: Die ökonomische Stagnation verschärft den Stillstand in der Politik, was wiederum die Wirtschaft schwächt.

Die Implikation  ist für den Ökonomen klar: Defizite schaden nicht nur der Politik, sondern erodieren auch den Zusammenhalt in der Gesellschaft. „Firmen senken ihre Investitionen, und die Nettokreditaufnahme aus dem Ausland steigt“, warnte Friedman. Die Folgen der ökonomischen Stagnation seien bereits sichtbar: Das mittlere Haushaltseinkommen von US-Familien sei – in 2011er Dollar gemessen – von 66.300 US-Dollar im Jahr 2000 auf 61.000 Dollar 2011 gesunken.

„Die USA befinden sich in einer Spirale: Ökonomische Stagnation bewirkt auf politischer Ebene eine Pattsituation zwischen Republikanern und Demokraten. Der politische Stillstand wiederum verhindert einen Ausweg aus der ökonomischen Stagnation und so weiter“, umschrieb Friedman sein Szenario für die Entwicklung in den USA.

USA pfui, Europa hui? Eher nicht

Allerdings gibt sich Friedman ebenfalls skeptisch, was die Erfolgsaussichten der Austeritätspolitik in Europa betrifft. „Die Nordeuropäer werden sich von den Folgen der Sparmaßnahmen in Südeuropa nicht abschotten können, man wird sehen, dass Deutschland nicht immun ist. Auch das Wachstum hierzulande wird sich abschwächen“.

Deutsche bzw. deutschsprachige Kapitalanlageprofis geben sich noch pessimistischer. „Die Politik hat alle roten Linien überschritten, auch EZB-Präsident Mario Draghi“, kritisierte der ehemalige Hedgefondsmanager Felix Zulauf, der heute das Family Office Zulauf Asset Management verantwortet. Wer das Mitglied des renommierten Barron´s Roundtable sprechen hört, fühlt sich an Jens Weidmann erinnert. Der Bundesbank-Chef gilt als Kritiker der expansiven Politik der EZB und hat sie in der Vergangenheit ziemlich unverblümt kritisiert. „Draghi gehört zu einer Gilde von Notenbankern, die meint, die Welt retten zu müssen, aber nicht weiß, dass dieses Experiment schief gehen wird. Schlussendlich werden wir alle einen hohen Preis bezahlen. Ich glaube nicht, dass das Experiment klappen und der Euro nicht zu einer erfolgreichen Währung wird“, so der Eurokritiker Zulauf, der prognostiziert: „Das wird nicht lange gut gehen“. 

Welche Anlageregionen bzw. Anlageklassen werden von den Experten bevorzugt? Lesen Sie hier mehr zu Asset-Klassen und Asset-Allokation-Modellen. 

Die in diesem Artikel enthaltenen Informationen dienen ausschließlich zu Bildungs- und Informationszwecken. Sie sind weder als Aufforderung noch als Anreiz zum Kauf oder Verkauf eines Wertpapiers oder Finanzinstruments zu verstehen. Die in diesem Artikel enthaltenen Informationen sollten nicht als alleinige Quelle für Anlageentscheidungen verwendet werden.

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Über den Autor

Ali Masarwah

Ali Masarwah  Ali Masarwah war von 2011 bis Frühjahr 2021 als Chefredakteur für die deutschsprachigen Anleger Websites von Morningstar verantwortlich