Bei breit streuenden Rohstoffkörben ist Optimierung angesagt

Zum Abschluss unserer Serie zu Rohstoff-Investments blicken wir auf breit streuende Rohstoffkörbe. Strategic Beta ETFs sollen gegen Rollverluste helfen. Unser Bericht über Märkte, ETFs und ihre Kosten.

Ali Masarwah 23.01.2015
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Wir haben in den vergangenen Wochen zwei wichtige Rohstoffmärkte bzw. die auf denen fußenden Indexprodukte analysiert. Zunächst haben wir Öl-ETCs unter die Lupe genommen, danach haben wir einen näheren Blick auf Gold-ETFs und –ETCs geworfen. Zum Abschluss unserer Rohstoff-Serie nehmen wir uns die am Markt vorhandenen breit diversifizierenden Rohstoff-Körbe vor. Der Idee nach eignen sich diese Produkte für viele Investoren. Da historisch gesehen Edelmetalle, Agrargüter und Lebensmittel sowie Energie und Industrierohstoffe niedrig miteinander korrelieren und zugleich hochvolatil sind, sollten sie sich in einem Portfolio bzw. Rohstoffkorb hervorragend ergänzen. Zudem werden etliche Rohstoffe als gute Absicherungs-Instrumente im Portfolio-Kontext verwendet: Gold gilt als hervorragender Crash-Hedge (nicht wie oft vermutet wird als Absicherung gegen die Inflation), und Agrargüter korrelieren nicht mit Aktien und Anleihen.

In der Praxis ist es jedoch oft anders als es die Theorie und die historischen Zeitreihen erhoffen lassen: Die Korrelation der wichtigen Rohstoffe untereinander hat in den vergangenen Jahren zugenommen, ebenso wie die Korrelation zu anderen Asset-Klassen, und die Roll-Problematik hat in den vergangenen Jahren Rohstoff-Anlegern die Performance verhagelt. (Anleger, die von der Vorstellung geleitet werden, dass sie auf den Spot-Preis setzen, wenn sie sich ein Rohstoff-Investment in das Portfolio legen, sollten hier, hier, und hier weiterlesen.)

Seit 2013 müssen Rohstoffinvestoren besonders leidensfähig sein

Last but not least haben die Märkte Investoren durch ihre Direktionalität zu schaffen gemacht: Die Preise der wichtigen Edelmetalle (Gold, Silber) und Energierohstoffe (Öl, Gas) tendieren seit 2013 südwärts. Die allfälligen Verluste in Rohstoffportfolios haben Investoren abgeschreckt. 2013 und 2014 flohen Anleger in Europa regelrecht aus Rohstoffprodukten. Doch gerade das könnte ein guter Grund sein, auf breit aufgestellte Rohstoffkörbe einen zweiten Blick zu wagen. Allerdings sollten Investoren die Konstruktionsprobleme herkömmlicher Indizes beachten, auf die mein Kollege Sam Lee hingewiesen hat (lesen Sie hier weiter).

Wir konzentrieren uns in unserer heutigen Rubrik über Indizes, ETFs und ihre Kosten auf optimierte Rohstoff-Körbe, die mehrheitlich darauf abzielen, die Rollproblematik zu minimieren. Allerdings kommen verstärkt Produkte auf den Markt, die Erkenntnisse aus der Wissenschaft aufgreifen – sei es der Versuch, die Diversifizierungsrendite durch Rebalancing zu optimieren, oder den Momentum-Effekt auszunutzen. Allen Produkten, die wir heute betrachten, ist gemein, dass es sich um Strategic Beta ETFs handelt. Vermutlich ist der Rohstoffbereich eines der nützlichsten Betätigungsfelder für die ETF-Industrie, wenn es darum geht, die Konstruktionsfehler althergebrachter Indizes zu adressieren (wir sind nicht der Meinung, dass das Prinzip der Marktkapitalisierung bei Aktien ein Anachronismus ist).

Die sieben Produkte umfassende Liste weiter unten ist nach Größe des ETFs sortiert. Mit einem Vermögen von gut 500 Millionen EUR/CHF dominiert der db x-trackers DBLCI OY Balanced UCITS ETF der Deutschen Bank. Er spiegelt die Preisentwicklung von 14 unterschiedlichen Rohstoffen aus den Sektoren Landwirtschaft (33,5%), Energie (28,5%), Edelmetalle (19%) und Industriemetalle (18,8%) wider. Er bringt die Gewichtung einmal pro Jahr im November auf seine Ausgangsgewichtung zurück. Das „OY“ im Namen steht für Optimum Yield und soll die Strategie des Fonds zum Ausdruck bringen, dass der ETF nicht „blind“ in den nächsten Kontrakt „rollt“, sondern aus den nächsten 12 Kontrakten den „optimalen“ Kontrakt auswählt. „Optimal“ kann heißen, dass Roll-Verluste minimiert bzw. die Roll-Gewinne maximiert werden.

Tabelle: Eine Auswahl an optimierten Rohstoff-ETFs am Markt

Der zweitgrößte ETF unserer Auswahl ist der ComStage Commerzbank Commodity ex-Agriculture EWTR ETF. Wie es der Name aussagt, investiert dieses Produkt nicht in Agrargüter. Anleger sollten allerdings beachten, dass dies erst seit Juli 2012 nicht mehr der Fall ist, als die Commerzbank-Tochter im Zuge der Diskussion um die ethische Dimension von Agrar-Investments die Reißleine zog und Agrargüter aus dem Investmentuniversum ausschloss. Insofern verfügt dieses Produkt de facto nur über eine relevante Performance-Historie von 2,5 Jahren, auch wenn der ETF bereits 2009 aufgelegt wurde.

Im Gegensatz zum ETF der Deutschen Bank setzt dieser optimierte ETF nicht an der Roll-Problematik an. Er setzt auf die Gleichgewichtung auf der Ebene der Rohstoffe. Alle 12 in dem Korb enthaltenen Rohstoffe werden zweimal pro Jahr auf die Ausgangsgewichtung von 8,33% gebracht. Er bringt das Portfolio also im Vergleich zu herkömmlichen Indizes überdurchschnittlich häufig auf seine Ausgangsgewichtung zurück, was einen antizyklischen Effekt bewirkt.

Meta-Index von Legal&General 

Mit einem Vermögen von gut 187 Millionen EUR/CHF ist der Source LGIM Commodity Composite ETF der drittgrößte Rohstoffkorb am europäischen ETF-Markt. Er stellt in gewisser Hinsicht ein Kuriosum dar, da er nicht in Rohstoff-Futures investiert, sondern die Wertentwicklung des LGIM Commodity Composite Index abbildet, der ausschließlich aus anderen Indizes besteht. Es handelt sich gewissermaßen um einen Meta-Index. Der Initiator des Index, Legal & General Investment Management, verfolgt das Ziel, auch Rohstoff-Indizes der zweiten Generation in sich zu vereinen, die nicht die Probleme klassischer Commodity Indizes aufweisen.

Interessant ist, dass der Source-ETF derzeit auch den bereits oben erwähnten Index DBLC OY, der die Grundlage des Deutsche-Bank-ETFs darstellt, abbildet. Darüber hinaus setzt er auf den Barclays Commodity Index Pure Beta, Citi CUBES Index Total Return, MPMCCI Ex-Front Month Energy Light Index und in den UBS Bloomberg Constant Maturity Commodity Index. Allen gemein ist, dass sie andere Gewichtungslogiken aufweisen als klassische Indizes wie der S&P GSCI oder der DJ UBS. Die Zusammensetzung des ETFs wechselt allerdings, und in der Vergangenheit waren durchaus auch Indizes wie der GSCI enthalten. Derzeit machen Agrargüter mit knapp 30% das Top-Gewicht aus, gefolgt von Energie (28%), Industriemetallen (21,5%), Edelmetallen (16,6%) und Lebendvieh (4,3%).

Mit dem db x-trackers db Commodity Booster Bloomberg UCITS ETF findet sich das zweite Produkt der Deutschen Bank in unserer Auswahl wider. Der Namenszusatz „Booster“ verwirrt etwas, da die Indexzusammensetzung ebenfalls der „Optimum Yield“-Methode folgt. Auch hier steht die Optimierung der Roll-Renditen im Vordergrund. Ausgenommen hiervon sind allerdings Futures auf Lebendvieh und Sojaöl, die statisch in den nächstfälligen Kontrakt rollen. Wie der Name allerdings treffend widergibt, liegt diesem ETF die Gewichtung des Bloomberg Commodity Index zugrunde. Im Gegensatz zum DBLC OY Balanced ETF finden sich hier zu rund 10% Futures auf Lebendvieh wieder; Edelmetalle, Energie und Agrargüter sind im Gegenzug weniger hoch gewichtet.

Rohstoff-Korb mit minimierter Volatilität von Ossiam

Der Ossiam Risk Weighted Enhanced Commodity ex Grains TR UCITS investiert in Sub-Indizes des S&P GSCI Index, schließt allerdings die Getreide-Futures aus und gewichtet sie so nach ihrer Volatilität, dass die Bestandteile des Index eine identische Volatilität im Portfolio aufweisen. Das hat in der Vergangenheit dazu geführt, dass etwa Lebendvieh-Futures wegen ihrer seinerzeit relativ niedrigen Schwankungsintensität fast doppelt so hoch wie Zink, Aluminium, Baumwolle oder Zucker gewichtet waren. Die Volatilitäts-Gleichgewichtung wird monatlich wieder hergestellt. Mit einem Vermögen von nur 35 Millionen EUR/CHF fällt dieser ETF allerdings deutlich gegenüber den größeren Produkten ab.

Das gilt erst recht für die beiden letzten Produkte unserer Auswahl, die beide von Lyxor ETF stammen. Der Lyxor ETF Broad Commodities Optimix TR bringt nur zehn Millionen EUR/Franken auf die Waage, der Lyxor ETF Broad Commodities Momentum TR sogar nur auf die Hälfte. Während der Lyxor Broad Commodities Optimix vier verschiedene Rolloptimierungsstrategien verfolgt, um die Roll-Rendite zu optimieren, zielt der Lyxor Broad Commodities Momentum darauf ab, die Futures von 24 Rohstoffen entsprechend ihrer Laufzeit-Kurve auf eine möglichst hohe Performance zu optimieren. Das Portfolio wird einmal monatlich entsprechend der Entwicklung der Kurven-Signale neu zusammengesetzt.

Wie unsere Tabelle oben zeigt, konnte das Ossiam-Produkt die beste Performance in den vergangenen 12 Monaten erzielen. Die Volatilitäts-gewichtete Vorgehensweise zeigte also Vorteile, allerdings ist die Historie dieses ETFs noch viel zu gering, um mehr als diese Momentaufnahme auszusagen. Die beiden Produkte der Deutschen Bank fallen für Euro- und Schweizer Anleger aus dem Rahmen, da sie währungsgesichert sind und entsprechend nicht von der Aufwertung der Rohstoff-Währung US-Dollar profitierten (die nicht-gesicherten Tranchen der Produkte konnten die Verluste aufgrund von Währungsgewinnen deutlich besser begrenzen).

Deutsche Bank bei den Kosten weit über dem Durchschnitt 

Ein Blick auf die aussagekräftigere Dreijahreshistorie zeigt ein sehr unschönes Bild – alle Produkte haben Anleger herbe Verluste beschert. Am deutlichsten konnten der ComStage ETF die Verluste begrenzen, wobei auch hier die Währungsentwicklung für das Dollar-Investment gearbeitet hat.

Die Spalte „maximaler Verlust“ deutet an, dass es sich bei Rohstoffen um ein hochvolatiles Investment handelt, egal, Währungssicherung hin oder her.

Unsere Tabelle zeigt, dass für Anleger im Nicht-Dollar-Raum die Währungsfrage neben der Entscheidung für oder gegen Rohstoffinvestments zur Kardinalsfrage avanciert. Euro-Investoren profitieren derzeit von der Abwertung der Gemeinschaftswährung, während Anleger in der Schweiz unter der Aufwertung des Franken leiden. Doch beide Zustände sind keinesfalls ewig während, die Hedging-Frage ist also mithin unverändert akut.

Doch neben der Frage, wie breit der Rohstoffkorb streuen soll und welche Optimierungsstrategie die sinnvollste für den jeweiligen Anleger ist, sollten bei Indexprodukten auch die Kosten eine wichtige Rolle bei der Entscheidung für oder wider ein Produkt spielen. Unsere Auswahl zeigt, dass die Produkte der Deutschen Bank die höchsten laufenden Kosten aufweisen. Der db x-trackers db Commodity Booster Bloomberg ist mit 95 Basispunkten am teuersten, gefolgt vom db x-trackers DBLCI OY Balanced, für den Anleger jährlich 55 Basispunkte berappen müssen. Der mit Abstand günstigste ETF ist das ComStage-Produkt, das nur 30 Basispunkte jährlich kostet. Auch die Produkte von Lyxor weisen relativ günstige laufende Kosten aus.

Allerdings sind diese sichtbaren Kosten nicht alles. Neben den Handelsgebühren, auf die wir gleich zu sprechen kommen werden, fallen auch für die Konstruktion der Indizes happige Gebühren an. Da die meisten ETF-Anbieter selbst konstruierte Benchmarks als Underlying für die ETFs verwenden sind die Indexgebühren von bis zu 80 Basispunkten pro Jahr hoch.

Zur Illustration der Bedeutung der Handelsgebühren haben wir den günstigsten durchschnittlichen Spread der letzten 30 Handelstage berechnet. Dabei haben wir den günstigsten Handelsplatz aufgeführt. Auffällig ist, dass in Deutschland Xetra und Deutsche Börse sehr günstige Konditionen bieten; für Schweizer Investoren bietet sich freilich bei währungsgesicherten Produkten der lokale Marktplatz SIX an. An den vergangenen 30 Handelstagen war das Produkt von Source mit Abstand am teuersten. Auch währungsgesicherte ETFs sind im Handel tendenziell auf der teuren Seite.

 

Die in diesem Artikel enthaltenen Informationen dienen ausschließlich zu Bildungs- und Informationszwecken. Sie sind weder als Aufforderung noch als Anreiz zum Kauf oder Verkauf eines Wertpapiers oder Finanzinstruments zu verstehen. Die in diesem Artikel enthaltenen Informationen sollten nicht als alleinige Quelle für Anlageentscheidungen verwendet werden.

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Über den Autor

Ali Masarwah

Ali Masarwah  Ali Masarwah war von 2011 bis Frühjahr 2021 als Chefredakteur für die deutschsprachigen Anleger Websites von Morningstar verantwortlich