Deutsche Bank strebt bei Fonds nach den Sternen

Die Zusammenführung der Vermögensverwaltung ist eine Mammutaufgabe und sollte nicht nur als Kosten-Management verstanden werden. Qualität der Fondsprodukte ist verbesserungswürdig. Eine Analyse.

Ali Masarwah 12.06.2013
Facebook Twitter LinkedIn

Die Deutsche Bank hat in dieser Woche öffentlichkeitswirksam die Pläne für ihr Vermögensverwaltungsgeschäft enthüllt. Die Ziele wurden bis 2015 wurden benannt und auch die Wege dorthin angedeutet. Dass die Wege langwierig und schwierig sein dürften, ist das eine. Das andere ist, dass mitnichten klar ist, ob sich die verschiedenen Ziele, die derzeit auf der Agenda stehen, überhaupt miteinander vertragen und somit ultimativ erfüllbar sein werden.

Doch der Reihe nach: Künftig firmiert dieser Konzernbereich unter dem Namen Deutsche Asset und Wealth Management (DeAWM). Er umfasst das Privatkundengeschäft, das institutionelle Geschäft sowie das aktive und passive Asset Management in all seinen Formen und Ausprägungen.

Zwei Botschaften - komplementär oder nicht?

Die Kernbotschaften des Mega-Events in Frankfurt, auf dem die Konzernspitze und alle maßgeblichen Entscheidungsträger der DeAWM vertreten waren, lauten wie folgt: Die Vermögensverwaltung ist und bleibt ein integraler Bestandteil des Geschäfts der Bank, muss aber anspruchsvollere Renditeziele erfüllen als bisher. Dies geht aus den Ausführungen des Führungsduos Jürgen Fitschen und Anshu Jain hervor. Man will in die Top-5-Riege der größten Vermögensverwalter weltweit aufrücken.

Die zweite Botschaft: Es dreht sich bei der DeAWM künftig alles um den Kunden und seine Renditen. Es bestehe „volle Übereinstimmung“ zwischen den Interessen der Kunden und der DeAWM. Man werde künftig eine „völlig neue Strategie“ umsetzen, so der seit 2012 amtierende DeAWM-Chef Michele Faissola. Es war viel vom treuhänderischen Auftrag die Rede. „Performance, performance, performance“, ist die Maxime Faissolas.

Natürlich zählen derartige Bekenntnisse zum Standardrepertoire von frisch umstrukturierten Unternehmen, die zuvor sehr stark mit sich selbst beschäftigt waren (und zuvor mutmaßlich nicht unbedingt gut gemanagt wurden). Und natürlich wirkt es wie eine maßlose Koketterie, wenn die Deutsche Bank ihre Vermögensverwaltung heute als „Eine-Billiarde-Euro-Startup“ bezeichnet. Einerseits.

Viele Geschäftsbereiche, viele Baustellen 

Was macht die DeAWM aus? Im Produktportfolio befinden sich neben der DWS unter auch der ETF-Anbieter db-X-trackers, der Immobilienspezialist RREEF, die Privatbank Sal. Oppenheim und das Family-Office Wilhelm von Finck, das die Super-Reichen betreut. Schon heute zählt das Asset Management der Deutschen Bank zu den zehn größten Geldverwaltern weltweit, im Heimatmarkt Deutschland ist die DWS Marktführer unter den Anbietern von Fonds für Privatanleger. Dennoch sind im Grunde alle diese verschiedenen Produkt- und Kundensparten unter ihren Möglichkeiten geblieben, so dass - andererseits - der Spruch vom Startup doch nicht ganz aus der Luft gegriffen erscheint.

Auch wenn man es nicht offen bei der DeAWM sagt war die Vielfalt im Asset Management in der Vergangenheit nicht selten ein Problem, da Strategie- und Prioritätensetzung unklar waren und infolgedessen die Umsetzung teilweise widersprüchlich verlief. Es erfordert nicht viel Feingefühl, um in diesen Tagen die Distanzierung der Deutschen Bank von der früheren Leitung der Vermögensverwaltung unter Kevin Parker herauszuhören.

Doch was genau soll sich ändern und was ist im derzeitigen Rahmen überhaupt möglich? Zunächst geht es um einheitliche Strukturen und Prozesse – und um Kosteneinsparungen. Ob aktive Fonds, ETFs oder alternative Investments: Man bekommt künftig alles aus einer Hand – von einer Produktplattform, die heute um einiges effizienter und kohärenter organisiert ist als in der Vergangenheit. Im Zuge dieser Effizienzsteigerung wurden 12 Prozent des Personals abgebaut, bis Ende des ersten Quartals wurden 150 Millionen Euro durch Effizienzgewinne eingespart. Die Cost-Income-Ratio, eine in der Branche oft verwendete Profitabilitäts-Kennzahl, soll von 80% 2012 auf rund 65% im Jahr 2015 fallen.

So klar die betriebswirtschaftlichen Ziele zu benennen sind, wodurch die Performance der Produkte – auch das ist ein erklärtes Ziel - verbessert werden soll, blieb dagegen eher im Ungefähren. Fest steht, dass man bei aktiven Fonds „konsistente“ Überrenditen erzielen will und dabei auf „innovative Strategien“ setzt, die in multiplen Produkthüllen geliefert werden sollen. 

Wir haben deshalb eine Bestandsaufnahme in dem Bereich gemacht, der am transparentesten ist: bei den aktiv verwalteten Publikumsfonds. Wo steht der Bereich der Vermögensverwaltung der Deutschen Bank heute? Wir haben uns einige Kennzahlen bei den Privatkunden-Produkten der Deutsche-Bank-Tochter angesehen, mit Wettbewerbern verglichen und uns auch den bisherigen Erfolg der DeAWM im Vertrieb europaweit angeschaut. Unser vorläufiges Fazit: Vielleicht war die Bezeichnung „Startup“ doch nicht so verkehrt? Ein Überblick:

Die Sterne von heute: Ein überschaubares Universum

„Unser Ziel ist es, die Zahl der Fonds mit einem Morningstar Rating von vier oder fünf Sternen zu steigern“, lautet die Devise von DeAWM-Chef Faissola, der den Wettbewerb um Kunden als darwinistischen Kampf, als „survival of the fittest“, versteht. Der Gewinner, also der Outperformer unter den Fondsanbietern, bekomme die Kundengelder, so die These Faissolas. Doch wo steht die DeAWM heute?

Ein Überblick über unsere quantitativen Ratings zeigt, dass viele DWS- und Deutsche-Bank-Fonds in der Tat Nachholbedarf haben; Fonds mit ungünstigen Rendite-Risiko-Kennzahlen überwiegen (nichts anderes drückt unser Sterne-Rating aus). Von 236 bewerteten Fonds europaweit weisen derzeit nur knapp 30% ein Vier- oder Fünf-Sterne-Rating auf. Diese beiden Fonds-Rating-Stufen deuten auf ein überdurchschnittlich gutes Rendite-Risiko-Profil in der Vergangenheit hin. Rund 37% der Fonds sind mit einem Drei-Sterne-Rating versehen und sind damit durchschnittlich, gut ein Drittel der bewerteten Deutsche-Bank-Publikumsfonds ist mit zwei oder einem Stern unterdurchschnittlich gegenüber der Konkurrenz in der jeweiligen Kategorie.

Die Angelsachsen liegen mit Blick auf Qualität der Fondspaletten weit vorne

Betrachtet man die Positionierung der DWS im Heimatmarkt Deutschland mit Blick auf die Qualität der Publikumsfonds fällt auf, dass die DeAWM-Fonds in beiden großen Asset-Klassen, Aktien und Renten, weit abgeschlagen hinter der – vor allem angelsächsischen - Konkurrenz landen. Per Ende 2012 lag die seinerzeitige DWS in unserem Ranking der besten Kapitalanlagegesellschaften bei Aktienfonds weit abgeschlagen auf Platz 33 nach Platz 35 im Ranking des Vorjahres. Angeführt wurde das Ranking, deren Ergebnisse über die Vergabe der Morningstar Awards 2013 entschieden, von den britischen Häusern Schroders, Threadneedle und Aberdeen.

Bei Bond-Fonds lag die DWS per Ende 2012 in unserer Auswertung auf Platz 18. Die besten großen Bond-Fonds-Häuser waren per Ende 2012 PIMCO, Axa und Allianz Global Investors.

Jenseits der Sterne: Die Bewertung von Prozessen und Fondsmanagern 

Auch die Morningstar Analyst Ratings, die Fonds qualitativ bewerten und dabei nicht nur die Produkt-Performance, sondern auch die Qualität des Investmentprozesses und des Fondsmanagements untersuchen, lassen den Schluss zu: Bei der Deutschen Bank gibt es noch viel Mittelmaß und zu wenige Highlights. Von den 43 bewerteten Fonds der DeAWM tragen nur 17 die positiven Ratings Silver oder Bronze. 20 DeAWM-Fonds sind mit Neutral benotet, was bedeutet, dass unsere Analysten bei diesen Produkten künftig keine überdurchschnittlichen Renditen im Vergleich zur Konkurrenz erwarten. Zwei Fonds sind mit Negative bewertet.

Doch auch wenn nur zwei Deutsche-Bank-Fonds ein negatives Morningstar Analyst Rating tragen, deutet sich hier bereits an, wo ein Teil der Probleme liegt: Es fehlt an Kompetenz bei Emerging Markets Aktien. Der DWS Emerging Markets, der lange Jahre von Thomas Gerhardt gemanagt wurde und vom Anspruch ein Flaggschiff-Produkt des Hauses hätte sein können (müssen?) dümpelt seit Jahren erfolglos vor sich hin. Ob der heute nur knapp 150 Millionen Euro kleine Fonds nach diversen Management-Wechseln mit einer neuen Strategie auf die Beine kommen wird, ist offen (und angesichts der Größe des Fonds fast schon irrelevant).

Chancen bei Emerging Markets verschlafen

Tatsache ist, dass die Deutsche Bank bisher nicht in der Lage war, sich im Bereich globale Emerging Markets Aktien, einem der wenigen wirklich großen Wachstumssegmente bei Aktienfonds in den letzten Jahren, erfolgreich zu positionieren. Zur Erinnerung: Anbieter wie BlackRock, Aberdeen, Vontobel oder First State haben in den vergangenen Jahren mit sehr guten Emerging Markets Aktienfonds große Erfolge im Vertrieb erzielt.

Handlungsbedarf besteht bei Aktien ebenfalls in zwei Kernbereichen: Globale und europäische Standardwerte. Es wurden bereits etliche Veränderungen vorgenommen, deren Erfolg sich allerdings noch einstellen muss. Nach mehreren Jahren eher mittelmäßiger Performance ging die Verantwortung für die beiden Aktienflaggschiffe DWS Vermögensbildungsfonds I und DWS Akkumula von Klaus Kaldemorgen auf Andre Köttner über, der von Union Investment kam. Diese Neupositionierung der wichtigsten globalen Aktienfonds dürfte zu den wichtigsten Aufgaben bei den aktiven Fonds der DeAWM gehören, da in den beiden Fonds noch immer mehr als acht Milliarden Euro stecken.

Auch bei den Europa-Fonds der DeAWM besteht Handlungsbedarf. Ob die 2011 erfolgte Umstellung des DWS Europäische Aktien Typ 0 auf ein quantitatives Modell, dem die Bewertungen von Sell-Side-Analysten zugrunde liegen (und das nunmehr auch beim DWS Emerging Markets Typ 0 umgesetzt wird), erfolgreich sein wird, bleibt abzuwarten.

Schwächen weist die DWS-Fondspalette auch im heute immens gefragten Bond-Segment auf: Es finden sich nur wenige Blockbuster-Fonds mit langjährigem Track Record. Zu den größten DWS-Rentenfonds zählen der DWS Euro High Yield Bond und der DWS Invest China Bonds, die Auflagen jüngeren Datums sind und am ehesten die Hype bei hochverzinslichen Papieren im derzeitigen Niedrigzinsumfeld reflektieren.

Der auf Pfandbriefe konzentrierte DWS Covered Bonds ist zwar bereits seit 1988 am Markt, lässt sich aber aufgrund der kurzen Historie des Fondsmanagers noch schwer beurteilen. Besser sieht es bei den diversifizierten Bond-Portfolios mit dem DWS Invest Euro Bonds (Short) und dem DWS Vermögensbildungsfonds R aus. Hier finden sich etablierte Produkte mit gutem Management. Allerdings handelt es sich um eher konservative, europäisch ausgerichtete Fonds; globale Bond-Fonds mit dem Zeug zum Flaggschiffprodukt - man traut sich in diesem Zusammenhang schon fast nicht, Namen wie PIMCO und Franklin Templeton in den Mund zu nehmen – sind bei der DeAWM bei Publikumsfonds Mangelware.

Stärken hat die DeAWM vor allem bei Deutschland- und Dividenden-Aktien

Doch die Stärken der Deutsche-Bank-Tochter sollen an dieser Stelle nicht verschwiegen werden: Globale Dividendenstrategien, die von Thomas Schüssler verantwortet werden und im DWS Top Dividende ihren Ausdruck finden, sind sehr erfolgreich und passen in das heutige Marktumfeld, in dem Anleger auf ertragstarke Unternehmen setzen.

Auch die von Henning Gebhardt und Tim Albrecht verwalteten Deutschland-Aktienfonds, DWS Aktien Strategie Deutschland und DWS Deutschland, zählen zu den besten Produkten ihrer Art. Doch auch gibt es einen Wermutstropfen: Deutsche Aktienfonds waren in den letzten Jahren nicht gefragt, marktweit dominierten Mittelabflüsse, was sich auch beim DWS Aktien Strategie Deutschland bemerkbar machte.

Viel versprechender weil konstanter verspricht das Geschäft mit der Altersvorsorge zu werden, das der erfolgreichen Positionierung der Deutschen Bank im Vertrieb fondsgebundener Versicherungen (Stichwort: DWS FlexPension) und der DWS Fonds-Riester-Rente zu verdanken ist. 

Wolfgang Matis, Chef der aktiven Sparte bei DeAWM, will gegensteuern: „Unser Ziel ist es, die Aktien- und die Multi-Asset-Seite zu stärken“. Ob dies mit einer substanziellen personellen Verstärkung des Fondsmanagements und des Researchs geschehen soll, lässt die DeAWM offen, dies dürfte angesichts des Primats der Kostenkontrolle derzeit allerdings eher unwahrscheinlich sein.

Eher wolkig als heiter: Mittelzuflüsse in DeAWM-Fonds europaweit 

Der Letzte Punkt unserer Auswertung kann als Ausdruck der eher gemischten Bilanz der DeAWM auf der Produktseite gesehen werden: Der paneuropäische Vertrieb schwächelt. Auch wenn die DWS bereits im Jahr 2002 ihre bis dato weitgehend deutsche Produktpalette um eine Luxemburger Plattform ergänzte und damit bereits seit gut 10 Jahren – theoretisch – ähnlich aufgestellt ist wie andere paneuropäisch agierende Häuser, war der Vertriebserfolg bisher bescheiden.

Zum Beispiel bringt es der im Juni 2002 aufgelegte DWS Invest Global Equities derzeit gerade einmal auf ein Vermögen von 110 Millionen Euro. Zur Erinnerung: Mit diesem Fonds wurde weiland der Ansatz des DWS Vermögensbildungsfonds I unter Klaus Kaldemorgens repliziert und Europa-vertriebstauglich gemacht.

Ein Blick auf die europaweite Absatzbilanz in den vergangenen 12 Monaten zeigt, dass viele international aufgestellte Anbieter der Deutsche-Bank-Tochter enteilt sind. Per Ende April konnte das erfolgreichste Fondshaus, Allianz-Tochter PIMCO, Zuflüsse in Höhe von 39,5 Milliarden Euro netto in aktiven Publikumsfonds (ex Geldmarktfonds) einsammeln. Es folgen JPMorgan Asset Management mit Zuflüssen von 17,3 Milliarden Euro in den vergangenen 12 Monaten, BlackRock (12,5 Milliarden), Franklin Templeton (11,9 Milliarden) und AllianceBernstein (11,6 Milliarden Euro).

Die DeAWM landete in den letzten 12 Monaten mit Zuflüssen von 4,9 Milliarden Euro nur auf Platz 19. Doch es gibt auch Lichtblicke: Dass es allein die beiden Versionen des DWS Top Dividende auf Zuflüsse von insgesamt netto 2,8 Milliarden Euro in 12 Monaten brachten, zeigt, dass die DeAWM es durchaus mit Franklin Templeton, PIMCO und co. aufnehmen kann. Es fehlen bisher allerdings die Blockbuster. Das zu ändern, dürfte schwierig sein. Die Formel von DeAWM-Chef Michele Faissola „performance, performance, performance“ klingt simpel. Sie in die Realität umzusetzen, wird viel Geduld, Geschick und Fingerspitzengefühl erfordern (von Glück wollen wir an dieser Stelle nicht reden!). Man darf gespannt sein, ob die Renditeerfordernisse der Bank genug Langmut für das Comeback des Startups DeAWM erlauben werden.

Die in diesem Artikel enthaltenen Informationen dienen ausschließlich zu Bildungs- und Informationszwecken. Sie sind weder als Aufforderung noch als Anreiz zum Kauf oder Verkauf eines Wertpapiers oder Finanzinstruments zu verstehen. Die in diesem Artikel enthaltenen Informationen sollten nicht als alleinige Quelle für Anlageentscheidungen verwendet werden.

Facebook Twitter LinkedIn

Über den Autor

Ali Masarwah

Ali Masarwah  Ali Masarwah war von 2011 bis Frühjahr 2021 als Chefredakteur für die deutschsprachigen Anleger Websites von Morningstar verantwortlich