INTERVIEW: „Die Finanztransaktionssteuer ist der falsche Weg“

Frank Schäffler (FDP), Mitglied im Finanzausschuss des Deutschen Bundestags, lehnt die geplante Finanztransaktionssteuer ab und fordert die konsequente Anwendung des Haftungsprinzips. 

Ali Masarwah 13.06.2012
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Die Finanztransaktionssteuer hat im Zuge des Fiskalpakts wieder Eingang in die politische Agenda in Deutschland gefunden. Ein Interview mit Frank Schäffler (FDP), Mitglied im Finanzausschuss des Deutschen Bundestags, über die Finanztransaktionssteuer.


Herr Schäffler, die Opposition im Bundestag macht ihre Zustimmung zum Fiskalpakt von der Einführung der Finanztransaktionssteuer abhängig, Bundeskanzlerin Merkel hat versprochen, sich für die Einführung der Börsen-Umsatzsteuer auf europäischer Ebene einzusetzen. Sie gelten als Kritiker der Finanztransaktionssteuer. Warum?


Die Erfinder der Steuer geben sich überzeugt, dass sie damit künftige Finanzmarktkrisen verhindern können. Das glaube ich nicht, denn die Finanzkrise hat nichts damit zu tun, wie oft ein Finanzprodukt umgeschlagen wird. Ursache der Finanzkrise ist die Politik des billigen Geldes der Notenbanken. Es ist viel Liquidität geschaffen worden, und die hat Anlagemöglichkeiten gesucht. Kapital wurde fehlallokiert , Blasen haben sich gebildet und sind geplatzt. Die  Finanztransaktionssteuer ist aber der falsche Weg, das zu korrigieren. Im Ergebnis wäre sie nur eine zusätzliche Einnahmequelle für den Staat. Das wiederum unterläuft die Sparkultur in Deutschland, und deshalb lehne ich sie ab.


Stichwort Sparkultur: Die Finanztransaktionssteuer benachteiligt bei Investmentfonds langfristig orientierte Anleger, weil diese die Transaktionen von Kurzfristanlegern mit bezahlen. Wer einen Fonds also lange bespart, wird im Ergebnis bestraft. Gerecht ist das doch nicht.


Nein, aber um Gerechtigkeit für den Sparer geht es den Befürwortern der Finanztransaktionssteuer ja auch nicht, die im Wesentlichen im linken politischen Spektrum zuhause sind. Denen geht es darum, wie man dem Staat neue Einnahmen besorgt, mit denen er dann neue Aufgaben übernehmen kann - die wir heute im Übrigen noch nicht kennen. Mich ärgert ein wenig, dass es relativ wenig Widerstand im bürgerlichen Lager gegen diese neue Umsatzsteuer gibt, denn schließlich werden sie das bezahlen, ebenso wie Kleinsparer, die eine Lebensversicherung oder einen Fonds besitzen. Die Bevölkerung wird ohnehin über die Inflation künftig enteignet werden. Gerecht ist das Ganze also nicht.


Wäre denn die Stempelsteuer nach dem britischen Modell, wie sie Ihre Partei ins Spiel gebracht hat, eine bessere Lösung?


Wir haben in Deutschland im Jahr 1992 die Börsenumsatzsteuer aus gutem Grund abgeschafft. Der Vorschlag einer Stempelsteuer nach britischem Vorbild war ein Kompromissvorschlag von Rainer Brüderle (Vorsitzender der FDP-Bundestagsfraktion), von dem er geglaubt hat, er könne die Opposition besänftigen. Das ist nicht gelungen. Die britische Stempelsteuer ist löchrig wie ein Schweizer Käse, insofern hätte sie weniger schädliche Auswirkungen als die Finanztransaktionssteuer, aber eine ideale Lösung ist sie nicht. Letztlich hätte auch diese Steuer eine Lenkungsfunktion und würde die Preise von Produkten manipulieren.


Sie konzedieren immerhin, dass die Befürworter der Finanztransaktionssteuer Finanzkrisen künftig verhindern wollen. Wenn die Finanztransaktionssteuer der falsche Weg ist, was wäre dann der richtige?


Es geht um das Haftungsprinzip. Wer Risiken eingeht, muss im Zweifel haften. Auch Banken müssen künftig für Fehler gerade stehen. Aber es haben eben nicht alle Banken und nicht alle Anleger schlecht gewirtschaftet oder falsch investiert, sondern nur einige. Und die sollen natürlich haften, aber nicht alle Sparer und alle Banken. Das Haftungsprinzip darf nicht sozialisiert werden, was ja bei der Finanztransaktionssteuer der Fall wäre. Deshalb ist sie sozial nicht gerecht.

Die in diesem Artikel enthaltenen Informationen dienen ausschließlich zu Bildungs- und Informationszwecken. Sie sind weder als Aufforderung noch als Anreiz zum Kauf oder Verkauf eines Wertpapiers oder Finanzinstruments zu verstehen. Die in diesem Artikel enthaltenen Informationen sollten nicht als alleinige Quelle für Anlageentscheidungen verwendet werden.

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Über den Autor

Ali Masarwah

Ali Masarwah  Ali Masarwah war von 2011 bis Frühjahr 2021 als Chefredakteur für die deutschsprachigen Anleger Websites von Morningstar verantwortlich