Es ist schon erstaunlich, wie effektiv das Marketing der Indexanbieter gewirkt hat: Indizes werden heute von den meisten Anleger als unverzichtbar angesehen. Sie gelten als neutral, werden als Vergleichsmaßstab für Investments allgemein akzeptiert, ja, man hat den Eindruck, als ob es sich bei Indizes um eine Art Heiligtum handelt, das man tunlichst nicht hinterfragen sollte. Bei aller Zustimmung für die wichtige Rolle von Benchmarks für Investoren ist hier jedoch auch entschiedener Widerspruch angesagt. Man kann nicht nur, sondern man muss Indizes analysieren, kritisieren, hinterfragen! Denn Indizes sind vor allem Eines: von Menschenhand (bzw. -gehirnen) geschaffene Konstrukte, die einen mehr oder weniger sinnvoll definierten Markt widerspiegeln.
Wer über die Sache nachdenkt, kommt selbst auf viele Beispiele für diskussionswürdige Marktdefinitionen: Warum billigt man 30 Aktien quasi eine Art Alleinvertretungsanspruch für „den“ deutschen Aktienmarkt zu? Gleiches gilt für die 20 Aktien im SMI für die Schweiz bzw. für die 20 Titel im ATX für Österreich. Warum sollten Anleger in Deutschland ihre globalen Portfolios am MSCI World messen, der aktuell zu rund 60 Prozent aus US-Aktien besteht? Und warum gelten Kursgewichtete Indizes wie der Dow Jones 30 oder der Nikkei 225 als Maß aller Dinge für die USA bzw. Japan?
Es gibt also gute Gründe, Indizes zu hinterfragen. Aus diesem Grund wollen wir uns in lockerer Folge verschiedene Indizes anschauen, kritische Fragen stellen und auf Konsequenzen hinweisen. Dabei orientieren wir uns vor allem an Benchmarks, die also für viele Investoren relevant sind.