Das Ende der Länderfonds

Über Sinn oder Unsinn von Länderfonds läßt sich trefflich streiten. Dabei ist die Situation von Land zu Land durchaus unterschiedlich. Nach heutigem Stand jedoch werden diese Portfolios keine große Zukunft haben.

Adriaan Bonauer, 09.05.2003
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Einige Anbieter von Deutschland-Fonds sehen sich benachteiligt: Weil die Kategorisierung von Morningstar innerhalb Euroland keine Einteilung nach Ländern vorsieht, müssen sich deutsche Aktienfonds mit ihren europaweit anlegenden Konkurrenten messen lassen.

Portfolios, die mehr oder weniger ausschließlich etwa deutsche, italienische oder französische Titel kaufen, finden sich in den Kategorien Euroland Standardwerte, mittelgroß und Nebenwerte wieder. Und weil gerade deutsche Titel in den vergangenen Monaten vergleichsweise stark litten, kann die Wertentwicklung deutscher Fonds im Vergleich nicht überzeugen.

Ende 2002 finden sich 12

9 Fonds in der Morningstar Datenbank, die sich auf deutsche Dividendentitel fokussieren. Sie verlieren bis zum Jahresende nach zwölf Monaten durchschnittlich 41,4 und nach drei Jahren 54,7 Prozent. Diese Wertentwicklung ist einfach zu erklären: Nach einem Jahr ist der MSCI Deutschland der schlechteste Länderindex in Europa, nach drei Jahren der zweitschlechteste.
Investmentfonds, die per Anlageziel nur deutsche Werte kaufen dürfen, können sich einer solchen Entwicklung nur durch Absicherungsinstrumente oder eine erhöhte Barquote entziehen. Euroland-Fonds haben es da einfacher, sie können auf andere Länder ausweichen. Sondervermögen, die sich innerhalb Euroland regional einschränken, weisen generell höhere, sogenannte Länderrisiken auf.

Aus Länderfonds werden Regionenfonds

Doch nicht nur wegen der möglichen Risiken zählen Länderfonds zu den langfristigen Verlierern. Bei privaten Anlegern wie auch bei den Fondsanbietern scheint europaweit das Interesse zurückzugehen.
Beleg dafür sind die neuaufgelegten Sondervermögen. Im Jahr 2002 wurden weder in Deutschland noch in Finnland oder Spanien neue Produkte mit Schwerpunkt auf dem eigenen Land lanciert. In Italien ist dabei die Situation ähnlich wie bei uns: „Vor der Euro-Einführung spielten die Länderfonds noch eine bedeutende Rolle. Mittlerweile jedoch stehen europäische Portfolios im Zentrum des Interesses.“, so Sara Silano von Morningstar in Mailand. Viele der ehemaligen Italien-Fonds wurden in europaweit anlegende Portfolios überführt. Und auch in Frankreich machen die Länderfonds nur noch 4,8 Prozent des Gesamtmarktes aus.

Einige Länder weichen von diesem Trend ab. Im kleinen Dänemark zum Beispiel bilden die Dänemark-Fonds noch die größte Kategorie im Aktiensektor. Genauso in Schweden, wo von 341 Aktienprodukten 109 ausschließlich in schwedische Aktien investieren. Damit machen sie 23 Prozent des in Aktien angelegten Fondsvermögens aus und zehn Prozent des Fonds-Gesamtmarkts. In beiden Ländern bestehen für einen Euro-Anleger noch Währungsrisiken. Konsequenterweise gibt es deshalb eigene Kategorien.

Nicht überall ist der Trend so deutlich

Bei den Euro-Ländern jedoch sind mit der Einführung der gemeinsamen Währung diese Risiken weggefallen. Ein gewichtiger Grund, um die Portfolios in Euroland-Kategorien zusammenzufassen. Bei der Entstehung der Kategorisierung spielte die Überlegung eine Rolle, dass sich die Märkte aufgrund des Euro im Zeitverlauf zunehmend annähern.

Die meisten Fondsgesellschaften bestätigen diesen Trend mit ihrer Produktpolitik. Bei neu aufgelegten Portfolios dominieren europaweit investierende Fonds. Lediglich im Fall eines – eher unwahrscheinlichen – Auseinanderbrechens der Währungsunion wird sich diese Tendenz wieder umkehren.

Anhänger von Länderfonds stehen also auf lange Sicht auf verlorenem Posten. Es ist zwar verständlich, dass sich private Anleger zuerst für Unternehmen interessieren, die sie aus den lokalen Medien kennen. Doch eine zukunftsträchtige Investitionsstrategie läßt sich eher schwer verwirklichen. Statt einzelner Euro-Länder arbeiten die Analysten der Fondsanbieter anhand von Branchen und Sektoren. Es wird zunehmend unwichtiger, in welchem Land ein Unternehmen seinen Sitz hat, so lange es sich um eine nachhaltig profitable und wachsende Gesellschaft handelt.

In Regionen wie Nordamerika oder auch in einzelnen Schwellenländern haben die national orientierten Portfolios durchaus Sinn, wenn sich ein Anleger über Chancen und Risiken bewusst ist. Nordamerika ist die größte und wichtigste Anlageregion der Welt, dadurch sind hier Länderfonds notwendig.

Ein kleiner Lichtblick für Liebhaber von Deutschlandfonds: Nach langen Monaten startete im März wieder ein neues Portfolio mit Schwerpunkt auf kleineren hiesigen Werten, der von Hendrik Leber verwaltete Acatis Aktien Deutschland ELM.

Die in diesem Artikel enthaltenen Informationen dienen ausschließlich zu Bildungs- und Informationszwecken. Sie sind weder als Aufforderung noch als Anreiz zum Kauf oder Verkauf eines Wertpapiers oder Finanzinstruments zu verstehen. Die in diesem Artikel enthaltenen Informationen sollten nicht als alleinige Quelle für Anlageentscheidungen verwendet werden.

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