Was vom neuen PIMCO Total Return ETF zu halten ist

Bill Gross wird in Anlehnung an seinen Flaggschiff-Fonds einen aktiven ETF managen.

Eric Jacobson 29.04.2011
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PIMCO reichte letzte Woche in den USA den vorläufigen Verkaufsprospekt für den PIMCO Total Return ETF ein. PIMCO ist in den USA zwar schon mit zahlreichen Indexfonds und diversen, meist nicht weiter bemerkenswerten aktiven ETFs am Markt vertreten. Doch hat es ein ganz anderes Kaliber, wenn der US-Vermögensverwalter seinen erfolgreichsten und bekanntesten Fondsmanager einen ETF managen lässt, der das Flaggschiff PIMCO Total Return als Vorbild hat. Zwar haben passive ETFs am Markt eine weite Verbreitung und Akzeptanz, doch sind aktive ETFs bisher eine Randerscheinung geblieben, die für begehrte Fondsmanager von begrenztem Interesse war.

Das stärkste Argument für den neuen ETF dürfte sein, dass er Anlegern einen kostengünstigeren Zugang zu einem Fondsmanager wie Bill Gross bietet. Im klassischen PIMCO Total Return haben viele Privatanleger nur Zugang zu den Publikumsanteilsklassen, die nicht zuletzt durch Vertriebsgebühren mit höheren Kosten befrachtet sind. Der vorläufige Verkaufsprospekt enthält keine Gebühren, doch dürften sich diese nahe an den 0,46% bewegen, die für die institutionelle Anteilsklasse des PIMCO Total Return fällig werden. Abgesehen von Brokergebühren beim Kauf und Verkauf des ETF tragen Anleger damit keine weiteren Vertriebsgebühren.  

Für bestehende Anleger in PIMCO-Fonds dürften sich eher philosophische Fragen stellen. Das Unternehmen verwaltet mehr als 1,2 Billionen US-Dollar, die sich auf Investmentfonds, Altersvorsorgesparpläne, Pensionsfonds und andere Produkte verteilen. In diesem Sinne liegt es in der Verantwortung des Unternehmens, im besten Interesse seiner bestehenden Kunden zu handeln. Es ist unklar, ob der neue ETF diesen Test besteht.

PIMCO gehörte in der Vergangenheit nicht zu den Asset Managern, die bereitwillig zu groß gewordene Fonds für neue Gelder geschlossen haben. Stattdessen suchte das Unternehmen nach besseren Wegen, diese zu managen. Der PIMCO Total Return ist massiv angeschwollen, doch sein Vermögen von 236 Mrd. US-Dollar ist nur ein Teil der Gelder, für die Bill Gross direkt verantwortlich ist. Andere Fondsmanager von PIMCO verwalten weiteres Anlagevermögen mit ähnlichen Strategien. Das Unternehmen hat in der Vergangenheit gezeigt, dass es diese Gelder gut zu verwalten wusste. Das heißt aber nicht, dass es keine Risiken für den künftigen Erfolg gibt.

Im einfachsten Fall könnte die Performance moderat schwächer werden, da zusätzliches Geld es dem Unternehmen erschwert, voll (und umsichtig) von den Gelegenheiten an Märkten zu profitieren, die angesichts eines steigenden Anlagevermögens und zunehmender Positionsgrößen immer kleiner und weniger liquide erscheinen. Die schiere Größe des verwalteten Vermögens könnte auch für ernsthafte Herausforderungen sorgen, falls sich die Markteinschätzung von Bill Gross ändert oder Mittelabflüsse ausgerechnet in Zeiten geringer Liquidität zunehmen.

In diesem Zusammenhang gibt es auch die Befürchtung, dass die tägliche Offenlegung des Portfolios bei einem aktiv gemanagten ETF es anderen Marktteilnehmern erleichtern könnte, gegen den Fonds zu handeln. Während diese Sorge bei weniger eindrucksvollen Managern eher übertrieben sein dürfte, stellt sich dies bei einem so weit beachteten und erfolgreichen Fondsmanager wie Bill Gross ganz anders dar. Zwar dürften angesichts der Größe und breiten Kundenbasis PIMCOs ohnehin schon einige Informationen im Umlauf sein, doch selbst geringe zusätzliche Informationen können am Renditepotential eines gewaltigen Portfolios wie des PIMCO Total Return nagen. Bill Gross hat Anlegern nie Grund zur Vermutung gegeben, dass er dies zulassen würde, doch es ist nicht undenkbar, dass das Unternehmen das zusätzliche Risiko akzeptieren würde, um seine Präsenz am ETF-Markt zu festigen – einem Markt, der nach Befürchtungen oder Hoffnungen so manch Marktteilnehmer irgendwann einmal die Dominanz klassischer Investmentfonds brechen könnte.


Während Bill Gross und PIMCO ihre Fonds gut durch Krisenzeiten manövriert haben, dürfte heutzutage sicherlich mehr kurzfristiges und wenig beständiges Geld im Fonds investiert sein als jemals zuvor. In den letzten Jahres gab es höhere Zuflüsse in den PIMCO Total Return und andere Anleihenfonds als zu irgendeinen anderen Zeitpunkt in der Vergangenheit. Diese Neuankömmlinge haben hohe Erwartungen. Nicht nur waren die letzten fünf und zehn Jahre für Renteninvestoren eine gute Zeit. Bill Gross war auch einer der besten Manager in diesem Zeitraum. Die Anleihenmärkte stehen derzeit allerdings vor Herausforderungen, die sie seit Jahrzehnten nicht gesehen haben. Gross ist wie alle guten Manager nicht vor einer zeitweisen Underperformance gefeit. Bei so vielen neuen Anlegern gibt es gute Gründe für die Annahme, dass nur eine Minderheit die Anlagestrategie von Gross wirklich verstanden hat. Bei steigenden Zinsen dürfte ein guter Teil der neuen Geldern abgezogen werden, unabhängig davon, ob Bill Gross besser abschneidet als vergleichbare Manager oder nicht. PIMCO kann damit umgehen, doch die prozyklischen Folgewirkungen für die Branche und den Markt sind, sollte der größte Fonds stärkere Abflüsse sehen, unmöglich abzuschätzen.

Dass nun noch ein ETF dazukommt, muss nicht notwendigerweise einen großen Unterschied machen. Manche argumentieren, dass es PIMCO egal sein dürfte, in welche seiner Produkte die Gelder fließen. Das Unternehmen könnte auch einfach versuchen, Anleger, die sonst nur ETFs kaufen würden, für sich zu gewinnen.

Skeptiker sehen hier mehr Eigeninteresse am Werk. PIMCO hat klare Wachstumsziele, die neben dem Anleihen-Kerngeschäft durch den Aufbau einer Aktienfondspalette und die Übernahme von Vertriebsfunktionen von einer anderen Allianz-Tochtergesellschaft flankiert wurden.

Das sich daraus ergebende Bild – neue ‚Produkte‘, unrealistische Anlegererwartungen, Marketingmacht, rasantes Wachstum – gibt Grund zur Besorgnis. Es ist sehr schwierig, wenn nicht fast unmöglich, so stark zu wachsen, ohne die Unternehmensinteressen vor die der Kunden zu stellen.

Eric Jacobson ist Director of Fixed Income Research bei Morningstar. Dieser Artikel erschien ursprünglich am 28. April 2011 auf www.morningstar.com. Wir veröffentlichen ihn in Auszügen.

Die in diesem Artikel enthaltenen Informationen dienen ausschließlich zu Bildungs- und Informationszwecken. Sie sind weder als Aufforderung noch als Anreiz zum Kauf oder Verkauf eines Wertpapiers oder Finanzinstruments zu verstehen. Die in diesem Artikel enthaltenen Informationen sollten nicht als alleinige Quelle für Anlageentscheidungen verwendet werden.

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Über den Autor

Eric Jacobson  Eric Jacobson is Morningstar's director of fixed-income research and an editorial director for mutual fund content.