Die Wiederentdeckung einer verschmähten Liebe

Aktien, Anleihen, Mischfonds: Anleger kaufen im Februar wieder in großem Stil Investmentfonds. Die monatliche Morningstar-Absatzstatistik.

Ali Masarwah 25.03.2013
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Europas Fondsinvestoren sind unverändert in Kauflaune. Ungeachtet der fortwährenden Unsicherheit über den Verlauf und dem Ausgang der Staatsschuldenkrise in Europa steigen Privatanleger in Fonds ein. Im Februar wurden netto 34,96 Milliarden Euro in langfristige Publikumsfonds investiert, also in alle Publikumsfondskategorien außer Geldmarkt- und ETFs.*

Obwohl diese Zahl durch die Rekord-Zuflüsse von 47,1 Milliarden Euro im Januar in den Schatten gestellt wurde, blieb das Volumen der Netto-Investitionen solide, und angesichts weiter steigenden Aktienmärkten erreichten Wertpapierfonds europaweit das Rekordvermögen von 4460 Milliarden Euro. Dies ist das höchste jemals von uns ermittelte Publikumsfondsvermögen. (Die Morningstar Asset Flow-Daten werden auf Industrieebene seit 2007 erhoben.)

Risikopapiere bleiben bei Bond-Fonds im Fokus

Wie aus den Morningstar Asset Flow Daten hervorgeht, waren Rentenfonds auch im Februar am stärksten gefragt. Sie verbuchten Nettomittelzuflüsse von 11,33 Milliarden Euro. Im Mittelpunkt standen dabei Emerging Markets Bonds, Hochzinsanleihen und flexibel investierende Rentenfonds. Allerdings konnten auch Fonds für Euroland-Staatsanleihen mit einem Plus von netto 875 Millionen Euro überdurchschnittlich hohe Zuflüsse im Februar verbuchen. 

Aktienfonds hatten im Februar ebenfalls einen starken Monat. Sie sahen Zuflüsse in Höhe von 9,24 Milliarden Euro. Übertroffen wurden sie allerdings von Mischfonds, die 9,91 Milliarden Euro netto einsammelten. Mit Ausnahme von Rohstoff-Fonds konnten alle langfristigen Fondskategorien im Februar Netto-Neuinvestitionen verbuchen. Dass die Fonds der einen Kategorie per Saldo verkauft wurden ist auf Abflüsse aus Edelmetallfonds zurückzuführen, was ebenfalls für den fortdauernden „Risk-on“-Modus europäischer Anleger spricht.

Tabelle: Welche Asset-Klassen im Februar gefragt waren

Ein Blick auf die am stärksten nachgefragten Morningstar-Kategorien zeigt, dass die Nachfrage nach Publikumsfonds inzwischen auf breiteren Füßen steht und nicht länger nur auf Bonds beschränkt ist: Flexible und defensive Euro-Mischfonds haben sich stärker nach vorne geschoben. Auch Aktienfonds für globale Standardwerte (Value) waren im Februar überdurchschnittlich stark nachgefragt.

Tabelle: Welche Morningstar-Fondskategorien im Februar nachgefragt waren

Ein interessantes Bild ergibt sich, betrachtet man die am stärksten verkauften Fondskategorien. Vier der sechs ungeliebten Kategorien waren Fonds für Unternehmensanleihen. Angesichts der konstanten Nachfrage in diesem Jahr nach Aktienfonds könnten Beobachter also geneigt sein, eine Rotation von risikoreichen Bonds in Aktien zu vermuten. Angesichts der fortdauernd hohen Zuflüsse in Hochzinsfonds und in andere risikoreichen Bond-Fonds ist es jedoch fraglich, ob wir heute bereits Zeugen einer so genannten „big rotation“ in Aktien sind, die vielfach angesichts der niedrigen Risikoprämien bei Spread-Produkten für die Zukunft erwartet wird.

Tabelle: Aus welchen Fondskategorien Investoren Gelder besonders stark abzogen

Als weitgehend gesichert kann die These jedoch angesehen werden, dass der Aufschwung am Aktienmarkt zunehmend auch bei Aktienfondsanlegern inzwischen angekommen ist. Abzulesen ist dies an den am stärksten nachgefragten Aktienfondskategorien der vergangenen 12 Monate. Im Februar konnten 14 der 20 Top-Kategorien überdurchschnittlich hohe Mittelzuflüsse verbuchen, wie die untere Tabelle zeigt.

Interessant sind auch die Ausnahmen. Fangen wir bei globalen Schwellenländer-Aktienfonds an. Die mit Abstand am stärksten nachgefragten Kategorie der vergangenen 12 Monate war zwar auch im Februar die Top-Aktienfondskategorie. Allerdings befanden sich die Zuflüsse auf deutlich niedrigerem Niveau als der 12-Monatsdurchschnitt. Man bewegt sich also weg von den Favoriten und streut breiter (was angesichts der unterdurchschnittlichen Performance von Schwellenländer-Aktien vermutlich auch keine schlechte Idee ist).

Tabelle: Die am stärksten nachgefragten Aktienkategorien der letzten 12 Monate

Eine Fußnote auch zu britischen Aktien: Wie aus der Tabelle hervorgeht, hat der Risikohunger britischer Investoren deutlich abgenommen. Die beiden britischen Aktienfondskategorien haben – als einzige der Top-20-Kategorien – in diesem Jahr Abflüsse hinnehmen müssen. Hat also die jüngste Abstufung der Kreditwürdigkeit Großbritanniens durch Moody´s im Februar britischen Anlegern die Stimmung verhagelt? Oder handelt es sich um einen Verkäuferstreik, wie ihn bereits einige Auguren herbeiinterpretieren?

Zur Erinnerung: Die neuen Vertriebsregularien in Großbritannien mit dem Namen RDR (steht für Retail Distribution Review) sind seit Anfang 2013 in Kraft, nach denen Investmentvermittler nicht mehr Retrozessionen (Kickbacks) erhalten dürfen, sondern nur noch vom Investor bezahlt werden müssen. Diese Maßnahme hat gravierende Folgen für den Fondsvertrieb in Großbritannien und könnte zu einer Konsolidierung im Vertrieb führen. Drückt RDR also auf den Fondsvertrieb in signifkantem Maße? Heute ist das Ergebnis noch nicht eindeutig, man wird die Entwicklung der kommenden Monaten beobachten müssen. Es wird sich zeigen, ob Asset-Allocation-Entscheidungen der Investoren oder eine Inaktivität des Vertriebs den Markt bewegt!

Mit Blick auf Einzelfonds und Fondsanbieter bestätigen unsere Absatzdaten, dass die Absatzbasis im Februar breiter geworden ist. Während im Januar noch 10 der 15 Top-Fonds im Vertrieb von nur drei Fondsgesellschaften – Allianz/PIMCO, Franklin Templeton und M&G – stammen, zeigt die untere Tabelle für den Monat Februar ein deutlich differenzierteres Bild.

Tabelle: Die Top-Fonds im Februar

Der neu in Italien aufgelegte Mischfonds Gestielle Cedola Piu verzeichnete die höchsten Zuflüsse im Februar, gefolgt vom Templeton Global Return, der erneut einen sehr starken Monat verzeichnete. Auch wenn einige bekannte Flagschifffonds zu den Top 15 Fonds im Monat Februar zählen, befinden sich im Ranking auch einige Fonds, die zuletzt weniger im Fokus standen, etwa der JPMorgan Asia Pacific Income, ein auf Asien fokussierter Mischfonds, der 2012 eine sehr gute Performance zeigte und in diesem Jahr hohe Zuflüsse verbuchen konnte (2011 lief deutlich schlechter für die Amerikaner). Auch der BGF Global Allocation Fund verzeichnete im Februar mit Mittelzuflüssen von knapp 700 Millionen ein Comeback; dies waren auch die höchsten Zuflüsse in einem Monat seit November 2009).

Der erfolgreichste Fondsanbieter in Europa war im Februar BlackRock. Der US-Anbieter profitierte bei aktiven Fonds von der verstärkten Nachfrage nach Aktien- und Mischfonds. Auf den Plätzen folgten PIMCO, Franklin Templeton, JPMorgan und Aberdeen.

Tabelle: Die Top 5 Anbieter im Februar

Seitdem der Templeton Global Bond Fonds in diesem Jahr seine Vertriebsschwäche überwunden hat, liefern sich die beiden größten Bond-Fondsanbieter in Europa liefern in diesem Jahr wieder ein Kopf-an-Kopf-Rennen. Interessant ist dabei, dass sich PIMCO trotz hoher Mittelabflüsse aus seinen beiden größten europäischen Flaggschifffonds, PIMCO Total Return Bond und PIMCO Global Investment Grade, gegenüber Franklin Templeton behaupten konnte. PIMCO profitierte von seiner deutlich breiteren Produktbasis.

Während Franklin-Templeton aufgrund hoher Abflüsse aus seinem Flaggschifffonds 2012 in den Vertriebs-Rankings zurückfiel, konnte PIMCO Abflüsse aus dem Bill-Gross-Fonds PIMCO Total Return durch Zuflüsse in seine „zweite Garde“ auffangen: Die Fonds PIMCO Unconstrained Bond, PIMCO Income, PIMCO Emerging Local Bond und PIMCO Diversified Income mehr als ausgleichen.

 

* Um Doppelzählungen zu vermeiden, umfasst die Morningstarstatistik zum paneuropäischen Fondsabsatz grundsätzlich keine Dachfonds. Alle Daten im Text sind per 19. März erfasst, Quelle: Morningstar Direct.

Die in diesem Artikel enthaltenen Informationen dienen ausschließlich zu Bildungs- und Informationszwecken. Sie sind weder als Aufforderung noch als Anreiz zum Kauf oder Verkauf eines Wertpapiers oder Finanzinstruments zu verstehen. Die in diesem Artikel enthaltenen Informationen sollten nicht als alleinige Quelle für Anlageentscheidungen verwendet werden.

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Über den Autor

Ali Masarwah

Ali Masarwah  Ali Masarwah war von 2011 bis Frühjahr 2021 als Chefredakteur für die deutschsprachigen Anleger Websites von Morningstar verantwortlich