Es ginge auch anders

Die deutsche Fondsbranche leckt ihre Wunden. Mittelabflüsse bei Aktienfonds, Krise der Immobilienfonds und die Hoffnungsträger Hedgefonds liegen wie Blei in den Regalen. Doch ein großer Teil der Krise ist hausgemacht, und ließe sich auch aus eigenem Antrieb meistern. Wenn nur der Mut dazu da wäre.

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Seit einiger Zeit nun ziehen die deutschen Fondssparer Gelder aus den Aktienprodukten ab. Ein Hauptgrund dafür ist zweifelsohne das klassische, scheinbar unveränderbare Phänomen des prozyklischen Anlegerverhaltens, das sich in der prägnanten englischen Kurzformel „Buy high, sell low“ zusammenfassen lässt. Aber die Fondsbranche muss sich auch an die eigene Nase fassen. Denn deren Produktpolitik ist nicht minder prozyklisch. Immer genau das Investmentthema, welches gerade einen guten Lauf hatte, wird mit einer Flut neuer Fonds belegt. Jüngstes Beispiel waren die Hedgefonds. Kaum aber waren diese Vehikel, für die sicher längst nicht alle Fondsgesellschaften überhaupt das nötige Know-How mitbringen, lanciert, da wichen die zuvor glanzvollen Ergebnisse dieser Assetklasse ernüchternd mageren Ren

diten.

Die Energie, die in die fast wirkungslos verpuffte Vertriebsoffensive der Banken für die Dach-Hedgefonds gesteckt wurde, hätte man lieber in eine bessere Pflege der bestehenden, konventionellen Investmentfonds gesteckt, und zugleich am besten auch die Beratungsqualifikation des bankeigenen Vertriebs verbessert.

Stattdessen konzentriert man sich darauf, möglichst viel Geld für die aufgeblähten Flaggschiffe der Palette einzusammeln. Die Galionsfiguren wie etwa Klaus Kaldemorgen vom DWS Vermögensbildungsfonds I werden durch die Medien gehetzt, dass man sich schier wundert, wie viel Zeit noch für die Verwaltung des Fonds übrig bleibt. Aus Anlegersicht angebrachte Maßnahmen, wie etwa zeitweise Schließung von Fonds oder Senkung der Gebühren? Fehlanzeige. Derartiges sieht man höchst selten, und auch dann nur bei konzernunabhängigen Fondsboutiquen.

Eine weitere Chance zur Wiedererlangung des weithin verspielten Anlegervertrauens böte sich aktuell im Bereich der offenen Immobilienfonds. Doch auch hier sind Zweifel angebracht, ob die Fondsbranche wirklich eine nachhaltige Lektion gelernt hat. Der Immobilienfondsexperte Stefan Loipfinger hatte im Gefolge der Krise um den Deka-Immobilienfonds einen Forderungskatalog aufgestellt, der im Kern auf eine wesentliche Verbesserung der Transparenz dieser undurchsichtigen Fonds zielte. Die Deka wollte diese Punkte in einer ersten Reaktion erfüllen. Vermutlich auf massiven Druck der Mitbewerber hin wurde jedoch bereits zurückgerudert. Anscheinend hofft man die Probleme aussitzen zu können, und baut – leider vielleicht nicht ganz zu Unrecht – auf das kurze Erinnerungsvermögen der Anleger.

Die deutschen Kapitalanlagegesellschaften und ihre Banken- und Versicherungsmütter müssen endlich umdenken und sich konsequent und langfristig an den wirklichen Bedürfnissen der Kunden orientieren. Weiterwursteln wie bisher ist nicht zuletzt angesichts der oft überlegenen ausländischen Konkurrenz ein Irrweg.

Die in diesem Artikel enthaltenen Informationen dienen ausschließlich zu Bildungs- und Informationszwecken. Sie sind weder als Aufforderung noch als Anreiz zum Kauf oder Verkauf eines Wertpapiers oder Finanzinstruments zu verstehen. Die in diesem Artikel enthaltenen Informationen sollten nicht als alleinige Quelle für Anlageentscheidungen verwendet werden.

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Morningstar Europe Editor  .