Vorsicht, Performance-Rankings!

Wir blicken zurück, welche Aktienfonds-Kategorien im vergangenen Jahr die stärkste Performance abgeliefert haben – und was uns diese Fonds-Rennlisten eigentlich sagen sollten.

Ali Masarwah 12.01.2015
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Alle Jahre wieder kommen die Jahre-Performance-Bilanzen, und immer wieder reiben wir uns erstaunt die Augen, was das abgelaufene Jahr nach oben gespült hat. So war es auch 2014. Nur die allerwenigsten europäischen Investoren haben Anfang 2014 auf chinesische, indische oder indonesische Aktienfonds gesetzt. Im Gegenteil: 2013 und auch über weite Strecken des Jahres 2014 wurden Indien- und China-Fonds stark verkauft - die Erinnerungen an die enttäuschende Performance der Jahre 2012 und 2013 dürfte seinerzeit omnipräsent im Bewusstsein der Anleger gewesen sein! Schwellenländer-Investments galten angesichts der zurückgekehrten Volatilität und schwacher Wachstumsraten nachgerade als verbrannte Erde! (Wir haben bereits mehrfach darauf hingewiesen, dass Wirtschaftswachstum und Aktienmarkt-Performance auch längerfristig nicht korreliert sein müssen.)

Zwölf Monate später dürften sich einige Investoren über die Doomsday-Prophezeiungen vieler Experten geärgert haben. Gerade chinesische, indische und indonesische Aktien waren die Top-Performer des Jahres 2014. Wie unsere Performance-Übersicht der Morningstar Aktienkategorien zeigt, erzielten Investmentfonds der Morningstar Kategorie Aktien Indien die beste Performance aller 131 Morningstar Aktienkategorien im abgelaufenen Jahr. Indienfonds legten in 12 Monaten um knapp 57% Prozent zu. Platz zwei der Performance-Rangliste 2014 belegten Fonds der Kategorie China A-Aktien, die im Schnitt 51,8% gewannen. Beide Fondsgruppen hatten im ansonsten sehr guten Aktienjahr 2013 Anleger kräftige Verluste beschert. Die Fondskategorien Aktien Indonesien und Aktien Türkei zählten im Jahr 2013 sogar zu den schlechtesten Fondskategorien am europäischen Markt – und schossen 2014 mit einem Plus von jeweils rund 40% die Lichter aus.

Kommen wir zu den Verlierern des Jahres 2014: Russland-Fonds mussten ein Minus von gut 38% hinnehmen und waren damit die schlechteste Morningstar Aktienfonds-Kategorie, gefolgt von Griechenland- (-25%), Osteuropa- (-18,3%) und Portugal-Aktienfonds (-13,6%). Auch diese Verluste dürften viele Anleger zu Beginn des vergangenen Jahres so nicht erwartet haben: Dass sich Russland sich im Frühjahr 2014 mit der Krim-Annexion anschicken würde, weite Teile Osteuropas zu destabilisieren, konnte kein Anleger wissen. Und dass die Griechen mit politischen Kräften liebäugeln würden, deren möglich erscheinender Wahlsieg 2015 eine Wiederauflage der griechischen Tragödie bewirken könnte, hatte auch kaum ein Anleger auf dem Radar. Portugal wiederum galt (und gilt) als vorbildlich bei der Sanierung der Staatsfinanzen; dass die marode Banken dem Reformland im Westen Europas zusetzen würden, war so auch nicht zu erwarten.

Tabelle: Tops und Flopps des Jahres 2014

Kleinanleger, was nun, Kleinanleger, was tun? Sollte er die vielen Performance-Tabellen, die doch nichts als die Vergangenheit darstellen, als Handlungsanweisung für die Zukunft verstehen? Die Entwicklung der ersten Börsentage des neuen Jahres könnte einige dazu verleiten, die Zurückhaltung aufzugeben. Fonds mit Ausrichtung auf A-Aktien legten bis Ende vergangener Woche im neuen Jahr um 4,4% zu – doppelt so viel wie der DAX im vergangenen Jahr. Auch Türkei- und Indien-Aktienfonds knüpften dort an, wo sie 2014 aufgehört hatten.

Wir würden Anleger nicht raten, nur auf der Grundlage vergangener Performance-Daten in einen Markt für Risiko-Assets einzusteigen. Wer den Renditen der Vergangenheit hinterherrennt, läuft Gefahr, in einen erhitzten Markt einzusteigen. Die beste Lösung wäre deshalb, diese Pseudo-Bilanzen ganz zu ignorieren. Doch weil diese Empfehlung vermutlich ein frommer Wunsch ist, wollen wir Investoren den Blick auf einige triviale, aber dennoch im Zusammenhang mit Performance-Ranglisten nur selten verwendeten Risikokennzahlen nahelegen. Auch wenn auch hier Vergangenheits-Daten im Spiel sind, bringen Risikodaten Anlegern ein wenig mehr die Natur der den Performance-Zahlen zugrunde liegenden Asset Klassen nahe.

Auch wenn die Volatilität, welche die Schwankungsintensität eines Assets – hier der Fondspreis – in einem gewissen Zeitraum misst keine optimale Risikokennzahl ist (jeder liebt die Schwankungen nach oben!), kann sie das Argument, das wir vorbringen möchten, ganz gut illustrieren. Wir haben uns für die annualisierte Volatilität der vergangenen fünf Jahre entschieden. Wie die untere Tabelle zeigt, zählen die Aktienfonds-Kategorien mit der höchsten Volatilität der Vergangenheit regelmäßig sowohl zu den schlechtesten als auch zu den besten Aktienkategorien. Griechenland-, Türkei-, Edelmetall- Russland- und Indonesien-Fonds schwankten in der Vergangenheit am heftigsten – zwischen 25 und gut 30% pro Jahr. Diese Fonds fanden sich regelmäßig in den Top- und Flopp-Rankings wider.

Tabelle: Die volatilsten Aktienfondskategorien der vergangenen 5 Jahre

Ein ganz ähnliches Bild zeigt sich, wenn man die Kategorien nach dem höchsten maximalen Verlust in einer Periode sortiert. Auch hier „glänzen“ Griechenlandfonds, Edelmetallfonds und Russlandfonds mit einem maximalen Verlust von über 50% innerhalb der vergangenen fünf Jahre.

Ruft man sich nun die These in Erinnerung ruft, für die bekanntermaßen sehr viel spricht, nämlich dass die künftigen Renditen eines Assets nicht prognostizierbar sind, sollten Anleger als Konsequenz die Top-Performer eines Jahres als das interpretieren, was sie sind: potenzieller Sprengstoff! Auch wer gerne einen Rendite-Turbo im Portfolio hätte, sollte volatile Investments allenfalls in homöopathischen Dosen beimischen – und sich vergegenwärtigen, dass Rendite-Turbo und Performance-Rohrkrepierer die beiden Seiten derselben Medaille sind.

Für die allermeisten Privatinvestoren sind Performance-Rennlisten insofern am ehesten als Warnhinweis zu verstehen. Aus unserer Tabelle lassen sich einige Begründungen ableiten, warum man Performance-Highflyer entweder vermeiden oder allenfalls als Mini-Beimischung verwenden sollte:

  1. Volatile Asset-Klassen sind im Ergebnis nur selten diversifiziert. Das kann zum einen an der geringen Zahl der investierbaren Aktien einer Kategorie liegen. Wer beispielsweise mit einem Griechenland-Fonds oder –ETF liebäugelt, kommt allenfalls auf eine Handvoll Aktien und könnte sich die einzelnen Aktien auch direkt ins Depot legen und sich die Verwaltungsgebühren sparen. Zum anderen können breiter aufgestellte Fonds im Ergebnis konzentriert sein, wenn sie nicht die idiosynkratischen Risiken minimieren. Paradebeispiele hierfür ist die lange Schwächephase von Biotechfonds, die unter der restriktiven Zulassungspraxis der US Behörde FDA bei Medikamenten litten oder New-Energy-Fonds, die unter dem Siegeszug chinesischer Solarfirmen litten.
  2. Länder- und Branchenfonds sollten auch dann als Beimischungen fungieren, wenn das zugrunde liegende Land bzw. die Branche Sicherheit suggeriert. Dazu zählt Fonds für deutsche und schweizerische Standardwerte, die sich weitgehend auf den DAX und SMI konzentrieren sowie etliche Dividendenfonds: Die Zahl der Titel ist oft begrenzt, und es dominieren bestimmte Branchen bzw. Einzeltitel. Wer nun einwenden mag, dass ein SMI-Fonds ein besseres Investment als ein DAX-Fonds oder umgekehrt, sollte sich ins Gedächtnis rufen, dass es nicht immer von Vorteil ist, auf defensive Branche konzentriert zu sein bzw. nicht in Ölkonzerne zu investieren – das hat mit der (Nicht-)Vorhersagbarkeit künftiger Renditen zu tun, Sie erinnern sich.
  3. Schwellenländeraktien sind weder Teufelszeug noch Heilsbringer, sondern schlicht und ergreifend hochriskante Investments. Wer sich dies vor Augen führt, kommt zum logischen Schluss, dass es sich um Beimischungen handelt. Und als solche sollten sie auch im Portfoliokontext Anwendung finden. Chinesische A-Aktien zählen ebenso dazu wie Ostasien-Investments wie Thailand, Indonesien oder Singapur. Das gilt übrigens auch für Regionen- und Themenfonds, die häufig nur eine Scheindiversifikation bieten. Dass Investieren per Akronym oft keine gute Idee ist, haben in den vergangenen Jahren BRIC-Fonds gezeigt, die lange Zeit als „sicherer“ Zugang zu Schwellenländern verkauft wurden – und doch nur die erheblichen Konzentrationsrisiken verschleiert haben.
  4. Breit streuende Aktieninvestments sind für die allermeisten Investoren die beste Lösung. Das gilt mit Blick auf die Regionen, Branchen und Einzeltitel. Man erkennt sie dadurch, dass sie deutlich geringeren Schwankungen unterliegen als konzentrierte Fondstypen. Auf den Punkt gebracht: Der MSCI Europe ist ein besseres Anlageuniversum als der DAX, der MSCI Welt ein besseres als der MSCI Europe, und der MSCI All Country World Index, der auch Schwellenländer enthält, schlägt wiederum den MSCI Welt, der nur Industrieländer enthält.
  5. Wer nun besonders schlau sein möchte und Performance-Rennlisten als antizyklisches Kaufsignal verstehen will, sollte sich zunächst vergewissern, dass er die Story hinter den Minuszeichen versteht. Steht ein Unternehmen bzw. ein Land vor der Pleite, kann auf den hohen Verlust ein noch höherer folgen. Wer antizyklisch investiert, geht im Grunde vor wie ein Distressed-Value-Fondsmanager, der darauf wettet, dass es doch noch gut geht. Hand aufs Herz: Haben Sie dafür den Durchblick? Die Konsequenz: Wer auf eine stark verkaufte Asset-Klasse eines Jahres setzt, sollte das nur dann tun, wenn er in der Lage ist, einen noch höheren Verlust zu verkraften. Wer beispielsweise Anfang 2013 auf den Verlierer des Jahres 2012 setzte in der Erwartung, eine Comeback-Story abzugreifen, verlor per Ende 2013 im Schnitt gut 50% - Goldminenfonds zeigen erst in diesen Jahr substanzielle Erholungstendenzen. Brasilienfonds wiederum harren seit Anfang 2011 der Erholung, wie auch die vormals so beliebten BRIC-Fonds.

Die in diesem Artikel enthaltenen Informationen dienen ausschließlich zu Bildungs- und Informationszwecken. Sie sind weder als Aufforderung noch als Anreiz zum Kauf oder Verkauf eines Wertpapiers oder Finanzinstruments zu verstehen. Die in diesem Artikel enthaltenen Informationen sollten nicht als alleinige Quelle für Anlageentscheidungen verwendet werden.

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Über den Autor

Ali Masarwah

Ali Masarwah  Ali Masarwah war von 2011 bis Frühjahr 2021 als Chefredakteur für die deutschsprachigen Anleger Websites von Morningstar verantwortlich