Wie unsere Fondsanalysten Europas Dickschiffe bewerten

In einer vierteiligen Serie beschäftigen wir uns mit den größten Fonds in Europa seit 2005. Im letzten Teil schauen wir auf die Morningstar Analyst Ratings einiger der Megafonds. 

Ali Masarwah 09.10.2020
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US dollars 2020 article

 

Im ersten Teil unserer Serie zu den größten Fonds in Europa der vergangenen 15 Jahre haben wir zunächst den Schwedischen AP7 Aktiefond vorgestellt, der im August den Pimco Income von Platz eins der größten Fonds in Europa verdrängt hat. Der staatliche Vorsorgefonds ist in Deutschland ein Politikum. Experten und Verbraucherschützer sehen in dem Fonds das Erfolgsrezept einer reformierten Altersversorgung; Versicherer und Fondsanbieter laufen Sturm gegen eine mögliche staatliche Konkurrenz. 

Im zweiten Teil haben wir die Historie der Mega-Fonds skizziert, bevor wir im dritten Teil auf die Performance-Bilanz der Fonds geblickt haben. Nun wollen wir schauen, welche Ratings unsere Fondsanalysten den Helden von einst heute verleihen. Von den Fonds mit Vertriebszulassung in Deutschland, Österreich und der Schweiz halten der Pimco Income, Templeton Global Bond, Carmignac Patrimoine, BlackRock Global Allocation und Fidelity European Growth Morningstar Analyst Ratings. Nachfolgend die Kurzanalysen zu den Fonds. Hinter dem Fondsnamen finden Sie Hyperlinks, die Sie zu den Portraits der Fonds auf unserer Homepage, auf der Sie jede Menge weitere Daten finden.  

Pimco GIS Income 

Der Fonds bringt fähige Manager und einen exzellenten Investmentprozess zusammen. Die Strategie hat in der Vergangenheit sehr gut funktioniert, aber viele Tranchen des Fonds weisen hohe Kosten auf. Daher variiert das Morningstar Analyst Rating außergewöhnlich stark. Fast jede Rating-Stufe ist vertreten: „Neutral“ für einige Privatanleger-Tranchen, die günstigeren institutionellen und semi-institutionellen Tranchen kommen auf „Bronze“, „Silver“ oder „Gold“. Diese Tranche hält das Morningstar Analyst Rating „Bronze“.

Dan Ivascyn und Alfred Murata haben Pimcos reichhaltige - und wachsenden - analytischen Ressourcen genutzt, um auf Märkte, auf denen Expertenwissen gefragt ist, zu erschließen. Darunter befinden sich Hypotheken- und Immobilien- und Kredit-Spezialisten. In den vergangenen fünf Jahren lag der Fonds („E“-Tranche) per 30. September 2020 im zweiten Quartil der vergleichbaren weltweit anlegenden Rentenfonds. 

Ungeachtet des rauen Frühjahrs 2020, als riskante Bonds stark abverkauft wurden und die Liquidität der Märkte dramatisch abfiel, trugen Wohnhypotheken (MBS) zur Stabilisierung der Performance bei. Auch wenn seit der Finanzkrise das Angebot in diesem Sektor schrumpft, konnte Pimco in der Vergangenheit die Gewichtung ungeachtet des stark wachsenden Fondsvermögens deutlich hochfahren. Pimco schätzt den Sektor nach wie vor wegen seines Renditepotenzials und seiner überschaubaren Volatilität. Solange sich der Hypothekenmarkt nicht grundlegend verändert, wird der MBS-Markt weiter schrumpfen. Wir würden es vorziehen, wenn Pimco erwägen würde, die Strategie für neues Geld zu schließen, falls die Manager Schwierigkeiten haben sollten, das MBS-Engagement so groß zu halten, wie sie es gerne hätten, aber die Allianz-Tochter hat diesbezüglich keine Pläne. 

Die Strategie sah im März und April 2020 hohe Abflüsse - 14 Milliarden Dollar aus der US-Fondsversion und 16 Milliarden Dollar aus dem europäischen Portfolio. Das ließ sich managen, da Pimco in den vorangegangenen 12 bis 18 Monaten Liquidität aufgebaut hatte, um den Fonds vor möglichen Rückschlägen zu schützen. Die professionell gemanagte Navigation durch die stürmischen Märkte unterstreicht die Attraktivität der Strategie. 

Templeton Global Bond 

Dieser sehr individuelle Investment-Ansatz funktioniert langfristig aufgrund der Geduld des Managers und des Fachwissens des Teams. Es handelt sich um eine riskante Strategie, die allerdings langfristig gute Erträge erzielt hat.  Die günstige „Z“-Tranche hält ein Morningstar-Analyst Rating „Silver“, während die anderen Anteilsklassen – wie auch der Pimco Income – eine sehr breite Rating- Spanne von zwischen „Gold“ und „Neutral“ aufweisen­. Diese Tranche hält das Morningstar Analyst Rating „Bronze“.

Die Strategie ist nach wie vor in guten Händen. Michael Hasenstab, CIO der globalen Makrogruppe des Unternehmens und hier seit 2002 als Manager tätig, leistete Pionierarbeit für diesen besonderen Prozess. Der langjährige Analyst und Co-Head of Research Calvin Ho wurde Ende 2018 zum Co-Manager ernannt. Das Duo wird von fünf Makroanalysten unterstützt, die über einen soliden Lebenslauf für die anstehende Aufgabe verfügen, sowie über reichlich Unterstützung in der Gruppe der Handels- und quantitativen Analysten. 

Seit seinen Anfängen mit dieser Strategie hat Hasenstab einen geduldigen, Benchmark-agnostischen Ansatz verfolgt und das Portfolio auf der Grundlage des fundamentalen Bond und Währungs-Researchs aufgebaut. Die Strategie zeichnete sich durch die Vermeidung von niedrig verzinslichen Papieren der Industrieländer aus. Hasenstab setzt überwiegend auf Schwellenländer, in denen er bessere fiskalische Perspektiven sieht. Einige der sich daraus ergebenden Wetten führten zu extremen Positionierungen, die sich stark von den anderen Fonds in der Morningstar Kategorie der weltweit anlegenden, flexiblen Rentenfonds unterschied. So wurde z.B. eine Short-Position gegen US-Staatsanleihen von 2016 bis Anfang 2020 geführt. Stattdessen investierte der Fonds verstärkt in die Staatsanleihen von Schwellenländern wie darunter Mexiko, Brasilien und Indonesien. 

Es gab auch Fehlschläge, einschließlich der jetzt aufgelösten Short-Position gegen Treasuries. Verkauft wurden auch die brasilianischen und argentinischen Anleihen, die negative Performance-Beiträge lieferten. In Erwartung volatiler Märkte begann das Team im Mai 2019 damit, die Yen-Short-Position des Portfolios zusammen mit anderen sicheren Währungen in eine Long-Beteiligung umzuschichten. Diese Schritte konnten die Verluste im Ausverkauf Anfang 2020 nicht so sehr abfedern wie erhofft. In Erwartung weiterer Marktturbulenzen (und Kaufgelegenheiten) blieb das Team bei einer konservativen Haltung. Auch wenn diese jüngste Etappe enttäuschend war, hat die Strategie in der Vergangenheit schnell an Boden zurückgewonnen, und die Geduld und das Geschick des Managers, Werte zu finden, sollten sich langfristig weiterhin auszahlen.

Carmignac Patrimoine 

Seit Januar 2019 steht ein neues Portfoliomanager-Duo an der Spitze von Carmignac Patrimoine. Es hat seine erste große Bewährungsprobe in den Turbulenzen Anfang 2020 erfolgreich bestanden, aber es liegt noch ein weiter Weg vor ihnen, auf dem sie beweisen müssen, dass sie den komplexen Prozess effektiv umsetzen und die schwache langfristige Performance „herausrollen“ können. Die Strategie hält das Morningstar Analyst Rating „Neutral“. 

Nach fast zwei Jahrzehnten an der Spitze dieser Strategie ist Edouard Carmignac im Januar 2019 von seiner Führungsrolle zurückgetreten. Er verwaltete den Fonds zusammen mit Rose Ouahba, die seit 2007 die Rentenseite der Strategie verwaltet, und David Older, der 2015 als Technologie-Spezialist eingestellt wurde und 2017 die Leitung des Aktienbereichs des Unternehmens übernahm. Older hat zwar in den letzten Jahren die Bottom-up-Wertpapierauswahl des Unternehmens verbessert, aber seine Amtszeit ist hier immer noch von kurzer Dauer, und er ist neu im Bereich von Makro-gesteuerten Multi Asset Mandaten. 

Der Investmentansatz lässt den Managern einen erheblichen Spielraum, da die Aktienallokation zwischen 0% und 50% des Vermögens variieren kann und die Duration zwischen minus 4,0 und 10,0 Jahren liegen kann. Die Strategie kann auch Derivate zu Absicherungs- und Investmentzwecken einsetzen und ein erhebliches Long- und Short-Exposure in Fremdwährungen eingehen. Während diese Einflussfaktoren während des größten Teils ihrer frühen Geschichte (einschließlich in Abwärtsmärkten wie 2008 und 2011) mit gutem Erfolg eingesetzt wurden, hat sich die langfristige Erfolgsbilanz seitdem erheblich verschlechtert. Dies ist auf durchwachsene Ergebnisse im Aktienbereich, eine Hedging-Politik, die sich in steigenden Märkten als kontraproduktiv erwies, und erhebliche Fehltritte bei der Steuerung des Fremdwährungsengagements, insbesondere in den Jahren 2017 und 2018, zurückzuführen. 

In den Turbulenzen des ersten Quartals 2020 senkte das Team erfolgreich das Aktiengewicht des Fonds und profitierte von einer soliden Aktienauswahl, wobei Griechenland-Anleihen die Performance belasteten. Dass das Team einen sehr weiten Weg vor sich hat, wird dadurch illustriert, dass der Fonds bis Ende Mai 2020 im untersten Quintil (auf 10 Jahre) in der Kategorie der ausgewogen investierenden Euro-Mischfonds lag.  

BlackRock Global Allocation 

Der robuste Prozess des Fonds dürfte von einer stärkeren Integration der Bond-Teams, die erstklassige Kapazitäten aufweisen, profitieren. Das neue Führungsteam scheint sich zu finden. Allerdings belassen wir wegen der kurzen Amtszeit das Morningstar Analyst Rating für die billigsten Anteilsklassen bei „Bronze“, während die teureren Anteilsklassen das Rating „Neutral“ halten – so auch die hier vorgestellte Privatanleger-Tranche.

Im April 2019 ernannte BlackRock den globalen CIO für festverzinsliche Wertpapiere, Rick Rieder, zum Lead Manager für die Strategie, zusammen mit den Co-Managern Russ Koesterich und David Clayton; der langjährige Manager, Dan Chamby, hatte seinen Rücktritt für März 2020 angekündigt. Rieder und das von ihm geführte Anleiheteam genießen hohes Ansehen, aber diese Ankündigung folgte auf eine Reihe von Veränderungen, die in den letzten Jahren an der Spitze der Strategie und in den Reihen der Analysten stattfanden. 

Ermutigenderweise scheint sich das Management sich zu finden. Dennoch verließen drei Analysten das Team, kurz nachdem Rieder in die Mannschaft eingetreten war. Sie wurden durch erfahrene Leute ersetzt, und wir stellen fest, dass das globale Allocation-Team insgesamt gewachsen ist, auch wenn es sich noch stabilisieren muss, bis wir mehr Vertrauen in es gewinnen. 

Die Flexibilität, Diversifizierung und das Risikobewusstsein, die diese Strategie drei Jahrzehnte lang geprägt haben, bleiben unverändert. Bottom-up- und Top-down-Erwägungen bestimmen weiterhin die Portfoliokonstruktion, aber die Makro-Komponente wurde unter der Führung von Rieder verstärkt. Genauer gesagt wird bei diesem Prozess die gesamte Breite der globalen Makro- und Anleiheexpertise des Unternehmens genutzt, einschließlich spezialisierter Bereiche wie Schwellenländeranleihen und verbriefte Schuldtitel, die Rieder bei seiner Übernahme in das Portfolio aufnahm. 

Das Engagement in Anleihen besteht nach wie vor hauptsächlich aus Staatsanleihen und hochwertigen Unternehmensanleihen; das Aktienportfolio besteht aus weltweit operierenden Großunternehmen. Dabei steht die Aktienauswahl im Einklang mit den Top-Down-Ansichten des Teams zu den weltweiten Cashflow-Trends über Sektoren und Länder hinweg. Diese koordinierte Sichtweise des Teams führte zum Beispiel zu einer rechtzeitigen Reduzierung der Energieaktien im zweiten Quartal 2019. Koesterich verantwortet die systematischen und taktischen Aktiengewichtungen, die dazu dienen, das Engagement in bestimmten Faktoren zu sicherzustellen und unbeabsichtigte Risiken abzusichern. 

Fidelity European Growth 

Unserer Ansicht nach nutzt dieser fähige Manager die starken analytischen Ressourcen, die ihm zur Verfügung stehen. Der Prozess der Strategie ist jedoch weniger beeindruckend. Die institutionellen Anteilsklassen des Fonds halten ein Morningstar Analyst Rating „Bronze“, während die teureren Tranchen bei „Neutral“ landen – so auch die hier besprochene Tranche.

Matt Siddle übernahm das Ruder im Juli 2012. Er hat die typische Investment-Karriere bei Fidelity eingeschlagen, die 1999 als Analyst begann; bald darauf wurde er zum Fondsmanager befördert. Er verwaltete kurzzeitig britische Aktienportfolios, bevor er im Oktober 2010 zum leitenden Fondsmanager des Fidelity European Larger Companies ernannt wurde. Anschließend baute er die gleiche Strategie bei diesem Fonds auf. Im Juli 2019 wurde Helen Powell zum Co-Portfoliomanagerin befördert. Siddle bleibt zwar weiterhin der letzte Entscheidungsträger, aber das große Analystenteam von Fidelity bietet einen bedeutenden Vorteil in Bezug auf die Research-Tiefe. 

Anders als der Name des Fonds vermuten lässt, handelt es sich nicht um eine reine Growth-Strategie. Der Fondsmanager sucht im Wesentlichen nach Qualitätsunternehmen, die zu attraktiven Bewertungen gehandelt werden, aber er investiert auch taktisch in teurere Aktien mit höherem Wachstum sowie in Unternehmen mit niedriger Qualität und günstigen Bewertungen. Diese beiden letzteren Strategien machen bis zu einem Viertel des Fondsvermögens aus. 

Wir glauben zwar, dass diese heterogene Strategie den Fonds weniger berechenbar macht als andere Quality-Portfolios, aber es ermöglicht Siddle, Gelegenheiten in unterschiedlichen Marktumfeldern wahrzunehmen. So wird beispielsweise der derzeit hohe Anteil des Portfolios im Energiesektor von den nach Ansicht des Managers günstigen Bewertungen und nicht von der intrinsischen Qualität der Geschäftsmodelle in diesem Sektor bestimmt. Alles in allem bleibt die Aktienauswahl hier der wichtigste Performance-Treiber. 

Indes hindert das große Vermögen die Fähigkeit des Managers, den Fonds stärker auf Nebenwerte auszurichten. Der Fonds ist zwar weniger wendig als andere Fonds, aber dennoch hat diese auf Standardwerte ausgerichtete Strategie Anlegern langfristig relativ solide Ergebnisse gebracht, was zeigt, dass der Manager die enormen Ressourcen, die ihm zur Verfügung stehen, gut genutzt hat. 

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Die Analysen in diesem Artikel basieren auf unserem Tool für professionelle Anleger. Weitere Informationen zu Morningstar Direct erhalten Sie hier

Die in diesem Artikel enthaltenen Informationen dienen ausschließlich zu Bildungs- und Informationszwecken. Sie sind weder als Aufforderung noch als Anreiz zum Kauf oder Verkauf eines Wertpapiers oder Finanzinstruments zu verstehen. Die in diesem Artikel enthaltenen Informationen sollten nicht als alleinige Quelle für Anlageentscheidungen verwendet werden.

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Über den Autor

Ali Masarwah

Ali Masarwah  Ali Masarwah war von 2011 bis Frühjahr 2021 als Chefredakteur für die deutschsprachigen Anleger Websites von Morningstar verantwortlich