Der Chef zahlt den Deckel: Vermögenswirksame Leistungen

Vermögenswirksame Leistungen (VL) mit Aktienfonds sind ein optimales Instrument zur Vermögensbildung. Leider gerät diese „Vermögensverwaltung des kleinen Mannes“ ins Hintertreffen. Das ist bedauerlich. Ein Plädoyer.

Ali Masarwah 27.05.2013
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Die Deutschen sind ein Volk von Aktienmuffeln. Sie kaufen Lebensversicherungspolicen und parken ihr Geld auf dem Festgeldkonto. Aktien sind dagegen weitgehend tabu – zumal nach zwei veritablen Crashs in den vergangenen 10 Jahren. Illustriert wird dies durch die regelmäßigen Umfragen des Deutschen Aktieninstituts (DAI). So waren zum Jahresende 2012 rund 8,8 Millionen Anleger direkt oder indirekt in Aktien investiert. Das sind nur 13,7 Prozent der Bevölkerung. Während 2,8 Millionen Investoren laut DAI in Aktien investieren, halten 4,7 Millionen Anleger Aktienfonds.

Ein substanzieller Teil dieser Anleger dürfte auf Vermögenswirksame Leistungen (VL) zurückgehen. VL sind eine tarifvertraglich oder freiwillig vereinbarte Geldleistung, die der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer direkt mit dem Gehalt monatlich auf sein Depot einzahlt. Üblich sind Summen von bis zu 40 Euro monatlich.

Für Wenigverdiener lohnen eignen sich VL besonders gut

 

Nach dem 5. Vermögensbildungsgesetz werden VL bei Niedrigverdienern zusätzlich mit einer Arbeitnehmersparzulage gefördert: Seit 2009 erhalten Alleinstehende mit einem zu versteuerndem Einkommen von maximal 20.000 Euro die maximale staatliche Förderung von 20% statt bis dato 18% der eingezahlten Prämie. Bei Verheirateten liegt die Grenze für die Förderung bei einem gemeinsamen Einkommen von maximal 40.000 Euro.

Sind Fonds ein gutes Instrument für Privatanleger, diversifiziert an den Kapitalmärkten zu investieren, sind VL also die optimale Vermögensverwaltung des kleinen Mannes! Doch auch für Arbeitnehmer, die nicht in den Genuss der staatlichen Förderung kommen, stellen VL ein ideales Investment zur Vermögensbildung dar. Im Gegensatz zur betrieblichen Altersvorsorge, die erst zum Renteneintritt fällig wird, sind VL auf sieben Jahre beschränkt.

VL-Verträge geben Aktienfonds Zeit zum Atmen

 

Einerseits ist das Geld also nach einer überschaubaren Zeit von 7 Jahren verfügbar. Andererseits ist die siebenjährige Sperrfrist ein gutes Disziplinierungsinstrument – sieben Jahre entsprechen idealtypisch in etwa einem Börsenzyklus und geben der Aktienanlage Zeit zum Arbeiten. Zeit, die kaum ein Anleger seinem Investment heute zum Atmen zugesteht! Oft genug arbeitet die Volatilität für den Cost-Average-Effekt, gerade bei volatilen Seitwärtsmärkten! 

Aber auch für den Chef lohnen sich VL: Sie sind für den einen ein Instrument zur Mitarbeiterbindung und motivieren – zumal dann, wenn es sich um eine freiwillige Leistung handelt und nicht ein für Arbeitgeber obligatorischer Bestandteil des Tarifvertrags ist. Wie heißt es so schön: Kleine Gesten erhalten die Freundschaft!

Bedauerlicherweise sind VL heute eher auf dem Rückzug. Seit Beginn der Finanzkrise bzw. Inkrafttreten der Abgeltungsteuer 2009 stagniert die Zahl der Aktien-VL-Verträge, das in den Verträgen investierte Vermögen ist ebenfalls drastisch zurückgegangen. Waren per Ende 2005 noch rund 10,3 Milliarden Euro in 5,9 Millionen VL-Verträgen investiert, waren es per Ende März dieses Jahres nur noch 4,4 Milliarden Euro in 2,56 Millionen Verträgen. Die Zahl der Nutznießer dieser Leistung hat sich also halbiert!

Warum stehen VL heute im Abseits?

Dass die verbesserte staatliche Förderung seit 2009 nicht zu einem Schub bei den VL geführt hat, lässt sich nach traditioneller Lesart auf die oben erwähnte Aktien-Aversion der Anleger zurückführen, könnte aber sehr wohl auch an der Zunahme prekärer Arbeitsverhältnisse und der steigenden Zahl an Jobs im Niedriglohnsektor (Stichwort: 400-Euro-Jobs) liegen. Da weder Gewerkschaften noch Arbeitgeber Statistiken über die Zahl der potenziellen Nutznießer von VL vorhalten, lässt sich über die Gründe trefflich spekulieren. 

Denkbar ist auch, dass die betriebliche Altersvorsorge den VL zunehmend Konkurrenz machen. Wie dem auch sei: Wir wollen an dieser Stelle eine Lanze für VL brechen und Arbeitgeber und Arbeitnehmer gleichermaßen ermuntern, in Sachen VL aktiv zu werden.

Was passiert in einem VL-Vertrag? Ein einfaches Beispiel: Wer einen VL-Vertrag über 40 Euro monatlich abschließt, investiert insgesamt 2.880 Euro (72 Monatsraten à 40 Euro) in einen Fonds. Dies ist der erste und längste Teil des VL-Sparvorgangs. Daran schließt sich eine einjährige Ruhephase an, in der kein Geld fließt und das Geld arbeitet. Nach der sechsjährigen Investment- und einjährigen Ruhephase ist der Vertrag fällig.

Nehmen wir an, die Verzinsung beläuft sich jährlich auf 6%. Das ist nicht utopisch, sondern liegt am untere Ende der langjährigen Aktienrenditen von 6 bis 8%  Prozent pro Jahr.  Nach sieben Jahren steht eine stolze Summe von 3.664,31 Euro. Auf diese Summe wird, notabene – und das ist ein ganz großer Wermutstropfen  -, die Abgeltungsteuer von 25% (plus ggf. Kirchensteuer und Soli) fällig.

Doch damit unser Plädoyer nicht eine Trockenübung bleibt, werden wir in der kommenden Woche eine Auswahl an Fonds präsentieren, von denen wir meinen, dass sie in der Lage sind, Mehrwert zu erzielen. Wir führen dabei auf, dass sich auch im Sägezahnmarkt der vergangenen sieben Jahre das Wartten gelohnt hat. Bleiben Sie also dran!

Die in diesem Artikel enthaltenen Informationen dienen ausschließlich zu Bildungs- und Informationszwecken. Sie sind weder als Aufforderung noch als Anreiz zum Kauf oder Verkauf eines Wertpapiers oder Finanzinstruments zu verstehen. Die in diesem Artikel enthaltenen Informationen sollten nicht als alleinige Quelle für Anlageentscheidungen verwendet werden.

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Über den Autor

Ali Masarwah

Ali Masarwah  Ali Masarwah war von 2011 bis Frühjahr 2021 als Chefredakteur für die deutschsprachigen Anleger Websites von Morningstar verantwortlich