Ein Interview, das am 25. April auf fundplat.com veröffentlicht wurde. In meinem Rückblick auf das bisherige Marktgeschehen in diesem Jahr stelle ich die These auf, dass das vergangene halbe Jahr lehrbuchartig gezeigt hat, wie wichtig es für Portfolio-Manager wie auch für Privatanleger gleichermaßen ist, Kurs zu halten, auch wenn die Zeiten an den Märkten volatil sind. Darüber hinaus stelle ich heraus, dass die Dreifaltigkeit der klassischen Indexfonds (inklusive ETFs) - tiefe Kosten, breite Streuung, stabile Asset Allocation - auch bei aktiven Managern zu finden ist, auch wenn man mitunter an vielen hypernervösen Fondsmanager verzweifeln mag. Das Interview führte Thomas Caduff, CEO der Fundplat GmbH, eine B2B Event- und Media-Plattform mit Präsenz in Deutschland, Luxemburg, Österreich und der Schweiz, dem ein herzliches Dankeschön für die Genehmigung dieses Nachdrucks gebührt.
Thomas Caduff: Herr Masarwah, das erste Quartal ist Geschichte, die Märkte haben sich beruhigt, haben Sie genug Stoff zum Schreiben?
Ali Masarwah: Sie meinen, das plätschert wieder alles so dahin, und ich sitze in meinem Skriptorium und suche händeringend nach etwas Neuem? Nein, es gibt wahnsinnig viel zu schreiben, immer und immer aufs Neue. Auch wenn wir der Meinung sind, dass kurzfristige Marktentwicklungen wenig mehr als «noise» sind, also Lärm, der eher vom Wesentlichen ablenkt, konnte man doch einige Erkenntnisse als Investor aus den Entwicklungen des vergangenen halben Jahres ziehen. Der Stimmungsumschwung in der Wirtschaft und bei den Zentralbanken steht in einem radikalen Kontrast zu der Entwicklung von Risiko-Assets, also Aktien und riskanten Bonds. In den ersten vier Monaten dieses Jahres sind die Kurse nach oben enteilt, und so mancher Beobachter oder Marktteilnehmer, der Ende Dezember noch auf Krise eingestellt war, reibt sich immer noch verwundert die Augen, wie schnell die Kurserholung war.
Was wäre denn die wichtigste Lehre aus der Korrektur im vierten Quartal 2018 und der Erholung in den ersten Monaten dieses Jahres?
Kurs halten und sich nicht in Market Timing Versuchen zu üben! Das kostet Geld und keiner weiss, wann die Korrektur ihren Tiefpunkt erreicht hat und die Märkte zur Aufholjagd blasen. Hätten Sie Ende Dezember gedacht, dass die Märkte gerade einmal zwei, drei Monate brauchen würden, um den Einbruch aufzuholen?
Dann sollten Anleger auf ETFs setzen, die immer voll investiert sind?
Das ist für viele Anleger tatsächlich eine gute Empfehlung, aber nicht, weil ETFs Indizes abbilden, sondern weil sie zwei, drei sehr wichtige Eigenschaften haben, die aktiv verwaltete Fonds oft vermissen lassen: sie sind sehr günstig, in der Regel breit diversifiziert, und sie handeln wenig und sind somit strategisch aufgesetzt. Letzteres, also das sehr geringe Trading, bewirkt übrigens tiefe Handelskosten, was Indexfonds oft sehr viel besser aussehen lässt als aktiv verwaltete Fonds…
Aber?
Ich fühle mich unwohl mit der Pauschalempfehlung, auf Indexfonds zu setzen. Es gibt da draußen gute aktiv verwaltete Fonds mit erfahrenen Managern, die es schon seit Jahren schaffen, ihre Benchmarks zu schlagen. Eben weil sie einige - leider meistens nicht alle - Eigenschaften mitbringen, die ich oben erwähnt habe. Vor allem Value-bewusste Manager, die bei Kursschwächen zuschlagen, könnten einen erheblichen Mehrwert gegenüber adäquaten Benchmarks erzielen. Leider sind diese Fonds oft sehr teuer, was die Anlegerrendite deutlich schmälert, und dann ist oftmals nur die Marktrendite drin. Institutionelle Investoren profitieren von tiefen Gebühren, von denen Privatanleger leider nur träumen können.
Was waren die Absatz-Renner bei den aktiv verwalteten Produkten und bei den ETFs?
Auf Ebene der Kategorien haben Anleger in Europa in diesem Jahr vor allem Risiko-Assets gekauft. Global anlegende Aktienfonds, Emerging-Markets-Aktienfonds und Emerging-Markets-Rentenfonds, Hochzinsfonds. Bei Einzelfonds kann ich den «PIMCO GIS Income Fund» hervorheben, der in den ersten drei Monaten fast sechs Milliarden Euro an Neugeldern eingesammelt hat, aber auch Fonds wie der «AB American Income Portfolio» war sehr erfolgreich. Diese beiden Fonds stehen für einen Fokus auf höher rentierliche Bonds, das spiegelt also die Rückkehr des Risikoappetits der Investoren wider. Bei ETFs und Indexfonds haben einige breit diversifizierte Produkte das Rennen gemacht - auf der Aktienseite waren das ETFs auf den MSCI ACWI; besonders gepunktet haben aber Bond-ETFs, was schon bemerkenswert ist, wenn man sich der Propaganda-Feldzüge aktiver Manager gegen das vermeintlich große Risiko auf der Passivseite vergegenwärtigt. Anleger suchen tiefe Gebühren in Zeiten tiefer Renditen. Punkt. Das sollten aktive Manager zum Anlass nehmen, die Gebühren auf der Bondseite zu senken.
Täuscht es, oder gibt es insgesamt zu viele Fonds im DACH-Raum?
Es gibt leider viel zu viele Fonds, da täuscht sich Ihr Gefühl nicht. Vor allem in Deutschland und in Österreich gibt es keinen Konditionenwettbewerb, da existieren viele Nischen, in denen man es sich als Asset Manager bequem machen kann. Fehlt der Wettbewerbsdruck, bleiben die Kosten hoch und viele Manager mit schwachen Leistungen werden nicht mit Geldentzug bestraft. Es fehlt der «Trigger» für eine marktbreite Konsolidierung, die eigentlich nötig wäre.
Wie können sich die großen Anbieter unterscheiden - mal abgesehen vom Service?
Service ist schon mal eine Menge, gerade dann, wenn man sich auf der Produktseite nicht vom Wettbewerber abheben kann. Das gilt vor allem für ETF-Anbieter, aber eben nicht nur; viele aktive Manager haben nicht den Stein der Weisen gefunden, auch wenn sie es typischerweise behaupten. Aber am Ende des Tages werden leistungsstarke Produkte den Weg zum Kunden finden, insofern würde ich mehr als den Service die Konstanz bei der Bewirtschaftung von Produkten hervorheben. Wer gute Produkte kreiert und diese mit langem Atem und ruhiger Hand managt, wird am Ende von Kunden belohnt.
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