Der große ETF-Jahresrückblick 2013

Das Jahr 2013 geht zu Ende, und wir fassen die Top ETF-Themen für Sie nochmal zusammen. Von der Übernahme von Credit Suisse ETFs durch iShares bis zur unverhofften Marktführerschaft von Lyxor ETF.

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Die erdrückend physische Marktherrschaft von iShares

Das Jahr 2013 begann mit einem Paukenschlag. BlackRock gab die Übernahme des ETF-Geschäfts der Schweizer Großbank Credit Suisse bekannt. Ziel war es hierbei primär nicht unbedingt den Marktanteil zu steigern, sondern Zugang zum schweizer ETF-Markt zu bekommen, insbesondere zu Schweizer Anleihen. Dennoch: durch die Übernahme ist der Marktanteil von iShares in Europa im Laufe des Jahres von 38% auf 45% gestiegen. Der nächste Konkurrent, db x-trackers, ist mit einem Marktanteil von derzeit 12% noch Lichtjahre davon entfernt. Schaut man sich nur den Markt für physisch replizierende ETFs hat, so liegt der Marktanteil von iShares bei ca. 80% - konkurrenzlos.

Diese Marktmacht ist aus Sicht der Investoren sicherlich nicht Zielführend, da ein gesunder Konkurrenzkampf meist zu besseren und günstigeren Produkten führt. Außerdem beklagen sich insbesondere institutionelle Anleger über die fehlende Auswahl bei den Produktanbietern, da viele von ihnen – möglicherweise aus Bequemlichkeit – physische ETFs bevorzugen, und da ist die Auswahl in der Tat sehr begrenzt. Dennoch hat die Übernahme von iShares zu Kostenreduzierungen geführt. Einige ETFs aus der CS-Familie, die auch im Angebot von iShares sind, waren bei den Schweizern günstiger. Um keine Investoren zu benachteiligen, wurden die Management-Gebühren nach unten angepasst. Letztendlich hat die Übernahme damit auch was Positives für Anleger gehabt. Auch UBS ETFs konnten sich über die Zuflüsse freuen. Nach der Übernahme von CS dürften viele Investoren eine starke Konzentration von iShares-Produkten in ihren Portfolios gehabt haben und waren praktisch gezwungen, ihre Investments über mehrere Produktanbieter wieder zu diversifizieren. Die Alternative in der Schweiz: UBS.

Der ETF-Markt im Wandel

In der ETF-Branche scheint ein Umdenken stattzufinden. Immer mehr Anbieter kehren der synthetischen Replikation den Rücken.

Um zunächst bei iShares zu bleiben. Der Marktführer hat dieses Jahr seine wenigen Swap-basierten ETFs quasi eingestampft. Im Zuge der Übernahme von CS-ETF wurden unter anderem 15 Produkte liquidiert. Unter den 15 Produkten, die per 24. Oktober vom Markt genommen wurden, befinden sich 12 synthetische ETFs. Das entspricht nahezu dem gesamten Swap-ETF-Angebot von iShares in Europa. Alle Swap-ETFs auf Emerging-Markets-Aktienindizes wurden liquidiert. Was bleibt sind ein ETF auf einen diversifizierten Rohstoff-Index und vier ETCs auf physisch besicherte Edelmetalle.

Auch Lyxor hatte bereits angekündigt, in Zukunft auf beide Replikationsmethoden zu setzten. Der französische Anbieter lässt aber Taten wie die der Deutschen Bank missen. Die Deutschen Bank kündigte Anfang Dezember an, ihre ETFs im ersten Quartal 2014 in großem Stil auf physische Replikation umzustellen. Das könnte die Karten neu mischen. Davon sind zumindest die Verantwortlichen bei der Deutschen Bank überzeugt. „Wir wollen angreifen und unseren Marktanteil in Europa bis Ende 2015 auf 20 Prozent erhöhen“, sagt uns Simon Klein, ETF-Europa- und Asien-Chef bei der Deutschen Bank.

Offenbar sehen die Verantwortlichen bei der Deutschen Bank im großen Switch von Swap-basierter zu physischer Replikation die einzige Möglichkeit, das Wachstum zu forcieren. Während das in ETF verwaltete Vermögen der Deutschen Bank in Europa in diesem Jahr um fünf Prozent gesunken ist, hat BlackRock (iShares) um 22 Prozent zugelegt. Bereits seit Jahren gewinnt BlackRock Marktanteile hinzu, während Swap-ETF-Anbieter wie die Deutsche Bank und Lyxor bestenfalls stagnieren. Mehr zu zum Replikationswechsel der Deutschen Bank finden Sie hier.

Interessant dürfte nun sein, wie Lyxor auf die jüngste Offensive reagiert. Der französische ETF-Anbieter wird unter Zugzwang stehen, um nicht mehr an Boden gegenüber der Deutschen Bank und BlackRock zu verlieren. Nach dem Deutsche-Bank-Switch werden sich die Franzosen mit dem Titel des größten Anbieters Swap-basierter ETFs in Europa schmücken können. Doch das ist eine Momentaufnahme, und angesichts der Tatsache, dass Lyxor bereits den Einstieg – zumindest mit dem kleinen Zeh – in die Welt der physisch replizierenden ETFs gefunden hat, könnte es sein, dass vor der großen Konsolidierung auf der Anbieterebene zunächst eine Konsolidierung bei der Replikationsmethode ansteht.

Der db x-trackers DAX ETF blutet stark

Der db x-trackers DAX ETF ist nach der Sommerpause stark unter die Räder gekommen. Der ETF musste alleine im Oktober 2,76 Milliarden Euro an Nettoabflüssen verkraften. Insgesamt zogen Investoren von September bis November 5,6 Milliarden Euro ab. Damit verlor der Fonds knapp 70 Prozent seines Fondsvermögens und hatte per Ende November nur noch ein Vermögen von 2,25 Milliarden Euro.

Was war passiert? An der Performance hat es nicht gelegen. Auch war kein substanzieller Switch in andere Produkte zu verzeichnen. Auch wenn fast alle voll replizierenden DAX-ETFs Mittelzuflüsse verbuchen konnten - dazu gehörte auch der physisch replizierende db-x-tracker DAX-ETF - überwogen die Abflüsse aus dieser Kategorie per Saldo derart klar, dass man nicht von einer Umschichtung von einer in die andere Replikationsmethode sprechen kann.

Steuerinduzierte Abflüsse zu einem bestimmten Stichdatum sind ebenfalls ausgeschlossen, da der Swap-ETF der Deutschen Bank keine Dividenden ausschüttet und so die typischen Mittelbewegungen vor und nach einem Ertragsausschüttungstermin nicht als Grund für die Anlegerflucht in Frage kommen. Eher Ratlos macht auch das Statement von Simon Klein, Leiter Vertrieb ETF und ETC in Europa und Asien der Deutschen Asset und Wealth Management. „Der Grund für die Abflüsse aus unserem DAX ETF in den vergangenen Wochen waren Anlageentscheidungen einzelner Investoren.“ Wer genau hinter den Abflüssen steckt, lässt Klein nicht durchblicken, spricht allerdings von „Gewinnmitnahmen“, die "der Marktentwicklung mit neuen Hochs im DAX geschuldet“ seien.

Dieser Erklärungsversuch hinterlässt einen schalen Beigeschmack, da kein anderer DAX-ETF auch nur annähernd ähnliche Verluste an Anlegergeldern verkraften musste. Genau wissen tun wir es nicht und können über die wahren Gründe mutmaßen. Man munkelt aber, dass asiatische Sovereign Wealth-Funds Geld in großem Stil abgezogen haben.

Es kann aber auch andere steuerliche Gründe haben. Fast alle physisch replizierenden ETFs auf den DAX sind aus steuerlichen Gründen in Deutschland aufgelegt, da hier keine Quellensteuer auf der Fondsebene anfallen und die Depotbank die Steuern direkt abführt. Bei ausländischen Fonds übernimmt dies die Depotbank nicht. Dies führt bei ausländisch thesaurierenden Fonds zu einem hohen administrativen Aufwand. Ihr Steuerberater hilft Ihnen sicher gerne weiter.

Lyxor ist der Beste

Das behauptet zumindest der französische ETF-Anbieter von sich selbst. Lyxor ist dieses Jahr auf einer Marketing-Reise unterwegs gewesen, um seinen so genannten ETF-Efficiency-Indicator zu bewerben. Diese Kennzahl umfasst die Tracking Difference, den Tracking Error und die Liquidität am Sekundärmarkt (also der Börse) in einer Zahl zusammen. Die Kennzahl soll es dem Investor ermöglichen, auf einen Blick die Performance des ETFs relativ zur Benchmark einschätzen zu können und so verschiedene Produkte miteinander zu vergleichen.

Wenig überraschend ist, dass nach dem Lyxor-Indikator die Produkte von Lyxor in den meisten Kategorien die effizientesten Produkte sind. Auch wenn man sich sicherlich nicht ein schlechtes Produkt schön rechnen kann, haften solchen Indikatoren, die von den Emittenten kreiiert und berechnet werden, immer auch ein Geschmäckle an. Der große Vorteil von Lyxor ist, dass er der einzige Anbieter ist, der einen solchen Indikator berechnet. Auch wir bei Morningstar haben eine Kennzahl zur Effizienz von ETFs berechnet, den so genannten „Estimated Holding Cost”. Er misst die realisierte Performance des ETFs relativ zum Referenzindex nach allen Kosten – sowohl die ausgewiesenen als auch die nicht ausgewiesenen. Dieser Datenpunkt schätzt die zukünftige Rendite des Nettoinventarwerts relative zum Basiswert und isoliert somit Informationen der historischen Rendite. Ob dieser Datenpunkt besser oder schlechter ist überlasse ich dem Leser. Auf jeden Fall ist die Kennzahl unabhängiger und lässt damit das Geschmäckle missen.

Smart-Beta: Das Thema des Jahres

Das Thema Smart-Beta wurde dieses Jahr heiß diskutiert. Produktanbieter lassen Anleger dabei nur allzu gerne durch ihre rosarote Marketing-Brille schauen. Im Oktober war ich zu einer Podiumsdiskussion zum Thema Smart Beta eingeladen und wurde gefragt, wie „smart“ ein Index sein kann. Knapp ausgedrückt: Es gibt keinen „smarten“ Index. Der Begriff „Smart“ suggeriert, dass der Index mehr "weiß" als der Markt. Das ist Unfug. Die Grundlage für die meisten dieser Strategien existiert bereits seit Jahrzehnten. Auch ist Methodologie der Indizes bekannt. Da der Index also auf allgemeinem Marktwissen basiert, kann er per Definition nicht „Smart“ sein. Aber vermutlich lässt sich ein „smarter“ Index bzw. ETF besser verkaufen?

Marketing-Slogans wie Smart Beta führen Privatinvestoren in die Irre, denn sie verleiten zur Annahme, dass anders gestrickte Indizes bessere Renditen abliefern als nach Marktkapitalisierung gewichtete. Wer aufgrund dieser Prämisse investiert, wundert sich am Ende, wenn der Schuss nach hinten losgeht! Ich würde deshalb eher von „alternativen“ Indizes bzw. „Strategieindizes“ sprechen.

In der Smart-Beta-Debatte ist es wichtig zu verstehen, dass jede Strategie Marktphasen hat, in denen sie gut funktioniert und andere, in denen sie weniger gut funktioniert - je nach Machart und Marktphase. Deshalb sollten die meisten Strategien eher als langfristige Portfoliobeimischung eingesetzt werden - wenn überhaupt.

Man sollte in jedem Fall die Rückrechnungen der Index- und ETF-Anbieter kritisch analysieren und hinterfragen, warum ein bestimmter Ansatz in diesem Zeitraum funktioniert hat und, viel wichtiger, ob er auch zukünftig Sinn macht bzw. unter welchen Umständen er eben nicht das halten kann, was er verspricht.

Morningstar war fleißig

Nicht nur ETF-Anbieter waren dieses Jahr mit Übernahmen und Replikationswechseln beschäftigt, auch wir bei Morningstar haben dieses Jahr einige Research-Berichte zu ETFs veröffentlicht, die Anleger wichtige Informationen liefern.

Anfang des Jahres haben wir ETF-Dachfonds unter die Lupe genommen. Wir haben alle in Deutschland zum Vertrieb zugelassenen Dachfonds unter dem Aspekt, in welchem Maße Dachfonds ETFs nutzen, angeschaut. Zurzeit weist unsere Datenbank 98 ETF-dominierte Fonds aus, die von 32 Anbietern stammen. Das Gesamtvolumen beträgt €8,9 Milliarden. In den letzten Jahren ist diese Produktgruppe stark gewachsen. Alleine in den letzten fünf Jahren kamen 64 neue ETFMP mit einem Gesamtvolumen von €8,1 Milliarden (Stand: Ende September 2013) auf den Markt.

In einer weiteren Studie haben wir nachgerechnet, welche ETFs den besten Tracking Error und die beste Tracking Difference aufweisen. Das Ziel der Studie war es, genauer zu analysieren, welche Faktoren den Tracking Error und Tracking-Unterschied maßgeblich beeinflussen. Grundlage waren hierzu 66 ETFs auf acht beliebte Aktienindizes. Die wichtigste Erkenntnis ist, dass die ETF-Anbieter bei den untersuchten ETFs generell einen sehr guten Job gemacht haben, den Tracking Error zu minimieren. Zudem konnten wir zeigen, dass in den meisten Fällen Swap-basierte ETFs einen geringeren Tracking Error als physisch replizierende ETFs aufweisen. Es konnte jedoch kein direkten Zusammenhang zwischen der Replikationsmethode und dem Tracking-Unterschied festgestellt werden.

In einer dritten Studie haben wir dieses Jahr die kosten von Indexfonds mit ETFs miteinander verglichen. Das Ziel der Studie war es eine genauen Kostenvergleich der zwei passiven Konkurrenzprodukte zu erstellen. Bei Aktien und Anleihen sind ETFs generell günstiger als Indexfonds, wenn wir die Anteilsklasse für Privatinvestoren bei Indexfonds heranziehen. Gemessen an der institutionellen Anteilsklasse sind Indexfonds hingegen günstiger. Gleichzeitig ist die Auswahl bei Indexfonds im Vergleich zu ETFs stark limitiert.

Aber auch die Anbieter lagen nicht auf der faulen Haut

Neben den Replikationswechseln hatten die ETF Anbieter dieses Jahr auch ausreichend Zeit, neue Produkte auf den Markt zu bringen. Bis Mitte Dezember wurden in Europa 180 neue Produkte auf den Markt gebracht, die inzwischen ein Gesamtvolumen von €3,7 Milliarden aufweisen. Macht im Schnitt satte €21 Millionen pro Neu-ETF. Interessant ist ein Blick auf die zehn größten Produkte. Zum einen sind es überwiegend neue Indizes, bzw. Smart-Beta-Strategien und keine Me-Too-Produkte, zum anderen befindet sich kein ETF vom Marktführer iShares unter den Top-10. Am stärksten vertreten ist Source mit gleich drei Produkten und einem Gesamtvolumen von €269 Millionen.

Mit Abstand am stärksten gefragt waren ETFs in der Kategorie „Eurozone Large-Cap“ und einen Volumen von €795 Millionen. Auf den Plätzen folgt „EUR Government Bond – Short Term“ mit €427 Millionen und „Europe Large-Cap Blend“ mit €358 Millionen. Unbeliebt waren hingegen ETFs auf Agrarwerte oder Immobilien-ETFs, gemessen am verwalteten Vermögen.

 

Die in diesem Artikel enthaltenen Informationen dienen ausschließlich zu Bildungs- und Informationszwecken. Sie sind weder als Aufforderung noch als Anreiz zum Kauf oder Verkauf eines Wertpapiers oder Finanzinstruments zu verstehen. Die in diesem Artikel enthaltenen Informationen sollten nicht als alleinige Quelle für Anlageentscheidungen verwendet werden.

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Über den Autor

Gordon Rose, CIIA, CAIA,

Gordon Rose, CIIA, CAIA,  war von 2011 bis 2014 Fondsanalyst bei Morningstar.