Finanzregulierung 2013 – das Aus für freie Finanzberater?

Die Flucht unter ein Haftungsdach ist nicht notwendigerweise die Konsequenz für freie Finanzvermittler, meint Vertriebsexperte Rainer Juretzek in einem Gastkommentar. 

Ali Masarwah 28.08.2012
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Jeder der über Finanzanlagen berät und diese schließlich vermittelt, ist Finanzanlagenvermittler und unterfällt dem §34 f GewO. Näheres regelt die Finanzvermittlerverordnung (FinVermV). Die dort niedergelegten Regelungen wurden praktisch eins zu eins aus dem Wertpapierhandelsgesetz übernommen. In der FinVermV, die ab dem 1.1.2013 gilt, wird der Prozess der Finanzvermittlung vom Erstkontakt mit dem Kunden bis zum Abschluss des Geschäfts ausführlich geregelt.

Damit wird jetzt explizit dargelegt, wie der Beratungsprozess, der zum Abschluss einer Finanzanlagenvermittlung führt, konkret auszusehen hat.

Er gliedert sich in 5 Teile:

1. Welches sind die Ziele und Wünsche, die der Kunde mit der Anlage seines Kapitals verfolgt?

2. Wie steht dies zum tatsächlichen Bedarf des Kunden (Bedarfsanalyse) und welches Risiko kann er auf sich nehmen (Risikotragfähigkeit).

3. Kundenbedarfsgerechte und risikoadjustierte Produktauswahl.

4. Information (verständliche Aufklärung) des Kunden über das/die vorgeschlagene/n Produkt/e.

5. Vertragsabschluss und Dokumentation des Beratungs- / Vermittlungsprozesses.


Insbesondere im § 16 der FinVermV finden sich Anweisungen, wie der Prozess der Finanzproduktvermittlung erfolgen soll. Dass dies keine bloße Absichtserklärung des Gesetzgebers ist, wird in den Ausführungen des § 24 FinVermV deutlich, der eine korrespondierende Prüfpflicht einführt. Gegenüber der bisherigen MABV Prüfung erstreckt sich diese Prüfpflicht jetzt auf den gesamten Prozess, der zum Abschluss oder Nichtabschluss einer Finanzproduktvermittlung führt.

Wie sehen also die Konsequenzen für den einzelnen Finanzdienstleister für die Berufsausübung ab dem 1.1.2013 aus?

Können die ab 2013 auch für den Finanzvermittler geltenden Organisationspflichten des WpHG (Anzeigepflichten, Aufzeichnungspflichten, Aufbewahrungspflichten, Bestellung eines Prüfers, Mitarbeiterüberwachung) mit dem zusätzlich entstehenden bürokratischen Aufwand, der bisher so nicht vorhanden war, vom einzelnen Finanzdienstleister geleistet werden?

Daraus entstehen zusätzliche Kosten und auch zusätzlicher Zeitaufwand mit dem Kunden bis zum Abschluss des Geschäfts. Dies führt aber nicht notwendigerweise dazu, dass sich der Finanzdienstleister unter ein Haftungsdach begeben muss. Ein professioneller, gut organisierter und d.h. auch effizienter Beratungsprozess, lässt sich mit vergleichsweise geringen Kosten installieren. Wer sich rechtzeitig positioniert, hat nachhaltig positive Zukunftsperspektiven!

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Der Gastautor ist öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für Kapitalanlagen u. private Finanzplanung (IHK) und Geschäftsführer der Europäischen Akademie für Finanzplanung, www. eafp.com

Die in diesem Artikel enthaltenen Informationen dienen ausschließlich zu Bildungs- und Informationszwecken. Sie sind weder als Aufforderung noch als Anreiz zum Kauf oder Verkauf eines Wertpapiers oder Finanzinstruments zu verstehen. Die in diesem Artikel enthaltenen Informationen sollten nicht als alleinige Quelle für Anlageentscheidungen verwendet werden.

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Über den Autor

Ali Masarwah

Ali Masarwah  Ali Masarwah war von 2011 bis Frühjahr 2021 als Chefredakteur für die deutschsprachigen Anleger Websites von Morningstar verantwortlich