US-Großbanken: Gut aufgestellt, aber keine Schnäppchen mehr

Fundamentale Einschätzungen zu Bank of America, Citigroup, JPMorgan und Wells Fargo.

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Wir betrachten die Pläne von US-Präsident Donald Trump, die im Zuge des 2010 erlassenen Dodd-Frank Wall Street Reform and Consumer Protection Act Regeln zu überprüfen, als Startschuss für eine Rücknahme der regulatorischen Einschränkungen, die US-Banken nach der Finanzkrise auferlegt wurden. Regulatorische Reformen werden sich unter dem Strich positiv auf die Profitabilität von Banken auswirken. Nachfolgend eine Übersicht zu unseren Einschätzungen zu US-Großbanken, von denen einige nach dem Run der letzten Monate an der Börse über ihrem fairen Wert notieren. 

Bank of America

Die Vorteile der Bank of America – vom umfangreichen Einlagen- und Verbraucherkreditgeschäft bis hin zu der Vielzahl an Brokern und Vermögensverwaltern von Merrill Lynch – sind beeindruckend. Es wird zudem zunehmend klar, dass die Bank den Großteil ihrer Probleme inzwischen hinter sich gelassen hat. Wir halten das Unternehmen für weniger komplex als viele seiner Wettbewerber und gehen davon aus, dass es seine Stärken optimal einsetzen kann, wenn sich die Lage der amerikanischen Verbraucher weiter verbessert. 

Wir rechnen zwar auch damit, dass sich der technologiebedingte Druck auf die Realzinsen fortsetzen wird. Allerdings gehen wir davon aus, dass die kurzfristigen Zinsen in den USA bis 2020 wieder auf über 2% ansteigen werden, vor allem aufgrund zunehmender Kreditaufnahmen durch US-amerikanische Verbraucher und Unternehmen, des Rückgangs der Ersparnisse in den Schwellenländern und der Normalisierung der Geldpolitik. Dies dürfte den Nettozinsertrag um mehrere Milliarden Dollar pro Jahr steigern. Besonders hervorzuheben ist die Stärke des Cross-Selling-Geschäfts bei der Bank of America.

Inzwischen werden die Stärken der Bank wieder stärker gewürdigt, wie der jüngste Kursanstieg der vergangenen Monate zeigt. wird unserer Ansicht nach nicht angemessen gewürdigt. Am Freitagabend, 31. März, notierte die Aktie an der NYSE bei 23,59 US-Dollar und somit über dem von uns ermittelten fairen Wert von 21 US-Dollar.  

Citigroup

In den letzten Jahrzehnten bewegte sich Citigroup mehrmals am Rande des Abgrunds. In den 1980er Jahren fielen erhebliche Verluste bei Schwellenländer-Anleihen an, Anfang der 1990er Jahre bei Gewerbeimmobilien und in den 2000er Jahren wurden infolge der US-Hypothekenkrise hohe Verluste eingefahren. Wir sind jedoch der Ansicht, dass die Bank endlich auf dem Weg der Besserung ist.

Auch die Überprüfung der Dodd-Frank Wall Street Reform sowie der Consumer Protection Act Regeln könnten sich positiv auswirken. Das Potenzial einer Kapitalrückführung könnte durch eine Aufhebung bestimmter Einschränkungen gestärkt werden. Doch auch jenseits der sich abzeichnenden Entspannung gibt es unserer Einschätzung nach gute Gründe dafür, dass die Anleger Citigroups während des kommenden Jahrzehnts ruhiger schlafen können. Die internationale Präsenz der Citigroup unterscheidet die Bank von fast all ihren US-Konkurrenten Peers. Da der Umsatz bereits zu großen Teilen in Lateinamerika und Asien erwirtschaftet wird, ist die Bank gut aufgestellt, um vom Wachstum dieser Volkswirtschaften in den kommenden zehn Jahren zu profitieren, ohne sich übermäßig in einem bestimmten Land zu engagieren.

Und dennoch sollten Anleger beachten, dass die Bank nach wie vor „too big to fail“ ist. Ihr Geschäft ist sehr komplex, und zwar nicht nur weil es mehrere Kontinente umspannt. Daher ist es nicht sehr wahrscheinlich, das Citigroup jemals der Kostenlast erhöhter Regulierung und dauerhafter Rechtsstreite entkommen wird. Derzeit ist die Citigroup die einzige unter den US-Großbanken, die deutlich -- 20%! -- unter ihren fairen Wert notiert. Am Freitagabend, 31. März, notierte die Aktie an der NYSE bei 59,82 US-Dollar und somit deutlich unter dem von uns ermittelten fairen Wert von 70 US-Dollar. 

JPMorgan

Die Kombination aus Größe, Diversifizierung und solidem Risikomanagement verschafft JPMorgan einen Wettbewerbsvorteil. Durch Übernahmen und organischem Wachstum ist JPMorgan zur größten Bank der USA gewachsen. Im Zahlungssektor ist sie der größte US-amerikanische Emittent von Kreditkarten und der zweitgrößte Erwerber. Das Investment Banking-Segment des Konzerns erwirtschaftet mehr Gebühren als jede andere Bank weltweit, und auch das Handelsgeschäft mit Rentenwerten, Rohstoffen und Devisen ist in seinem Umfang weltweit unübertroffen.

Die sich aus dieser Größe ergebenden Kostenvorteile lassen sich an den Ergebnissen des Unternehmens ablesen - nur eine einzige US-Bank mit einem Vermögen von mehr als 50 Mrd. USD verzeichnete 2016 eine niedrigere Quote von zinsunabhängigen Aufwendungen zum Vermögen. Das diversifizierte Geschäftsmodell der Firma stabilisiert die Ergebnisse, erhöht die Wechselkosten für Kunden und erlaubt es dem Unternehmen, auf vermögensbereinigter Basis höhere Umsätze zu erzielen als seine kleineren Konkurrenten.

Wermutstropfen ist indes die Bewertung. Am Freitagabend, 31. März, notierte die Aktie an der NYSE bei 87,84 US-Dollar und somit über dem von uns ermittelten fairen Wert von 77 US-Dollar. 

Wells Fargo

Wells Fargo ist der größte Einlagenkapitalsammler in den USA. Seine Strategie basiert auf fest verankerten Kundenbeziehungen, einem soliden Risikomanagement und operativen Spitzenleistungen. Die erfolgreiche Umsetzung dieser Strategie über Jahrzehnte hat einen großen Wettbewerbsvorsprung geschaffen, der sich eindeutig in den Finanzen des Unternehmens niederschlägt. Wells Fargo hat in den letzten fünf Jahren seine Bilanz 40% preiswerter finanziert als nordamerikanische Mitbewerber ab 50 Mrd. USD Bilanzsumme.

Auch die führende Position im Hypothekenmarkt – und die qualitativ hochwertige Zusammensetzung der Wohnungskreditnehmer – tragen zum Wettbewerbsvorteil von Wells Fargo bei. Der Konzern profitiert von den Skalenvorteilen bei der Kreditvergabe und Bedienung; ihr Zielsegment sind erstklassige Kunden für GSE-fähige Kredite sowie Kreditnehmer erstklassiger Bonität. Aus unserer Sicht ist die Möglichkeit, auf dauerhafte Einlagen und Hypotheken-Kreditnehmer zu bauen, ein solides Fundament für die Strategie der Bank. Im Gegensatz zu den großen Mitbewerbern spielt Wells keine führende Rolle an den Kapitalmärkten. Sein Geschäftsmodell ähnelt eher dem der Regionalbanken als dem der Institute an den Finanzzentren.

Am Freitagabend, 31. März, notierte die Aktie an der NYSE bei 55,66 US-Dollar und somit deutlich unter dem von uns ermittelten fairen Wert von 66 US-Dollar. 

Wichtige Hinweise: Analysten von Morningstar müssen sich in ihrem Verhalten an den Ethikkodex, die Richtlinie für Wertpapierhandel und Offenlegung und die Richtlinie zur Integrität von Investment-Research von Morningstar halten. Nähere Informationen zu Interessenkonflikten erhalten Sie hier.

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Die in diesem Artikel enthaltenen Informationen dienen ausschließlich zu Bildungs- und Informationszwecken. Sie sind weder als Aufforderung noch als Anreiz zum Kauf oder Verkauf eines Wertpapiers oder Finanzinstruments zu verstehen. Die in diesem Artikel enthaltenen Informationen sollten nicht als alleinige Quelle für Anlageentscheidungen verwendet werden.

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Über den Autor

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