Griechenland knickt ein - was heißt das für Bond-Investoren?

Ein Interview mit Martin Wilhelm, Fondsmanager des Acatis IfK Value Renten, über Umschuldungsszenarien.

Ali Masarwah 09.02.2012
Facebook Twitter LinkedIn

Herr Wilhelm, die griechische Regierung hat sich nach langem Hadern heute doch auf das Sparprogramm verständigt. Das ist die Bedingung für die Umschuldung des Landes und weiteren Hilfen der EU. Haben Sie eine Idee, wie der Schuldenschnitt aussehen könnte ?

Falls es dazu kommt, nehmen wir an, dass im Rahmen der Umschuldung ein Europa-Vehikel die Rückzahlung garantieren, die einzelnen Zinszahlungen jedoch Griechenland übernehmen wird. Das kann man sich als eine Art hinterlegter Zerobond, ähnlich wie bei den Brady Bonds vorstellen. Jetzt ist natürlich die Frage, wie wird sich der Preis der neuen Anleihe gestalten? Wir erwarten einen durchschnittlichen Zinscoupon um ca. 3,50%. Prämisse ist dabei, dass die neuen Anleihen nicht  unter 50 notieren. Wenn wir dies nach Rendite auflösen, dann kommt man auf eine Verzinsung von circa 12 bis 14% für den Zinsstrom des Griechenlandrisikos nach der Umschuldung. Erfahrungsgemäß gilt dies als angemessen.

Und wie werden die 50% dann aufgeteilt werden - wie fließt das verbliebene Geld an die Bond-Investoren?

In der ersten Version sollten die Anleihegläubiger 15% in bar erhalten. Im weiteren Verlauf der Gespräche geht man nun davon aus, daß diese 15% in Wertpapieren mit kurzen Laufzeiten - man spricht von Laufzeiten bis zu 1 Jahr - haben könnten.

Wo stehen jetzt die anderen EU-Krisenstaaten da? Wäre die Umschuldung Griechenlands ein Modell für andere EU-Südstaaten?

Wenn es eine ordentlich organisierte Umschuldung mit allen Beteiligten bei Griechenland geben sollte, kann dies ebenso als Blaupause für andere Länder in Europa dienen, vergleichbar mit den Brady Bonds Mitte der 90er Jahre. Ob Corporates, Hybridkapital, Corporates Anleihen der EU-Südstaaten: Die Märkte sind bereit, das optimistische Rettungsszenario anzunehmen, wie man die  letzten beiden Monaten gesehen hat. Unsere Erfahrung über Stimmungen am Kapitalmarkt bringt uns zu der Meinung, dass es sich lohnt, gelegentlich dagegen zu halten.

Und Sie halten dagegen ?

Ja, es macht durchaus Sinn sich Corporates, Credits, Hybrids und auch einige Tier-1-Anleihen der Banken, vor allem die, die bisher ohne staatliche Hilfe ausgekommen sind, anzuschauen. Wir haben bei unseren Mandaten die höchste Investititonsquote seit 2 Jahren. Wir setzen tendenziell auf eine weitere Entspannung und haben unsere Cash Quote im Acatis IfK Value Renten, die traditionell zwischen ca. 5 und 15% liegt, aufgrund in Kürze fälliger Wertpapiere, auf unter 5 % gesenkt.

Würden Sie Italien einer Unternehmensanleihe bei 6% vorziehen ?

Wie soll man das Italien-Risiko bewerten? Das kann man nicht wirklich kalkulieren, es ist ein eher politischer Preis. Sind nun 5,6 oder 7% Rendite angemessen? Wir fühlen uns deutlich wohler, wenn wir bei einem Unternehmen das  Geschäftsmodell, den Free Cash flow und dessen Robustheit analysieren und bewerten können. Das ist bei Staatsanleihen nicht anders.

Die in diesem Artikel enthaltenen Informationen dienen ausschließlich zu Bildungs- und Informationszwecken. Sie sind weder als Aufforderung noch als Anreiz zum Kauf oder Verkauf eines Wertpapiers oder Finanzinstruments zu verstehen. Die in diesem Artikel enthaltenen Informationen sollten nicht als alleinige Quelle für Anlageentscheidungen verwendet werden.

Facebook Twitter LinkedIn

Über den Autor

Ali Masarwah

Ali Masarwah  Ali Masarwah war von 2011 bis Frühjahr 2021 als Chefredakteur für die deutschsprachigen Anleger Websites von Morningstar verantwortlich