Am Anfang waren flexible Mischfonds

Wir haben Bilanz über die Auflagepraxis der Fondsanbieter 2014 gezogen. Neben Mischfonds waren in diesem Jahr Rentenfonds im Fokus der Emittenten. Neue Garantie- und Wertsicherungsfonds nach Vermögen vorn.

Ali Masarwah 22.12.2014
Facebook Twitter LinkedIn

Neue Produkte sind das A und O der Fondsindustrie und des Finanzvertriebs. Dieser Leitsatz hat sich auch in diesem Jahr bestätigt. Auch 2014 gab es eine rege Emissionstätigkeit der am deutschsprachigen Markt aktiven Fondshäuser. Wir haben unsere Datenbank Morningstar Direct befragt. Herausgekommen sind 665 neue Fondskonzepte, welche die Vertriebszulassung für Deutschland, Österreich und die Schweiz erhalten haben. Da wir nur Produkte berücksichtigen konnten, die bis zum 4. Dezember aufgelegt wurden, dürfte sich diese Zahl bis Ende 2014 noch etwas erhöhen.

57 Milliarden Euro für 665 neuen Fonds

Das per Mitte Dezember investierte Vermögen in den 2014 aufgelegten Fonds mit Vertriebszulassung in den drei deutschsprachigen Ländern belief sich auf 57,1 Milliarden Euro. Naturgemäß entstammt das Gros dieser Gelder aus Mittelzuflüssen.

Um diese Zahl besser einordnen zu können: Die Summe der Mittelzuflüsse in alle Publikumsfonds in Europa belief sich nach unseren Schätzungen auf knapp 400 Milliarden Euro in den ersten elf Monaten dieses Jahres. Neue Fonds sind also in der Tat das A und O im Finanzvertrieb! (Rechnet man die Gelder hinzu, die in neue Tranchen bestehender Fonds flossen, kommen wir für den deutschsprachigen Raum auf eine Gesamtsumme von 104 Milliarden Euro, die in neu aufgelegte Fonds bzw. Fondstranchen stecken; doch wir wollten den Blick auf neue Konzepte lenken.)

Die zahlreichen Neuauflagen stimmen skeptisch

Wir blicken skeptisch auf diese Entwicklung: Denn was die Produktanbieter und den Vertrieb erfreut, muss nicht zwingend gut sein für den Anleger. Wir haben immer wieder bemängelt, dass der Lebenszyklus von Finanzprodukten eher dem Wesen der Konsumgüterindustrie entspricht. Es fehlt die Langfristigkeit – zwischen Haltedauer eines Fonds und dem idealen Investitionszyklus über mehrere Wirtschaftszyklen klaffen Welten. Leider sind Fonds in der Praxis kein Anlageprodukt, die langfristigen im Kundenportfolio verbleiben (so, wie sie eigentlich ausgelegt sind).

Fonds werden häufig als Trend- oder Modeprodukte verkauft, und ihre Haltedauer ist mit geschätzten maximal 2 Jahren im Schnitt viel zu kurz - vor allem bei Risiko-Assets. Die Gefahr: Moden vergehen, und bei heißen Themen droht häufig der Knalleffekt. (Freilich nicht der, den sich Anleger beim Fondskauf erhoffen!)

Wie dem auch sei: Kommen wir nun zu den Asset-Klassen, die den neuen Fonds zugrunde liegen. Am häufigsten wurden 2014 Aktienfonds aufgelegt. 202 neue Produkte kamen 2014 auf den deutschsprachigen Markt. Angesichts der relativ geringen Nachfrage in den vergangenen Jahren überrascht diese Auflageintensität ein wenig.

Per Mitte Dezember wiesen die neuen Aktienfonds mit Vertriebszulassung in Deutschland, Österreich und der Schweiz ein ordentliches Vermögen von 15,33 Milliarden Euro auf. Allerdings ist das verwaltete Vermögen pro Fonds mit 78,2 Millionen Euro eher überschaubar, wenn man es mit dem Vermögen in anderen Asset-Klassen vergleicht.

Breit streuende Aktienfonds das Gebot der Stunde

Die meisten neuen Aktienfonds entfielen auf die Morningstar Kategorie Aktien Global Standardwerte (Blend); hier wurden 32 Fonds im Laufe des Jahres aufgelegt. Die zweitbeliebteste Aktienfondskategorie war Aktien Europa Standardwerte (Blend), die 21 neue Fonds sah, gefolgt von Fonds für Standardwerte Schweiz (19).

Das meiste Geld der neu aufgelegten Aktienfonds verzeichnete per Mitte Dezember hingegen die Kategorie Aktien Schwellenländer mit einem Gesamtvermögen von 2,2 Milliarden Euro. Es folgen Aktien global Standardwerte (Blend) mit 1,56 Milliarden Euro und Aktien Standardwerte Schweiz mit 1,47 Milliarden Euro.

Nach Fonds betrachtet weist der Aktienfonds TOBAM AntiBenchmark Emerging Markets Equity mit 1,07 Milliarden Euro das höchste Vermögen aller 2014 lancierten Aktienprodukte auf. Es folgt der TOBAM Anti-Benchmark US Equity mit einem Vermögen von 724,8 Millionen Euro und der Acadian Emerging Markets Equity (721,8 Millionen Euro).

Bei Bondfonds stechen die Exoten hervor

Mit Blick auf die Zahl der neu aufgelegten Produkte folgen nach Aktienfonds an zweiter Stelle Rentenfonds. 186 neue Produkte erblickten 2014 das Licht der Welt. Diese Fonds brachten es per Mitte Dezember auf ein Vermögen von 21,59 Milliarden Euro. Das entspricht pro Fonds im Schnitt 120 Millionen Euro - deutlich mehr als das Durchschnittsvermögen der neuen Aktienfonds.

Ungeachtet des sehr niedrigen Zinsniveaus erfreuen sich Bond-Fonds hoher Beliebtheit. Dieser scheinbare Widerspruch löst sich auf, wenn man einen genaueren Blick auf die neuen Bond-Fonds wirft. Mit 24 neuen Produkten standen Laufzeitfonds an erster Stelle. Diese Fonds setzen auf risikoreichere Bonds und bieten feste Ausschüttungen. Die Laufzeiten vieler der in den Portfolios enthaltenen Anleihen sind überwiegend mit der Fondslaufzeit identisch, so dass nach der Auflage die Portfolios eher überwacht als aktiv verwaltet werden. Damit sollen die Kosten minimiert werden – kein unwesentlicher Faktor in der heutigen Niedrigzinswelt!

Es folgen Fonds der Kategorie „Sonstige Renten“ – hier findet sich eine heterogene Gruppe an überwiegend für Euro- und Franken-Anleger währungsgesicherten Fonds. Die Gruppe setzt sich aber auch aus exotischen Produkten zusammen, etwa Fonds für Hypothekenkredite (MBS), Senior Loans, Coco Bonds oder Produkte, die auf Anleihen einzelner Länder wie Russland oder Brasilien setzen, für die es mangels Voraussetzungen keine Morningstar Kategorie gibt. Hier handelt es sich überwiegend um Fonds, die eher nicht in typischen Privatanlegerportfolios landen, sondern um institutionelle Fonds bzw. solche, die im Private Wealth-Segment vertrieben werden, die also bei den sehr vermögenden Privatinvestoren landen.

Auch CHF Bond-Fonds wurden häufig in diesem Jahr emittiert. Diese Produkte dürften nahezu ausschließlich für Schweizer Investoren geeignet sein.

Mit Blick auf das verwaltete Vermögen in den neu aufgelegten Bond-Fonds, so steckte mit 4,48 Milliarden Euro das meiste Geld in „sonstige“ Rentenfonds, gefolgt von 3,0 Milliarden in Laufzeitfonds und 2,83 Milliarden Euro in CHF Rentenfonds.

Der mit Abstand größte neu aufgelegte Bondfonds ist der pan-europäisch vertriebene Generali IS USD Investment Grade Corporate Bond Fund, der ein Vermögen von 1,90 Milliarden Euro auf die Waage bringt.

Bei Mischfonds dominieren die flexiblen Produkte

Mischfonds sind die Asset-Klasse der vergangenen Jahre. In Zeiten steigender Risiken am Rentenmarkt und hoher Volatilität bei Aktien setzen Anleger zunehmend auf Fonds, die in Aktien, Renten (und Cash) investieren. In den vergangenen 12 Monaten (per Ende November) flossen europaweit 131,67 Milliarden Euro in Mischfonds – mehr als in jeder vorherigen 12-Monatsperiode.

Angesichts dieser Nachfrage verwundert nicht, dass Mischfonds auch ein Emissionsschwerpunkt bei den Fondshäusern waren, die auf dem deutschsprachigen Markt aktiv sind. In dem zur Neige gehenden Jahr wurden 133 neue Mischfonds aufgelegt. In diesen Fonds waren per Mitte Dezember 6,9 Milliarden Euro in diesen Fonds angelegt. Das entspricht 52,69 Millionen Euro im Schnitt pro Fonds. Das ist die niedrigste Durchschnittssumme pro neuem Fonds unter allen großen Anlageklassen.

Wie ist dieser Widerspruch aufzulösen? Diese niedrige Summe an verwaltetem Vermögen lenkt den Blick auf einen wichtigen Bestandteil der Neuauflage von Fonds: Längst nicht alle neuen Produkte werden erfolgreich sein. Es bedarf keiner prophetischen Gabe, um vorherzusagen dass unter den neuen Produkten die Outperformer das meiste Anlegergeld auf sich ziehen werden und viele der mäßig erfolgreichen Produkte über kurz oder lang vom Markt verschwinden werden.

Am häufigsten wurden 2014 global anlegende flexible EUR Mischfonds aufgelegt. Hier finden sich 40 neue Fonds – damit avanciert diese Gruppe an Fonds, die völlig frei bei der Gewichtung der Fondsgelder sind, zur stärksten Morningstar Kategorie; in keiner anderen wurden 2014 mehr neue Fonds gesehen. Mit 19 neuen Produkten folgen global anlegende, ausgewogene EUR Mischfonds, gefolgt von global anlegenden, defensiven EUR Mischfonds (12).

Flexible Mischfonds dominierten auch mit Blick auf das verwaltete Vermögen: 2,68 Milliarden Euro waren per Mitte Dezember in den neu aufgelegten flexiblem Produkten investiert – gefolgt von defensiven EUR Mischfonds global ( 1,17 Milliarden Euro).

Der größte unter den neuen Mischfonds ist der UBS (LUX) KSS European Growth und Income, der es per Mitte Dezember auf 968,7 Millionen Euro bringt.

Rege Emissionstätigkeit bei "Hedgefonds light" 

Kommen wir nun zu einer ebenfalls sehr stark nachgefragten Gruppe der alternativen Fonds, die Hedgefonds-ähnliche Strategien verfolgen. Auch diese Fonds konnten in den vergangenen 12 Monaten europaweit Rekordzuflüsse von 43,92 Milliarden Euro verbuchen. 2014 wurden 99 neue alternative Fonds auf den deutschsprachigen Markt gebracht.

In diesen Fonds stecken derzeit 6,62 Milliarden Euro. Das entspricht einem Schnitt von 70,4 Millionen Euro pro Fonds. Hinsichtlich des Vermögens standen die Morningstar Kategorien Long-Short Aktien global und Multistrategiefonds an vorderster Stelle, die ein Volumen von 1,61 Milliarden Euro bzw 1,58 Milliarden Euro per Mitte Dezember verbuchten.

Mit 521,4 Millionen Euro war der Schroder ISF QEP Global Value Plus der Größte der neuen Hedgefonds-ähnlichen Publikumsfonds am Markt in Deutschland, Österreich und der Schweiz.

Kommen wir nun zu den kleineren Asset Klassen: Nur 8 Rohstofffonds wurden 2014 emittiert, was angesichts der Konsolidierung an den Energie- und Edelmetallmärkten kein Wunder ist. (Wir sprachen bereits über das Thema „Trendprodukte“ – Rohstoffe waren 2014 alles andere als sexy!). In diesen Fonds steckten per Mitte Dezember 290,7 Millionen Euro, was einem Schnitt von nur 41,5 Millionen Euro entspricht.

Garantie- und Wertsicherungskonzepte: Kleine Zahl - hohes Volumen

Anders der Fall bei Kapitalschutz- und Garantiefonds. Es wurden 2014 17 dieser Fonds aufgelegt. In diesen Produkten waren 3,7 Milliarden Euro per Mitte Dezember investiert. Das entspricht im Schnitt 246,8 Millionen Euro pro Fonds. Das ist mehr als in allen anderen Asset-Klassen. Zahlenmäßig liegt die deutsche Union Investment mit fünf Produkten an der Spitze. Mit Blick auf das verwaltete Vermögen dominieren indes die beiden Fonds der Deutschen Asset & Wealth Management mit gut 2,1 Milliarden Euro. Dabei bringt es der DWS FlexPension 2029 auf stattliche 1,87 Milliarden Euro.

Streng genommen handelt es sich bei diesem Garantiefonds der DeAWM nicht um ein völlig neuartiges Produkt – der DWS FlexPension 2029 ist Teil einer Garantiefonds-Reihe, von denen jedes Jahr ein neues Produkt lanciert wird und in den die Gelder des Vorgängerfonds „gerollt“ werden. Die FlexPension-Fonds finden sich fast ausschließlich in fondsgebundenen Policen. Das inzwischen große Vermögen illustriert, dass die intensive Bearbeitung des Versicherungsmarkts durch die Deutsche Bank seit gut 10 Jahren inzwischen Früchte trägt – die jährlichen Gebühren dieser Produktreihe belaufen sich schließlich auf 1,15%.

Ein interessantes Feature des deutschsprachigen Markts ist die Dominanz aktiv verwalteter Fonds bei der Neuauflage – vor allem in Österreich und Deutschland. Unter den 665 neuen Fonds am Markt befinden sich nur 20 Indexprodukte, von denen 13 ausschließlich für den Schweizer Markt lanciert wurden. Indexfonds kamen per Mitte Dezember auf ein Vermögen von 1,23 Milliarden. Das entspricht nur einem Bruchteil der 57,1 Milliarden Euro, die in allen 2014 aufgelegten neuen Fonds per Mitte Dezember investiert waren.

Im Schnitt entfielen 61,6 Millionen Euro auf einen Indexfonds, verglichen mit den durchschnittlich 90 Millionen Euro, die in den neuen aktiven Fonds investiert sind.

 

Die in diesem Artikel enthaltenen Informationen dienen ausschließlich zu Bildungs- und Informationszwecken. Sie sind weder als Aufforderung noch als Anreiz zum Kauf oder Verkauf eines Wertpapiers oder Finanzinstruments zu verstehen. Die in diesem Artikel enthaltenen Informationen sollten nicht als alleinige Quelle für Anlageentscheidungen verwendet werden.

Facebook Twitter LinkedIn

Über den Autor

Ali Masarwah

Ali Masarwah  Ali Masarwah war von 2011 bis Frühjahr 2021 als Chefredakteur für die deutschsprachigen Anleger Websites von Morningstar verantwortlich