Wohin mit dem Geld? Anleger nach FED-Entscheid in der Zwickmühle

Wir haben uns angeschaut, wie Anleger auf die neuerlichen Beruhigungspillen der Notenbanken reagiert haben. Europa- und Euroland-Aktien als sichere Bank? Morningstar-Fondsabsatzdaten im September.

Ali Masarwah 28.10.2013
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Die Entscheidung der US-Notenbank im September, ihr Anleihenrückkaufprogramm nun doch nicht kurzfristig zu drosseln sowie die Ankündigung der Europäischen Zentralbank, auf absehbare Zeit die Zinsen niedrig zu halten, dürften bei vielen Fondsinvestoren zwiespältige Gefühle ausgelöst haben. Seitdem im Frühsommer klar wurde, dass angesichts des anspringenden Wachstums dies- und jenseits des Atlantik die extrem expansive Geldpolitik endlich ist, haben Anleger ein Zinsanstiegsszenario „gespielt“. Im dritten Quartal lässt sich dies klar am Investitionsverhalten ablesen: Fonds für zinssensitive US-Bonds werden abgestoßen, und Schwellenländerpapiere werden in einem ähnlich atemberaubenden Tempo verkauft, wie sie zuvor gekauft worden waren.

Kommt jetzt die Rolle rückwärts? Werfen Investoren nunmehr ihre Vorsicht über Bord und kehren zu Risikopapieren zurück, jetzt, wo die Fed und die EZB angekündigt haben, die Märkte zunächst weiter mit billigem Geld zu dopen? Nicht ganz. Die Morningstar-Absatzdaten für den vergangenen Monat zeigen, dass Anleger nach wie vor Zinsrisiken und illiquidere Wertpapierfonds meiden. Zugleich ist das Niveau der Mittelzuflüsse im September in Langfristanlagen gegenüber den Vormonaten deutlich gesunken. Der europäische Investor gibt sich also vorsichtig. Einerseits.

Andererseits such Investoren nach wie vor gezielt Risiken in Bereichen, die für sie lohnend bzw. relativ risikoarm erscheinen. Im September wurden in substanziellem Umfang europäische und Euroland-Aktien gesucht, zwei ehemals extrem unbeliebte Marktsegmente, die vor allem in der Hochphase der Euroland-Krise 2010 bis 2012 unter hohen Mittelabflüssen gelitten haben. Zudem stehen Hochzins-Bonds nach wie vor oben auf der Kaufliste von einkommenshungrigen Anlegern, die nunmehr die amtliche Bestätigung dafür bekommen haben, dass bei Staatsanleihen längerfristig allenfalls Minizinsen zu erwarten sind.

Wie die untere Tabelle zeigt, waren Aktien per Saldo im September nachgefragt, während die offenbar nicht zerstreuten Bedenken über steigende Zinsen Bond-Fonds Abflüsse bescherten. Mischfonds sowie alternative Fonds waren gesucht, wobei die September-Zuflüsse vergleichsweise gedämpft waren. Dies gilt für Langfristfonds, die im September nur noch Nettozuflüsse von 3,71 Milliarden Euro verzeichneten.

Geldmarktfonds mussten indes knapp 25 Milliarden Euro an Abflüssen hinnehmen, das höchste Niveau in einem Monat seit Juni 2009.  

Tabelle: Abflüsse in Bond-Fonds egalisieren Zuflüsse in Aktienfonds

 

Stand: 30.9.2013, Quelle aller Tabellen: Morningstar Direct

Ein Blick auf die am stärksten nachgefragten Fondskategorien im September zeigt eindrucksvoll das Comeback von Europa-Aktien, die vier der fünf Morningstar Kategorien mit den höchsten Zuflüssen stellten. Während Fonds für europäische Standardwerte (blend) und flexible Europafonds bereits seit einigen Monaten Nettozuflüsse verbuchen konnten, ist die positive Absatzleistung bei Eurozonenfonds ein noch relativ junges Phänomen.

Die hohen Zuflüsse in amerikanische und globale Hochzinsfonds sowie die starke Nachfrage nach globalen Aktienfonds, vor allem nach Dividendenstrategien, stehen indes für die Kontinuität des Anlegerverhaltens im September.  

Tabelle: Die am stärksten nachgefragten Fondskategorien im September

Die Morningstar-Fondskategorien mit den höchsten Abflüsse im September liefern Zeugnis über die unveränderten Erwartungen über steigende Zinsen in den USA ab – diversifizierte US-Dollar-Bondfonds waren die unbeliebteste Morningstar-Kategorie. Die unverändert hohen Abflüsse aus Schwellenländerfonds sowie aus globalen Rentenfonds (die üblicherweise in guten Teilen in Schwellenländer-Bonds investieren) stehen zudem für die Erwartung der Anleger, dass steigende Zinsen in den USA negative Folgen für Schwellenländer haben werden. Auch das spiegelt den Absatztrend des gesamten dritten Quartals wider.

Tabelle: Die Fondskategorien mit den höchsten Abflüssen

Diese Trends spiegeln sich auch bei den größten Fondsvehikeln in Europa wider. Die beiden größten Wertpapierfonds in Europa, der Templeton Global Bond sowie sein „kleinerer Bruder“ Templeton Global Total Return, mussten substanzielle Abflüsse hinnehmen, auch wenn die beiden von Michael Hasenstab verantworteten Fonds, die Morningstar Analyst Ratings von „Silver“ bzw „Bronze“ tragen, die Vergleichsgruppe der global anlegenden Rentenfonds in diesem Jahr deutlich übertreffen konnten (und dabei absolut gesehen Verluste hinnehmen mussten).

Die höchsten Mittelabflüsse verzeichnete im September der PIMCO GIS Total Return Bond Fund. Die von Bill Gross verantwortete Strategie musste Nettomittelabflüsse von 1,46 Milliarden Euro hinnehmen. Damit hat der Fonds, der das Morningstar Rating „Gold“ inne hält, in den ersten neun Monaten dieses Jahres 6,47 Milliarden Euro an Abflüssen hinnehmen. Allein in diesem Quartal büßte der Fonds gut 16 Prozent seines Fondsvermögens ein. Seit Jahresanfang beliefen sich die Mittelabflüsse auf 25 Prozent des per Ultimo 2012 gemessenen Fondsvolumens.

Tabelle: Die Absatzbilanz der größten Wertpapierfonds in Europa

Mit Blick auf die erfolgreichsten Fondsanbieter im September stachen erneut BlackRock, Nordea und JPMorgan positiv hervor. Die drei Fondsanbieter verzeichneten zugleich das beste Absatzergebnis im dritten Quartal. Relativ gesehen machte der US-Fondsanbieter Neuberger Berman mit einer Wachstumsrate von 18 Prozent beim Fondsvermögen in diesem Quartal den höchsten Sprung nach vorne.

Tabelle: Die erfolgreichsten Fondsanbieter im September

Die Liste der am wenigsten erfolgreichen Anbieter setzte sich im September logischerweise aus den Anbietern zusammen, die stark bei US-Bonds und Emerging Markets vertreten sind, vor allem betrifft dies PIMCO bzw. Aberdeen und State Street.

Tabelle: Die Fondsanbieter mit den höchsten Abflüssen im September

 

Die in diesem Artikel enthaltenen Informationen dienen ausschließlich zu Bildungs- und Informationszwecken. Sie sind weder als Aufforderung noch als Anreiz zum Kauf oder Verkauf eines Wertpapiers oder Finanzinstruments zu verstehen. Die in diesem Artikel enthaltenen Informationen sollten nicht als alleinige Quelle für Anlageentscheidungen verwendet werden.

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Über den Autor

Ali Masarwah

Ali Masarwah  Ali Masarwah war von 2011 bis Frühjahr 2021 als Chefredakteur für die deutschsprachigen Anleger Websites von Morningstar verantwortlich