Der Star-Fondsmanager ist tot, es lebe der Fondsmanager!

In der Vergangenheit wurde Fondsmanagern allzu oft ein Kultstatus zugesprochen. Doch der Lack blättert von den Stars ab - und das ist auch gut so.

Ali Masarwah 02.07.2013
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Natürlich gibt es ihn auch heute noch, den Star-Fondsmanager. Er genießt bei Anlegern einen Heldenstatus. Die Chance auf einen Kultstatus ergibt sich dann, wenn ein Geldverwalter über bemerkenswert lange Zeit etwas richtig macht. Wie etwa Bill Miller, der mit dem Legg Mason Value Trust 15 Jahre am Stück den US-Index S&P 500 übertraf. Oder wenn er spektakuläre Coups landet, wie die Wette John Paulsons gegen den US-Häusermarkt im Jahr 2008 oder George Soros´ erfolgreiche Spekulation gegen das Britische Pfund 1992.

Auch wenn ein prominenter Portfolio-Lenker seinen Arbeitgeber verlässt und sich selbstständig macht, wird man gewahr, wie hoch sein Ansehen ist. Graham Clapps Abschied von Fidelity 2006 und der Abgang von Jeff Gundlach von TCW 2009 sind nur zwei Beispiele von prominenten Managern, die im Zuge ihres Abschieds großes Aufsehen erregten (und sich hiernach mit ihren eigenen Firmen Meriten erwerben konnten.)

Aber zweifelsohne hat sich Wahrnehmung von Fondsmanagern in den vergangenen Jahren verändert. Früher waren sie ungekrönte Könige, und ihre Tipps für Anleger der Kaufgrund par excellence. Hand aufs Herz: Haben Sie nicht auch damals in der Dot-Com-Hype mitgeschrieben, wenn Kurt Ochner, Bernd Pförtsch, Anko Beldsnijder und die vielen anderen Fondslenker in der Sendung Telebörse ihre Favoriten mitsamt Kurszielen zum Besten gaben?

Die meisten Anleger interessierte es früher nicht, welche Firma sich hinter einem Fondsmanager verbarg, auf welchem Markt er mit welchen Strategien seine Erfolge erzielte und wie seine Erfolgsquote per saldo aussah - geschweige denn, wie hoch die Kosten des Fonds waren. Alles was zählte, war der Fondsmanager und sein Nimbus. Man ging quasi davon aus, dass Fondsmanager in einer Art Vakuum arbeiten, und dabei war klar, dass die in der Vergangenheit erzielte Performance beliebig in der Zukunft replizierbar sein würde.

Mehrere Faktoren haben zur Entmystifizierung der Kapitalanlage geführt

Heute ist kaum noch jemand dieser Meinung, und das ist auch gut so. Warum? Nun, einige entscheidende Einflussfaktoren sickern immer stärker ins Bewusstsein von Anlegern und Beratern, die eine wohltuende Entmystifizierung der Stars von gestern bewirkt haben.

Zum einen befinden wir uns heute im Jahr 2013 und nicht im März 2000. Die vielen Turbulenzen an den Kapitalmärkten haben uns die Lust am Heldentum genommen, unser Blick auf das Tun der Geldverwalter ist durch die vielen Krisen der vergangenen 13 Jahre sehr viel kritischer geworden. Heute wissen viele Anleger,  dass das Handeln eines Fondsmanagers nicht von dem Markt zu trennen ist, auf dem er agiert.

Der Erfolg eines Fonds hängt in erster Linie davon ab, ob der Markt oder die Branche attraktive Risikoprämien abliefert. Bewegt sich ein Fonds in den Schwellenländern, werden die Renditen an der Entwicklung der Renditen abhängen, die in den Schwellenländern erzielbar sind. 

Wenn Michael Hasenstab, Edouard Carmignac oder Graham French gute Renditen abliefern, dann liegt das vor allem daran, dass die zugrundeliegenden Märkte einen guten Lauf hatten.

Wenn also die von Michael Hasenstab, Edouard Carmignac oder Graham French verantworteten Fonds gut performten, lag das nicht nur am - zweifelsohne beachtlichen - Talent dieser Personen, sondern auch daran, dass Schwellenländer-Anleihen und -Aktien sowie Rohstofftitel einen guten Lauf hatten, als die Fonds dort investiert waren. Fondsmanagement ist eben nicht nur ein Handwerk, sondern auch kein Hexenwerk! Es spricht viel für die These, dass es besser ist, mit einem schlechten Fonds auf dem richtigen Markt unterwegs zu sein als mit dem richtigen Manager auf dem falschen Markt.

Zum anderen hat die Erfahrung gezeigt, dass sich die meisten Fondsmanager nicht im luftleeren Raum bewegen. Es ist kein Zufall, dass sich Fondsmanager wie Christoph Bruns, Olgerd Eichler und Andre Köttner mit einem bestimmten Fonds, dem Aktienfonds Uniglobal, ihre Sporen verdienten. Sie waren in der genossenschaftlichen Fondsgesellschaft Union Investment eingebettet, die inzwischen den Ruf einer Kaderschmiede für die Manager global anlegender Aktienfonds hat. 

Das Team ist der Star, nicht nur der Fondsmanager

Auch wenn Fondsmanager eigene Vorstellungen und Ideen haben - diese werden auch von ihrem Umfeld beeinflusst, mithin auch entscheidend geprägt. Die Informationen und Empfehlungen der hauseigenen Analysten, der Austausch mit anderen Fondsmanagern des Hauses und den Mitarbeitern des Risikomanagements führen dazu, dass Manager ihre Vorstellungen entwickeln und umsetzen. Wie gesagt: Fondsmanagement ist in erster Linie Handwerk und kein Hexenwerk.

In diesem Zusammenhang schwindet auch der Glaube, dass man aus der vergangenen Performance Rückschlüsse auf die Zukunft ziehen kann. Es entspricht zwar nicht den Tatsachen, dass es überhaupt keinen Zusammenhang zwischen der vergangenen und zukünftigen Performance eines Managers gibt, wie derzeit manchmal behauptet wird. Indes: Sehr groß ist die Abhängigkeit nicht. Deswegen fordern Anleger mittlerweile klare „Beweise“, um zur Überzeugung zu kommen: Ja, dieser Fondsmanager hat Talent. Diese Beweise werden nicht durch kurzfristige, spektakulär gute Perioden, sondern durch stetige und unspektakuläre Überrenditen erbracht (die langfristig durchaus spektakuläre Ergebnisse zutage fördern!). 

Der Aufstieg von ETFs hat eine wohltuende Entemotionalisierung der Fondsselektion mit sich gebracht. Anleger sind nicht länger Gefangene persönlicher Sympathien. 

Nicht zuletzt hat auch der Aufstieg der börsennotierten Indexfonds ETFs vielen Anlegern schlaglichtartig vor Augen geführt, dass Fonds einen Zugang zum Kapitalmarkt bzw zu einzelnen Kapitalmarktsegmenten darstellen. Oft nicht mehr, aber zumeist auch nicht viel weniger. Der Aufstieg der ETFs bringt auch eine wohltuende Entemotionalisierung der Kapitalanlage mit sich. Liefert ein namenloser Indexfonds eine niedriger als erwartete Performance, ist es ein Leichtes, ihn zu verkaufen. Von einem Fondsmanager aus Fleisch und Blut, dem man aufgrund seiner Vergangenheitserforlge und seiner Marktsicht sein Geld anvertraut hat, muss man sich dagegen erst einmal „trennen können“. (Dass derartige Entscheidungen sehr schmerzhaft sind, liegt vor allem daran, dass man sich eingestehen muss, einer Fehleinschätzung aufgesessen zu sein.) 

Es ist unwahrscheinlich, dass sich der Trend umkehrt und bereits der Name eines Fondsmanagers wieder eine unwiederstehlich starke Anziehungskraft auf Anleger ausübt. Erinnern Sie sich noch, was für einen Aufruhr der angekündigte Abschied von Managern wie Murdo Murchison (Templeton Growth) oder von Graham Clapp (Fidelity European Growth) auslöste? Heute gehen auch Neubesetzungen bei großen Tankern unspektakulär leise von der Bühne. Auch wenn niemand bestreiten würde, dass es sich bei Managern wie Norman Boersma bzw. Matt Siddle um Routiniers handelt, die ihr Handwerk beherrschen; Star-Status besitzen beide freilich nicht. 

Heute kommt es vor allem darauf an, dass der Fondsmanager einen soliden Investmentprozess umsetzt - ob er diesen Prozess geschaffen hat, ist dabei egal.

Heute stehen glücklicherweise andere Schwerpunkte im Mittelpunkt der Suche nach einem geeigneten Fonds. Sowohl für Berater als auch für Privatanleger wird es immer wichtiger, diversifizierte und robuste Portfolios mit ausgewogenen Rendite-Risiko-Profilen und niedrigen Kosten aufzubauen. Natürlich ist es dabei wichtig, bei aktiven Fonds gute Fondsmanager zu finden. Bezeichnend ist dabei allerdings, dass es heute vor allem darauf ankommt, dass dieser einen soliden Investmentprozess umsetzt - ob er diesen Prozess geschaffen (im Sinne von erfunden) hat, ist dabei egal. Der Star-Fondsmanager ist tot, es lebe der Fondsmanager!

* Die Idee für diesen Artikel entstammt einer der regelmäßigen Kolumnen von morningstar.com-Autor John Rekenthaler. Ich bin ein bekennender Fan seiner erfrischenden Einwürfe, in denen er immer aufs Neue scheinbar mühelos unkonventionelle Weisheiten zu Papier bringt. Schauen Sie doch gelegentlich bei John vorbei! (hier gelangen Sie zur Sammlung seiner Kolumnen)

Die in diesem Artikel enthaltenen Informationen dienen ausschließlich zu Bildungs- und Informationszwecken. Sie sind weder als Aufforderung noch als Anreiz zum Kauf oder Verkauf eines Wertpapiers oder Finanzinstruments zu verstehen. Die in diesem Artikel enthaltenen Informationen sollten nicht als alleinige Quelle für Anlageentscheidungen verwendet werden.

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Über den Autor

Ali Masarwah

Ali Masarwah  Ali Masarwah war von 2011 bis Frühjahr 2021 als Chefredakteur für die deutschsprachigen Anleger Websites von Morningstar verantwortlich