Zollchaos und Zinssenkungen treiben Anleger in Kurzläufer und Mischfonds

Im April flossen Milliarden aus ESG-Fonds und US-Techstrategien ab. Gefragt waren kurzfristige Anleihen und global gestreute Large Caps.

Antje Schiffler 30.05.2025
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Collage of a half pie chart with a calculator, and icons of a portfolio, stock ticker, and math symbols in the background.

Nach einem volatilen ersten Quartal 2025 mit geopolitischen Spannungen und steigender Nervosität über mögliche US-Zölle begann der April mit einem Paukenschlag für Anleger, als US-Präsident Donald Trump am 2. April seine Vorstellungen zu den Zöllen bekanntgab. In diesem Umfeld richtete sich die Nachfrage der europäischen Anleger zunehmend auf kurzfristige Anleihen, weltweite Aktienindizes – allerdings ohne ESG-Label und US-Tech-Aktien – sowie ausgewogene Mischfonds. Gemieden wurden ESG-Strategien und spekulativere High-Yield-Produkte sowie US-Aktien mit niedrigerer Marktkapitalisierung.

Dieses Bild spiegeln auch die Mittelzuflüsse und -abflüsse der vier großen deutschen Asset Manager – DWS, Union Investment, Allianz Global Investors und Deka – wider. Betrachtet haben wir für die Auswertung die in Europa domizilierten, langfristigen Fonds der Anbieter – exklusive Dachfonds, Feeder-Funds und Geldmarktfonds - zum Stichtag 30. April.

Quer durch die Bank verzeichneten sie einen schlechten Auftakt ins zweite Quartal mit Nettomittelabflüssen. DWS/Xtrackers verzeichnete im April Nettomittelabflüsse von rund 298 Millionen Euro. Allerdings ist das Bild differenziert: So konnte die DWS im April Zuflüsse in Höhe von 1,1 Milliarden Euro netto verbuchen. Die Rücknahmen betrafen indes XTrackers, die globale Plattform für ETFs und ETCs der DWS. Sie verzeichnete im Berichtsmonat Nettomittelabflüsse in Höhe von 1,4 Milliarden Euro - eine Umkehr der sonst hohen Nachfrage nach passiven Produkten.

Im Einklang mit der Vorliebe europäischer Anleger für ETFs waren die Xtrackers-Produkte in den letzten Monaten das Zugpferd im Hause DWS: Die Bilanz seit Jahresbeginn ist mit Zuflüssen in Höhe von 4,5 Milliarden Euro und 23,4 Milliarden Euro in den letzten 12 Monaten weiterhin deutlich positiv.

Union Investment verzeichnete im April Abflüsse von 726 Millionen Euro, bleibt aber im laufenden Jahr mit 1,3 Milliarden Euro im Plus. Der langfristige Trend zeigt sich robust: In den letzten zwölf Monaten sammelte Union über 9,4 Milliarden Euro ein.

Auch Deka musste mit 123 Millionen Euro einen leichten Rückschlag hinnehmen. Dennoch steht die Jahresbilanz bei 2,6 Milliarden Euro netto, und auf Sicht von zwölf Monaten kamen über 6,7 Milliarden Euro an frischem Kapital hinzu – insbesondere durch defensiv ausgerichtete Fonds.

Deutlich stärker traf es Allianz Global Investors: Der Vermögensverwalter verbuchte im April Abflüsse in Höhe von 947 Millionen Euro – der höchste Wert unter den vier Häusern. Dennoch ist das Jahr 2025 bislang positiv verlaufen, mit 2,8 Milliarden Euro an Nettozuflüssen, während sich das Zwölfmonatsplus auf 4,7 Milliarden Euro beläuft.

Die beliebtesten Fonds im April: Kurzläufer und globale Diversifikation

Anleger zeigten im April eine klare Präferenz für defensive und breit gestreute Strategien. Die beiden ultrakurzlaufenden Anleihefonds von DWS und Union Investment belegen die wachsende Nachfrage nach risikoarmen Zinspapieren mit möglichst niedriger Duration – eine Reaktion auf geldpolitische Unsicherheit und drohende Zinsvolatilität.

Die Zuflüsse in den Xtrackers MSCI World ex USA ETF wiederum zeigen: Anleger suchen weiterhin nach globaler Diversifikation, meiden aber zunehmend US-Übergewichtungen. „Zum Teil ist dies auf die Bewertungen zurückzuführen: So liegt der US-Aktienmarkt nach unseren Schätzungen nahe am fairen Wert“, sagt Michael Field, Chefstratege für europäische Märkte bei Morningstar. „Aber es spiegelt auch eine Änderung der Anlagepräferenzen und der Performance wider. Viele Großanleger haben die Ansicht geäußert, dass das politische Risiko in den USA inzwischen hoch ist und dass es einfach sinnvoll ist, sich durch ein Engagement in anderen Regionen zu diversifizieren.“

ZukunftsPlan II, ein ausgewogener Deka-Mischfonds mit bis zu 50 % Anleihe- bzw Geldmarktprodukten, konnte im April 444 Millionen Euro einsammeln – mutmaßlich auch zu Lasten von ZukunftsPlan I, der aktienlastiger ausgerichtet ist. Diese Umschichtung passt zum übergeordneten Trend: Anleger agieren zunehmend defensiv, reduzieren Aktienrisiken und bevorzugen Strategien mit kurzer Duration.

In den beiden folgenden Tabellen sind die jeweils fünf Fonds bzw. ETFs deutscher Anbieter mit den größten Zu- bzw. Abflüssen im April dargestellt.

Anleger meiden ESG und US-Technologieaktien

Auf der anderen Seite der Mittelbilanz stehen mehrere ESG-Produkte – also solche mit einem Schwerpunkt auf Umwelt, Sozialem oder Governance - sowie global ausgerichtete Aktienfonds mit hoher Volatilität.

Besonders auffällig: Drei der fünf Fonds mit den höchsten Abflüssen waren ESG-ETFs. Damit scheint sich - zumindest unter den deutschen Anlegern - eine gewisse ESG-Müdigkeit fortzusetzen. Bereits im ersten Quartal 2025 machte sich der ESG-Backlash in Abflüssen bemerkbar: Globale ESG-Fonds verzeichneten Nettoabflüsse in Höhe von 8,6 Milliarden US-Dollar, das schlechteste Quartal seit Bestehen dieser Anlagevehikel. Dies bedeutete eine drastische Kehrtwende gegenüber den bereinigten Zuflüssen von 18,1 Milliarden US-Dollar im letzten Quartal 2024, konstatiert Hortense Bioy, globale Nachhaltigkeits-Chefanalystin bei Morningstar.

Investoren scheuen Risiko und Volatilität

Auch der UniGlobal, ein langjähriger Bestseller im deutschen Retail-Markt, wurde im April stark verkauft. Der Fonds ist stark in US-Technologiewerte investiert. Allein Apple, Microsoft, Nvidia, Amazon und Meta Platforms machen zusammen etwa 18,4 % des Portfolios aus, wie Morningstar Direct Daten zeigen. Entsprechend mau sah die Performance im bisherigen Jahresverlauf aus: Über 11 % verlor die Strategie bis Ende April.

Ein Blick auf die Morningstar-Kategorien insgesamt zeigt, wie sich diese Trends im größeren Bild widerspiegeln. Für die Analyse haben wir die Kapitalflüsse für in Europa domizilierte langfristige Fonds aller Anbieter herangezogen.

Globales Aktien-Exposure, ausgewogene Allokationen und ultrakurzlaufende Anleihen: Die Anleger bevorzugen derzeit Diversifikation mit überschaubarem Risiko. Besonders bemerkenswert ist das organische Wachstum der Kategorie EUR Ultra Short-Term Bond mit +33,8 % im April – ein deutliches Zeichen, dass viele Investoren Liquidität parken wollen, aber dabei nicht ganz auf Erträge verzichten.

Anleihekategorien mit niedriger Bonität und kleinere US-Aktiensegmente litten indes unter massiven Abflüssen.


Der Autor/Autorin oder die Autoren besitzen keine Aktien der in diesem Artikel erwähnten Wertpapiere. Informieren Sie sich über die Redaktions-Richtlinien von Morningstar.

Die in diesem Artikel enthaltenen Informationen dienen ausschließlich zu Bildungs- und Informationszwecken. Sie sind weder als Aufforderung noch als Anreiz zum Kauf oder Verkauf eines Wertpapiers oder Finanzinstruments zu verstehen. Die in diesem Artikel enthaltenen Informationen sollten nicht als alleinige Quelle für Anlageentscheidungen verwendet werden.

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Über den Autor

Antje Schiffler  ist Redakteurin bei Morningstar in Frankfurt.