Schwellenländer Bonds: Blaues Auge, kein blaues Wunder für Euro-Investoren

Rentenanlagen mit Schwerpunkt Entwicklungsländer bescherten Euro-Investoren 2015 oft eine bessere Erfahrung, als gemeinhin vermutet wird. Worauf Anleger achten müssen.

Ali Masarwah 01.10.2015
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Der Katzenjammer ist in diesen Tagen groß bei Fondsinvestoren, die ihr Geld in Schwellenländern angelegt haben. Der Konsum in China schwächelt, der Ende des „Super Cycles“ bei Rohstoffen macht vielen Entwicklungsländern zu schaffen, und im Zuge der Diskussion um steigende Zinsen in den USA ziehen viele Investoren ihr Geld aus Finanzinvestments in Emerging Markets. Dadurch verlieren viele Währungen in den Entwicklungsländern an Attraktivität, große Carry Trades werden derzeit abgewickelt. Das befeuert den Teufelskreis, in dem die Stars der Finanzmanege von gestern stecken. 

Dieser Trend lässt sich auch bei Fondsinvestments beobachten. Fonds in mannigfaltigen Schwellenländerkategorien erleiden in diesen Zeiten hohe Mittelabflüsse. Zunehmend werden auch Bond-Fonds für Emerging Markets aus den Depots geworfen, nachdem Investoren in Europa bisher vor allem Aktienfonds  verkauft hatten (lesen Sie hier mehr zur aktuellen Absatzlage). 

Der Depotauszug macht 2015 etlichen Anlegern in EMD-Fonds Freude

Anleger, die ihre Emerging Bond-Fonds nicht verkauft haben und nun mit schlimmen Vorahnungen einen ersten Blick auf ihren Depotauszug werfen, könnten einen ungläubig-erfreuten zweiten Blick folgen lassen. Denn die Chancen stehen gut, dass diese Investments nicht nur geringe Verluste für das laufende Jahr aufweisen, sondern sogar recht ansehnliche (einstellige) Preisaufschläge zeigen. Wie passt das mit der Endzeitstimmung zusammen und den vielen Ausblicken, wonach Emerging  Market Debt (EMD) erneut ein schwaches Jahr bevorsteht? 

Nun, die Antwort ist einfach: Die Performance im Anlegerdepot ist überwiegend deshalb gut ausgefallen, weil Anleger in der Eurozone von den Folgen einer schwachen Wirtschaftslage profitiert haben. Der Euro hat in diesem wie im vergangenen Jahr gegenüber den meisten anderen Währungen verloren. Die geldpolitischen Lockerungsübungen der Europäischen Zentralbank haben vor allem zu Jahresbeginn einen Kursrutsch beim Euro provoziert. Das hat Investoren, die in Fremdwährungen investiert haben, sehr auskömmliche (Währungs-)Gewinne beschert, auch wenn das eigentliche Underlying geschwächelt haben mag. 

Zur Illustration finden Sie eine Tabelle mit den Performance-Daten zu zwei Morningstar Kategorien für Schwellenländer-Anleihefonds. Zum einen die auf USD konzentrierte Kategorie "Global Emerging Markets Bond". Zum anderen die Kategorie "Global Emerging Markets Bond – Local Currency". Hier investieren die Fonds überwiegend in Schuldtiteln, die auf lokale Schwellenländerwährungen lauten. 

Tabelle: Anleger aus der Eurozone und Norwegen punkten 2015 

Die zwei obersten Zeilen der Tabelle zeigen die Erfahrung von Investoren im Dollar-Raum. Dollar-Anleger hatten seit 2013 keine gute Erfahrung mit Schwellenländer-Bonds. Vor allem Fonds für lokale Währungen brachen zwischen 2013 und heute massiv ein. Besonders im „heißen“ Sommer dieses Jahres (per Ende August) ging es steil bergab. Auch bei Dollar-Fonds fielen Verluste an, die sich in diesem Jahr allerdings in Grenzen hielten. Das zeigt, dass sich die Spreads dieser Papiere nicht so stark ausgeweitet haben, wie man es angesichts der vielen Unkenrufe vermuten könnte.*

Mit Dollar-Fonds liegen Anleger im Schnitt deutlich im Plus

Doch kommen wir nun zur typischen Erfahrung eines Euro-Anlegers, die Sie in Zeile 3 und 4 finden. Ungeachtet der unerfreulichen Entwicklung in diesem Sommer bleibt bei Dollar-Fonds ein recht ansehnliches Plus von durchschnittlich 5,2% in diesem Jahr per Ende August. Mit einem Minus von knapp 5% hielten sich zudem die Verluste bei Fonds für lokale Währungen im Schnitt in Grenzen. 

Euro-Anleger sind also in diesem Jahr mit einem blauen Auge davon gekommen. Das gilt auch für die meisten kontinentaleuropäischen Währungen, die wir in der Tabelle aufgeführt haben. Anleger in Skandinavien ging es ähnlich wie Euro-Anlegern. Noch besser als die Euro-Anleger-Erfahrung war die Performance von EMD-Fonds in den Depots von Anlegern in Norwegen. Die Norwegische Krone geriet im Zuge des schwachen Ölpreises stark unter Druck, sodass selbst Fonds für lokale Währungen aus norwegischer Sicht 2015 nur leicht im Minus waren. 

Schweizer Anleger im Sog der CHF-Aufwertung

Ganz anders freilich das Bild der Investoren im Franken-Raum. Sie erlitten im Zuge der Aufwertung des CHF auf ihre Fremdwährungspositionen sogar noch größere Verluste als Dollar-Investoren. 

Und die Moral der Geschichte? Sollten sich Anleger hierzulande zufrieden zurücklehnen angesichts ihrer Erfahrung mit Schwellenländer-Bonds in diesem Jahr? Nun, das kommt ganz darauf an, welche Meinung sie zu Währungsrisiken haben. Das heißt nicht, dass Privatanleger jetzt eine 12-Monatsprognose zum US-Dollar oder gar zum Südafrikanischen Rand oder dem Brasilianischen Real erstellen und entsprechend ihr Fremdwährungsportfolio umschichten sollten. Es genügt, wenn Anleger eine schlüssige Antwort auf folgende Frage finden: Sind Fremdwährungen „gute“ oder „schlechte“ Risiken? 

Denn eines ist klar: Fremdwährungen können stark schwanken, nach oben wie nach unten, sodass sie einen Unsicherheitsfaktor darstellen. 2014 und über weite Strecken in 2015 haben die Fremdwährungsrisiken in EMD-Fonds für Euro-Anleger gearbeitet, aber, wie aus der oberen Tabelle hervorgeht, liefen Schwellenländer-Währungen 2013 gegen EMD-Fonds-Investoren aus der Eurozone. 

Gretchenfrage: Lohnt sich der Nervenkitzel bei lokalen Währungsanleihen?

Wer nun die obere Frage mit „nein“ beantwortet, kann im Grunde die gesamte EMD-Fonds Kategorie für lokale Währungen getrost ignorieren. Denn EMD-Fonds für lokale Währungen liegt eine implizite direktionale Wette auf eine Aufwertung der Schwellenländerwährungen gegenüber der heimischen Investoren-Währung zugrunde. Dass diese Wette keine Einbahnstraße ist, dürften Anleger inzwischen begriffen haben, und wer an dieser zugrunde liegenden Annahme auch nur leise Zweifel hegt, lässt besser die Finger von solchen Fonds.

Anders ist der Fall bei US-Dollar gelagert. Hier bietet sich für vorsichtige Anleger außerhalb des Dollar-Raums eine Währungsabsicherung an. Das mindert die Schwankungsintensität der Währungspaare USD-EUR bzw. USD-CHF. Während auf der Aktienseite einiges dafür spricht, dass langfristig eine Absicherungen von Währungsrisiken nicht unbedingt nötig ist, erhöht eine „offene Währungsflanke“ bei Bonds das Risiko und verschlechtert somit allzu oft das Rendite-Risiko-Profil eines Investments.   

Sie finden hier eine Auflistung der Fonds der Morningstar Kategorie Anleihen Schwellenländer EUR-optimiert, die einen währungsoptimierten Zugang zu EMD Fonds bieten. Über ein positives Morningstar Analyst Rating verfügt dabei der Neuberger Berman Emerging Market Debt Hard Currency Fund A EUR Acc. Er ist mit dem zweitbesten Rating „Silver“ bewertet. Ein „Bronze“-Rating trägt der Pictet-Global Emerging Debt HI EUR. Darüber hinaus tragen folgende Fonds ein quantitatives Fünf-Sterne-Rating, das besagt, dass diese Fonds in der Vergangenheit risikoadjustiert zu den 10% besten Fonds ihrer Kategorie zählten:

* Die Angaben zur Dollar-Performance in der Tabelle sind natürlich nur hypothetische Zahlen; die Fonds in unseren europäischen Kategorien sind nicht in den USA zum Vertrieb zugelassen. Allerdings geben diese Zahlen durchaus eine realistische Tendenz wider: Die Erfahrung von EMD-Fondsanlegern in den USA war seit 2013 schlecht. 

Die in diesem Artikel enthaltenen Informationen dienen ausschließlich zu Bildungs- und Informationszwecken. Sie sind weder als Aufforderung noch als Anreiz zum Kauf oder Verkauf eines Wertpapiers oder Finanzinstruments zu verstehen. Die in diesem Artikel enthaltenen Informationen sollten nicht als alleinige Quelle für Anlageentscheidungen verwendet werden.

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Über den Autor

Ali Masarwah

Ali Masarwah  Ali Masarwah war von 2011 bis Frühjahr 2021 als Chefredakteur für die deutschsprachigen Anleger Websites von Morningstar verantwortlich