Sind Sie ein Dynamiker?

Dass die Asset Allokation eine entscheidende Bedeutung für die Performance eines Portfolios hat, ist klar. Doch wie aktiv sollen Anleger umschichten? Wir haben nachgerechnet.

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Dynamische oder starre Portfolio-Strategie

Heutzutage sind die meisten Portfolios in mindestens einer Risikoanlageklasse, wie z.B. Aktien, investiert. Da Kursbewegungen den Wert dieser Risikoanlageklasse beeinflussen, sollten sich Investoren die Frage stellen, wie sie mit derartigen Kursschwankungen umgehen wollen. Generell haben Investoren hierfür eine Auswahl an Strategien, die genau auf diese Kursbewegungen reagieren. Hierzu gehört die „Buy-and-Hold“-, die „Constant-Mix“-und die CPPI-Strategie (Constant-proportion portfolio insurance).

Zusätzlich gibt es noch die sogenannte „Option-based portfolio insurance“ – Strategie. Da hierfür aber der Einsatz von Optionen nötig ist und es eher für einen kürzeren Anlagezeitraum geeignet ist, kommt dieser Ansatz für die meisten Anleger nicht in Frage und wird daher an dieser Stelle nicht weiter diskutiert.

 „Buy-and-Hold“-Strategie

Bei einer „Buy-and-Hold“-Strategie wählt der Investor eine Startallokation und investiert zum Beispiel 60% in Aktien und 40% in den Geldmarkt. Wie der Name der Strategie bereits verrät, wird hier nur einmal gekauft und dann während des gesamten Anlagezeitraums nicht mehr umgeschichtet – kurz gesagt: Der Anleger kann sich also auf die faule Haut legen. Die Strategie ist daher sehr einfach zu implementieren und zu analysieren.

Nachstehendes Beispiel hebt ein paar Eigenschaften dieser im Folgenden idealtypisch dargestellten Strategie hervor. Zum einen verhält sich der Portfoliowert linear zum Aktienmarkt. Bei einer 60/40 Ausgangsposition steigt der Portfoliowert bei jedem Euro Aktiengewinn um 60 Cent. Darüber hinaus ist das Portfolio immer mindestens so viel Wert, wie die ursprüngliche Geldmarktanlage. Nach obenhin nimmt das Portfolio jedoch unbegrenzt an der Wertentwicklung des Aktienmarktes teil. Je größer das anfängliche Aktieninvestment, desto besser die Rendite in Bullenmärkten und desto schlechter in Bärenmärkten. Die Risikotoleranz des Investors wird Null, sobald das Gesamtvermögen um 60% gefallen ist, da in diesem Fall die Aktienquote 0% beträgt.

 

Constant-Mix Strategie

Bei dieser Strategie wird das Portfolio regelmäßig dergestalt umgeschichtet, dass der Aktienanteil am Portfolio konstant bleibt; in unserem Fall nehmen wir wieder eine Aktienquote von 60% an. Die Risikotoleranz bei dieser Strategie variiert proportional zum Vermögen, da unabhängig vom Aktienmarkt immer ein konstanter Anteil in Aktien gehalten wird. Es handelt sich also um eine dynamische Strategie, bei der der Investor regelmäßig aktiv werden muss. Anders ausgedrückt: Anleger müssen Aktien kaufen, wenn der Aktienmarkt fällt und verkaufen, wenn er steigt – es wird also antizyklisch gehandelt.

Die  verdeutlicht, dass die Buy-and-Hold-Strategie immer besser zu sein scheint als die Constant-Mix-Strategie, ungeachtet davon, ob der Aktienmarkt steigt oder fällt. Es stellt sich also die Frage, warum jemand überhaupt die Constant-Mix-Strategie verfolgen sollte. Im nächsten Abschnitt werden wir sehen, dass beide Strategien Pfadabhängig sind und es daher sehr wohl Unterschiede gibt. 

Volatilitätseffekt

Bis jetzt haben wir uns nur angeschaut, was passiert, wenn der Markt kontinuierlich steigt oder fällt. In der Realität bewegt sich der Aktienmarkt jedoch nicht linear – er ist also volatil. Und genau diese Eigenschaft wirkt sich positiv auf die Constant-Mix-Strategie aus.

Ein einfaches Beispiel soll das verdeutlichen. Angenommen, der Index steht bei 100 Punkten, fällt auf 90 und steigt dann wieder auf sein Ausgangsniveau. Ein Buy-and-Hold-Investor hat am Ende des Tages dasselbe Vermögen, mit dem er begonnen hat. Bei einem Constant-Mix-Investor schaut die Sache schon wieder anders aus. Fällt der Markt von 100 auf 90 Zähler, dann fällt das Portfolio auf 94 (unter unserer Annahme einer 60/40-Allokation). Um die ursprüngliche 60/40 Aufteilung wieder herzustellen, muss der Investor Aktien kaufen. Das neue Portfolio ist nun zu €56,40 in Aktien und zu €37,60 im Geldmarkt investiert. Steigt der Aktienmarkt nun wieder von 90 auf 100 Punkte, wächst das Portfolio auf 100,27. In einem volatilen Markt ist die Constant-Mix-Strategie daher vorteilhaft.

Generell profitieren solche Strategien von der Volatilität, die kaufen, wenn der Markt fällt und verkaufen, wenn der Markt steigt. Daher outperformt eine Constant-Mix-Strategie eine vergleichbare Buy-and-Hold-Strategie in volatilen Seitwärtsmärkten. Je größer die Marktschwankungen, desto stärker dieser Effekt.

Der Wert des Portfolios einer Constant-Mix-Strategie nach mehrmaligen Umschichten hängt zum einen vom Endwert des Aktienmarkts ab, zum anderen ist die Strategie pfadabhängig; es kommt also darauf an, wie der Aktienmarkt verläuft. In starken Bullen- oder Bärenmärkten, die nur geringe und seltene Trendwenden aufweisen,  sind hingegen Buy-and-Hold-Strategien der bessere Ansatz.

Constant-Proportion-Portfolio-Insurance (CPPI) Strategie

Startpunkt bei dieser Strategie ist die Wahl eines Multiplikators und einer Portfoliountergrenze, unter den der Portfoliowert nicht fallen darf. Diese Untergrenze wächst im Laufe der Zeit parallel zum Geldmarkt und muss zu Beginn unter dem Portfoliowert liegen. Die Differenz zwischen der Untergrenze und dem Portfoliowert wird als Puffer bezeichnet.  Die CPPI-Strategie verfolgt die Zielsetzung, eine konstante Aktienquote relativ zu einem Vielfachen (dem Multiplikator) des Puffers zu halten. Sprich, je höher der Multiplikator, desto höher die Aktienquote. Folgende Formel wird hierzu verwendet:

Aktieninvestment = Multiplikator m * (Vermögen – Untergrenze)

Investoren haben hierbei null Risikotoleranz unterhalb der eigens gewählten Untergrenze. Gleichzeitig wächst die Risikotoleranz über der Untergrenze schneller als bei einer Buy-and-Hold Strategie. Die Eigenschaften der Strategie sind im Folgenden wieder idealtypisch in einer Graphik dargestellt.

Streng genommen ist eine Buy-and-Hold Strategie eine CPPI-Strategie mit einem Multiplikator von 1 und einer Untergrenze im Wert des Geldmarktanteils. Aber auch die Constant-Mix Strategie ist ein Sonderfall der CPPI-Strategie mit einer Untergrenze von 0 und einem Multiplikator zwischen 0 und 1, der dem prozentualen Aktienanteil des Portfolios entspricht (in unserem Fall 0,6).

Generell gilt: Die CPPI-Strategie verkauft Aktien, wenn diese fallen und kauft bei steigenden Kursen. Dabei performt die Strategie mindestens so gut wie die gewählte Untergrenze. Dies trifft auch in einem starken Bärenmarkt zu, da die Strategie in fallenden Märkten die Aktienquote kontinuierlich so lange reduziert, bis das Portfolio nur noch im Geldmarkt investiert ist. Nur wenn der Markt so schnell fällt, dass man keine Gelegenheit bekommt, das Portfolio umzuschichten, kann der Portfoliowert unter die Untergrenze fallen. Wie stark der Markt fallen kann/darf, hängt vom gewählten Multiplikator ab. Bei einem Multiplikator von m=2 kann der Markt jedoch 1/m=50% vor dem nächsten Rebalancing fallen, bevor die Untergrenze in Gefahr ist. Der größte Nachteil der CPPI-Strategie ist die Schwierigkeit, den richtigen Wiedereinstieg zu finden, sobald das Portfolio 100% im Geldmarkt investiert ist. Hier liegt es dann im Ermessen des Investors, die Aktienquote sukzessive wieder hochzuschrauben.

In einem Bullenmarkt profitiert die Strategie im Vergleich zur Buy-and-Hold und Constant-Mix-Strategie überproportional von steigenden Märkten, da der Aktienanteil sukzessive erhöht wird, indem Aktien kontinuierlich zugekauft werden. Genauso wie die Constant-Mix Strategie funktioniert die CPPI-Strategie in Seitwärtsmärkten nicht sonderlich gut. Trendwenden schaden der CPPI-Strategie, da Aktien gekauft werden, wenn der Aktienmarkt steigt, nur um sie kurz später bei fallenden Kursen wieder abzustoßen.

Die Crux mit dem Rebalancing

Neben der Frage, welche Strategie verfolgt werden soll, stellt sich zudem die Frage, wann das Portfolio umgeschichtet wird. Bei der Buy-and-Hold Strategie ist die Frage schnell beantwortet – nämlich gar nicht. Anders ist das bei der Constant-Mix- und der CPPI-Strategie. Wann bzw. wie oft umgeschichtet wird, hat einen großen Einfluss auf die Eigenschaften der Strategien. Bei der CPPI-Strategie wählt man einen Multiplikator und eine Untergrenze für das Anfangsportfolio. Im Laufe der Zeit kann man die Untergrenze z.B. anpassen, so dass sie immer eine konstante Quote des Vermögens darstellt, z.B. immer 80%. Durch diesen Ansatz verwandeln wir die CPPI in eine Constant-Mix Strategie, die keine integrierte Portfolioabsicherung hat. Investoren sollten also bei der Wahl des Rebalancing immer die Eigenschaften der jeweiligen Strategie im Auge behalten.

Oft wird eine Strategie samt Parameter ausgewählt und die Faktoren (z.B. Untergrenze und Multiplikator) in fallenden und seitwärts Märkte konstant gehalten. In steigenden Märkten wird hingegen die Untergrenze sukzessive angehoben um Gewinne abzusichern. Darüber hinaus kann das Portfolio entweder in bestimmten Zeitintervallen (z.B. monatlich) angepasst werden oder sobald der Markt um mehr als einen bestimmten Prozentsatz steigt/fällt (z.B. +/- 10%). Die richtige Wahl hängt vom individuellen Risiko-Rendite-Profil ab; aber auch die Handelskosten sollten im Auge behalten werden.

 

 

Die in diesem Artikel enthaltenen Informationen dienen ausschließlich zu Bildungs- und Informationszwecken. Sie sind weder als Aufforderung noch als Anreiz zum Kauf oder Verkauf eines Wertpapiers oder Finanzinstruments zu verstehen. Die in diesem Artikel enthaltenen Informationen sollten nicht als alleinige Quelle für Anlageentscheidungen verwendet werden.

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Über den Autor

Gordon Rose, CIIA, CAIA,

Gordon Rose, CIIA, CAIA,  war von 2011 bis 2014 Fondsanalyst bei Morningstar.