Morningstar Marktbarometer: Der April war Balsam für Value-Investoren

Im April haben Value-Aktien in Europa eine kleine Aufholjagd geliefert und in allen Segmenten Wachstumswerte hinter sich gelassen. Die Bewertungen erscheinen über alle Segmente unserer Style-Box fair, auf Sektorebene gibt es jedoch deutliche Unterschiede.

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Value-Aktien haben ihre freundliche Tendenz der vergangenen Wochen im April verstetigt. Über das gesamte Anlagespektrum gelang es ihnen, ihre Growth-Pendants hinter sich zu lassen. Wie unser monatlich ermitteltes Morningstar Marktbarometer zeigt, vergrößerte sich bei beiden Stilen entsprechend auch der Performance-Abstand bei Mid und Small Caps.

Hatten sich im März Growth-Standardwerte noch um 0,3% Prozentpunkte besser als Value-Aktien entwickelt, so zogen im April letztere um rund 5 Punkte an Wachstumswerten vorbei. Im markkapitalisierungsgewichteten Durchschnitt legten, Value-Standardwerte vergangenen Monat somit um 4,5% zu, ihre Growth-Pendants beendeten den Monat hingegen mit einem Minus von durchschnittlich 0,6%. Mit den stärksten Einfluss hatten hier das französische Kommunikationsunternehmen Atlice (-15,4%), das spanische Textilkonsortium Inditex (-4,1%) sowie SAP (-3,9%).

Für den jüngsten Aufschwung im Value-Segment sind primär zwei Sektoren verantwortlich, die sich in der Vergangenheit alles andere als mit Ruhm bekleckert hatten: Finanzwerte und Energietitel. Unter den Banken liefen im April gerade die Banco Santander sowie HSBC Holdings sehr gut, die um 15% beziehungsweise 6% zulegten. Bei den Energieaktien fallen die Wertentwicklungen der Royal Dutch Shell (+7%) und der französischen Total (+10%) positiv auf. Telekommunikationstitel bremsten den Aufschwung jedoch etwas ab.

Auch bei Nebenwerten wuchs der Abstand zwischen Value und Growth im April: während im März Value Small Cap-Aktien nur rund 2 Prozentpunkte besser liefen als Wachstumswerte, überflügelten sie vergangenen Monat sogar um knapp 5 Punkte. Im gewichteten Durchschnitt lag das Plus bei Small Cap Growth-Aktien bei 1,2% im April, entsprechende Value-Titel legten um 6,1% zu. Bei Mid Caps hat sich der Performance-Abstand zwischen beiden Investmentstilen ebenfalls vergrößert. Dieser jüngste Value-Vorsprung zeigt der Grafik oben links.

Grafik: Performance nach Investmentuniversen

 Marktbarometrer April

Wie ein Blick auf die übrigen drei der vier oberen Grafiken zeigt, wurde die langährige Value-Schwäche im April bestenfalls ein klein wenig relativiert. Auch der im August 2015 einsetzende Aktien-Kursrutsch, der sich im Januar und Februar dieses Jahres sogar noch beschleunigte wurde keinesfalls aus den Kursen rausgerollt.  Im laufenden Jahr und auch auf Sicht der vergangenen 12 Monate liegen Standardwerte Value am stärksten im Minus. Anleger, die in europäischen Small Cap Growth und erst recht solche, die in Mid Cap Growth Aktien investiert sind, blicken sogar auf satte Gewinne seit Mai 2015 zurück, während Value-Anleger durch die Bank zweistellige Verluste zu beklagen hatten. Auch hier sind mit Finanzwerten und Energieaktien die Kapitalvernichter schnell ausgemacht.

Aktien im Durchschnitt bei fairem Wert angekommen

Blicken wir nun auf die Bewertungsseite der Medaille. Gemäß des von uns berechneten Kurs-/Fair Value-Verhältnis (K/FVV) der Aktien in Europa bewegen sich Value-Aktien leicht unterhalb ihrer fairen Bewertung. Alle anderen Segmente unserer Aktien-Style Box sind mit einem K/FVV von 1,0 oder knapp darüber fair bewertet. Am teuersten sind Small Cap Value Aktien mit einem K/FVV von 1,05.

Mit die niedrigsten Bewertungen sehen wir bei Autowerten und Finanztiteln: FiatChrysler, Commerzbank und Barclays Bank (K/FVV 0,47-0,57). In der Gesamtbetrachtung fehlt im Bereich Large Cap Value  allerdings wie erwähnt nicht viel bis zum fairen Wert von 1, bei dem die Bewertung an der Börse dem von unseren Aktienanalysten fairen Unternehmenswert auf Basis des Discounted Cashflow Verfahrens entsprechen. Dank der Aufholjagd von zuvor sehr günstiger Value-Aktien (im März lag das K/FVV noch bei 0,9) ist damit auch die relative Unterbewertung gegenüber Wachstumswerten deutlich geschmolzen, deren K/FVV von 1,03 im Vergleich zum März unverändert ist.

Grafik: Kurs zu Fair Value-Verhältnis nach Investmentuniversen

Kurs Fair Value April

Auf Sektorebene sahen wir im April eine breite Spanne unterschiedlicher Renditen zwischen –minus 5,1% bei Telekoms bis plus 8,9% im Energiesektor. Auch Rohstoffaktien lagen mit 7,8% deutlich im Plus. Beide Sektoren sind mit einem K/FVV von 1,38 beziehungsweise 1,27 zugleich unter den europäischen Branchen am höchsten bewertet. Aus den entsprechenden Sektoren die besten Performances zeigten im April die Rohstofftitel BHP Billiton (20,9%), Rio Tinto (19,3%) und AngloAmerican (40,2%) sowie die Energieaktien RoyalDutch Shell (7,2%), Total (9,7%) und BP (8,2%), die wir ebenfalls dem Large Cap Value-Segment zuordnen.

Am stärksten enttäuscht haben hingegen Telekoms und Technologieaktien, wobei letztere mit einem K/FVV von 1,02 im Durchschnitt leicht über ihrer fairen Bewertung notieren. Telekommunikationsaktien  liegen mit einem P/FVV von 0,94 recht deutlich unter ihrem fairen Wert. Am stärksten nachgegeben haben hier der französische Kabelnetzbetreiber Numericable-SFR SA (-23,6%), sowie die Internet- und Mobilfunkanbieter Iliad SA (-15,6%) und Altice (-15,4%).

Grafik: Wertentwicklung und P/FVV nach Sektoren

 Fair Value nach Sektoren April

In der Gesamtansicht die günstigste Bewertung sehen wir nach wie vor bei Finanzwerten  mit einem durchschnittlichen K/FVV von 0,77, sowie bei zyklischen Konsumwerten (P/FVV: 0,82) unter denen sich zu einem Großteil Autohersteller, aber auch Medienunternehmen und Textilunternehmen befinden.

Die in diesem Artikel enthaltenen Informationen dienen ausschließlich zu Bildungs- und Informationszwecken. Sie sind weder als Aufforderung noch als Anreiz zum Kauf oder Verkauf eines Wertpapiers oder Finanzinstruments zu verstehen. Die in diesem Artikel enthaltenen Informationen sollten nicht als alleinige Quelle für Anlageentscheidungen verwendet werden.

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Über den Autor

Michael Haker und Fernando Luque  Michael Haker ist Research Editor bei Morningstar in Frankfurt, Fernando Luque ist Senior Financial Editor bei Morningstar in Spanien.