Welchen Hebel setzen die Banken heute ein?

Was ist eigentlich mit den Konsolidierungsbemühungen bei den Verursachern der Finanzkrise? Der dritte und letzte Teil unserer Serie zum Entschuldungsprozess der europäischen Unternehmen.

Erin Davis 27.03.2013
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Nachdem wir die Entschuldungsanstrengungen bei Rohstoff- und Konsumgüterherstellern angeschaut (lesen Sie hier) und danach einen Blick auf Automobilhersteller und Telekoms geworfen haben (lesen Sie hier weiter), runden wir den europäischen Branchen-Überblick mit dem Bankensektor ab. Wir erinnern uns, dass die exzessive Verschuldung bei den Banken einer der wichtigen Verursacher der Finanzkrise war. Wo stehen die europäischen Banken heute?

Vorweg die gute Nachricht. Die Banken haben den Einsatz von Fremdkapital seit Beginn der Finanzkrise deutlich reduziert. Dies zeigt der Blick auf die Entwicklung des Gross Leverage bei europäischen Banken seit 2007*, der von dem Faktor 42 (2008) auf 27 per Ende 2012 gesunken ist. Dieser Trend dürfte sich in den kommenden Jahren fortstetzen, wenn auch nicht in dem bisherigen Tempo.

Begleitet wurde die Konsolidierung von einem Anstieg bei der so genannten Kernkapitalquote. Diese, nicht unumstrittene Kennzahl, auch Tier 1 Capital oder Tier 1 Ratings genannt, sagt im wesentlichen aus, welcher Anteil der Aktiva (v.a. Kredite) ausfallen müsste, bevor das Eigenkapital aufgezehrt ist. Die untere Grafik zeigt, dass das Tier 1 Kapital per Ende 2012 bei knapp 15% lag.  

Die schlechte Nachricht ist, dass auch eine hohe Kernkapitalquote nicht unbedingt etwas über die tatsächliche Risikotragfähigkeit eines Instituts in Krisenzeiten aussagt. Wir erinnern uns, dass die europäischen Banken am Vorabend der Finanzkrise per Ende 2007 eine Tier 1-Kapitalquote von 8,2% im Durchschnitt aufwiesen, was im Durchschnitt mehr als doppelte der regulatorischen Erfordernisse (nach Basel II) entsprach. Was danach passierte, muss nicht groß ausgeführt werden: Die zahlreichen staatlichen Rettungsaktionen, Kapitalerhöhungen und Abwicklungen, die ab 2008 erfolgten, sind Legende. 

Und wie sieht der Ausblick aus? Unter dem neuen Regime von Basel III wurden die Eigenkapitalanforderungen an die Banken erhöht, bis 2019 muss das regulatorische Mindestkapital von 4 auf 6% erhöht werden. Hinzu kommen zusätzliche erforderliche Kapitalpuffer, die besonders hoch ausfallen bei systemrelevanten Banken. Angesichts der Erfahrungen der Vergangenheit beruhigt das nur in eingeschränktem Maße. Auch unter den Regeln von Basel III wird die Höhe des regulatorischen Kapitals nicht die wahren Risiken, die im Portfolio der Banken schlummern, widerspiegeln. Allerdings muss hervorgehoben werden, dass die europäischen Banken ihre Bilanzen seit 2007 deutlich gestärkt und einen weiten Weg beim Abbau ihrer zuvor exzessiven Verschuldung gegangen sind. 

 

* Das Sample umfasst Barclays, BNP Paribas, Commerzbank, Credit Agricole, Credit Suisse, Deutsche Bank, HSBC, Lloyds Banking Group (vormals Lloyds TSB), Royal Bank of Scotland, Societe Generale und UBS.

 

 

 

Die in diesem Artikel enthaltenen Informationen dienen ausschließlich zu Bildungs- und Informationszwecken. Sie sind weder als Aufforderung noch als Anreiz zum Kauf oder Verkauf eines Wertpapiers oder Finanzinstruments zu verstehen. Die in diesem Artikel enthaltenen Informationen sollten nicht als alleinige Quelle für Anlageentscheidungen verwendet werden.

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Über den Autor

Erin Davis  Erin Davis is a senior stock analyst for Morningstar.