Aktienanalyse der Woche: Salesforce.com

Kann eine Aktie mit einem KGV von 64 unterbewertet sein? Ja, wenn man unterstellt, dass die Margenausweitung bis 2025 deutlich wachsen wird. Wide Moat Rating und Vier Sterne Rating unterstreichen Attraktivität des Herstellers von Vertriebs-Software.

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Für das erste Quartal meldete Salesforce.com Ende Mai gemischte Ergebnisse. Doch auch wenn wir einen geringeren Rückgang der Margen erwartet hatten, waren die Zahlen alles in allem angesichts der COVID-19-Pandemie solide. Auch dass die Erwartungen für den Rest des Jahres gesenkt wurden, halten wir für ratsam, und die eher konservative Prognose entspricht auch dem Vorgehen der Konkurrenz. 

Im jüngsten Analysten-Call hob das Management hervor, dass der Monat April besser geendet habe, als zu Beginn des Monats erwartet. CEO Mark Benioff zeigte sich von den Abschluss- und den Pipeline-Zahlen „sehr inspiriert“. Er sei „also recht optimistisch“. Wir denken, dass dies ein Vorbote ist für eine Beschleunigung der breit angelegten digitalen Transformationsbemühungen; Unternehmen reagieren darauf, dass ihnen die Flexibilität fehlt, um zügig auf Remote-Arbeiten umzustellen. 

Der Umsatz stieg gegenüber dem Vorjahresquartal um 30 Prozent auf 4,87 Milliarden Dollar, was sowohl unter den Prognosen als auch unter unserer Schätzung, aber über dem Analysten-Konsens lag. Die Stärken des Unternehmens lagen im abgelaufenen Quartal in den Bereichen Sales Cloud und Professional Services, während Service- und Marketing Clouds sowie Plattform- und andere Clouds unterdurchschnittlich performten. 

Die Margendynamik aus dem vergangenen Quartal brach im ersten Quartal ab. Die Non-GAAP-Betriebsmarge belief sich auf 13,1%, verglichen mit 18,2% vor einem Jahr. Wir hatten einen geringeren Rückgang erwartet. Das Unternehmen zahlte jedoch $250 Millionen an einmaligen Kosten für garantierte Teilprovisionen, Wertminderungen bei Leasing-Verträgen, Strafen für die Absage von Veranstaltungen, COVID-19-bezogene Spenden. Gegenzurechnen sind Einsparungen in Höhe von $75 Millionen durch niedrigere Reise- und Bewirtungskosten. Für das laufende Jahr erwartet die Unternehmensleitung, die Margen im Vergleich zum Vorjahr konstant halten zu können. 

Wir halten an unserer Fair Value Schätzung von 202 US-Dollar und am Wide Moat Rating fest und sehen die Aktie auf dem derzeitigen Niveau als attraktiv bewertet an, wie aus dem Vier-Sterne-Rating hervorgeht. 

Geschäftsstrategie und Ausblick 

Wir glauben, dass Salesforce.com eines der besten langfristigen Wachstumsstories im Bereich Software darstellt. Auch wenn das Umsatzwachstum wahrscheinlich in den nächsten Jahren zum ersten Mal unter die 20-Prozent-Marke sinken wird, glauben wir, dass die anhaltende Margenausweitung noch viel länger zu einem Gewinnwachstum von mehr als 20 Prozent pro Jahr führen dürfte. 

Nach der Einführung des Software-as-a-Service-Modells (saaS) hat Salesforce.com ein beachtiliches Front-Office-Angebot aufgebaut, auf das es unserer Ansicht nach noch jahrelang aufbauen kann. Hinter dem Geschäftsfeld „Sales Cloud“ steht das ursprüngliche Salesforce-Automatisierungsprodukt, eine Vertriebs-Anwendung, mit der das Prozessmanagement für Leads und Opportunities, Kontakt- und Account-Daten,  Genehmigungen und Process Tracking vereinfacht wurde. 

Die bereits im Jahr 2000 eingeführte Lösung hob sich damals von der Konkurrenz ab, indem Kunden auf die Software über einen Webbrowser zugreifen konnten und die Bereitstellung über das Internet erfolgte. Die Service Cloud brachte Anwendungen für den Kundenservice ein, und die Marketing Cloud lieferte Lösungen zur Marketingautomatisierung. Diese Lösungen umfassen nahezu alle Aspekte der Kundenakquise und -bindung und sind unserer Ansicht nach erfolgsentscheidend. 

Salesforce Platform bietet Kunden auch eine Platform-as-a-Service-Lösung mit AppExchange, mit der Anwendungen schnell erstellt und verteilt werden können. Wir glauben, dass dies den Netzwerkeffekt weiter verstärkt. 

Unserer Ansicht nach wird Salesforce weiter vom Cross-Selling zwischen seinen Clouds, vom Up-Selling robusterer Funktionen innerhalb der Produktlinien, von Preisaktionen, internationalem Wachstum und fortgesetzten Akquisitionen profitieren. Salesforce gilt weithin als führend in jedem der von ihm bedienten Märkte, was für sich genommen schon attraktiv ist, aber die enge Integration der Lösungen und die natürliche Passform, die sie miteinander haben, stellen unserer Ansicht nach ein starkes Angebot für Kunden dar. Zu diesem Zweck nutzt mehr als die Hälfte der Unternehmenskunden mehrere Clouds. Darüber hinaus hat sich die Kundenbindung im Laufe der Zeit allmählich verbessert und liegt bei über 90%, und wir gehen davon aus, dass sie in den kommenden Jahren noch weiter steigen wird. 

Economic Moat 

Gestützt wird unser Wide Moat Rating davon, dass Salesforce.com nach wie vor klarer Marktführer im Bereich der Salesforce-Automatisierung (Sales Cloud) ist. Das Unternehmen hat es in den letzten 20 Jahren aus dem Nichts auf einen weltweiten Marktanteil von 33 Prozent gebracht. Salesforce.com revolutionierte die Softwarebranche im Jahr 2000 mit seinem Browser-basierten Anwendungen, was heute zwar als Selbstverständlichkeit angesehen wird, aber während der Internetblase ein neuartiges Konzept war. Damit ebnete das Unternehmen den Weg für die Softwarebranche, wie sie heute existiert, indem es zunächst das Konzept der Software als Dienstleistung an potenzielle Kunden verkaufte und dann erst das eigentliche SFA-Produkt. 

Sowohl Kunden als auch Branchenbeobachter sehen Salesforce.com als den klaren Spitzenreiter in einem Bereich, der die Produktivität von Vertriebsmitarbeitern steigert. Es handelt sich hier also mit anderen Worten um unternehmenskritische Software, die dazu beiträgt, Umsätze und Userzahlen zu steigern. Dieses Segment trägt den größten Beitrag zum Wide Moat Rating bei. Eine Vielzahl von Indikatoren zeigt, dass die Sales Cloud SFA-Lösung eine Best-of-Breed-Lösung ist. Wir sind der Ansicht, dass Kunden aufgrund des Zeit- und Kostenaufwands und des Risikos, das mit der Implementierung neuer Anwendungen und der Datenmigration verbunden ist, davon abgehalten werden, auf Konkurrenzprodukte umzustellen. 

Fair Value und Gewinntreiber 

Unsere Fair Value Schätzung liegt bei 202 US-Dollar pro Aktie. Das unterstellt einen Unternehmenswert/Umsatz (EV/S) für das Geschäftsjahr 2021 von neun und ein Kurs-Gewinn-Verhältnis von 64 sowie eine zweiprozentige Rendite auf den freien Cashflow.

Unser Modell taxiert eine durchschnittliche jährliche Wachstumsrate (CAGR) für den Gesamtumsatz von 18 Prozent für die nächsten fünf Jahre. Diese wird unserer Meinung nach insbesondere durch die Stärken in den Bereichen Plattform und Marketing bestimmt. Auch wenn die Umsätze in den kommenden fünf Jahren zurückgehen werden, prognostizieren wir einen Anstieg der Non-GAAP-Betriebsmarge von 17 Prozent im Geschäftsjahr 2021 auf einen mittleren 20-Prozent-Bereich im Geschäftsjahr 2025, was unseres Erachtens mit dem vom Management angestrebten Ziel einer jährlichen Margensteigerung von 125 bis 150 Basispunkten im Einklang steht und von der operativen Hebelwirkung angetrieben wird.

Wir glauben, dass die Märkte für Salesforce.com groß sind und weiter wachsen. Nach Angaben des Managements wird der adressierbare Gesamtmarkt bis 2022 auf 143 Milliarden US-Dollar anwachsen, wobei die durchschnittlichen jährlichen Wachstumsraten für die Märkte, die von den verschiedenen Clouds von Salesforce.com bedient werden, im Allgemeinen zwischen zehn und 14 Prozent liegen. Unserer Ansicht nach wird das Unternehmen vom natürlichen Cross-Selling von Lösungen zwischen den Clouds profitieren. Gestützt werden dürfte das kommende Jahrzehnt mit starkem Wachstum durch Übernahmen, die wir auf einen Wert von einer Milliarde US-Dollar pro Jahr taxieren, auch wenn wir uns bewusst sind, dass dies wahrscheinlich eine volatile Zahl sein wird. 

Risiko und Unsicherheit 

Im Einklang mit den meisten großen Softwareunternehmen, die wir analysieren, weisen wir Salesforce.com ein Fair Value Uncertainty Rating von „Medium“ zu. In der Gesamtbetrachtung glauben wir, dass Marc Benioff schwer zu ersetzen sein wird. Er leistete Pionierarbeit in der Softwarebranche, war Mitbegründer des Unternehmens und führte es zu einer dominierenden Kraft mit einem breiten Portfolio an vertriebs- und marketingbezogenen Lösungen. 

Wir glauben, dass die wichtigste Messgröße für Salesforce.com-Investoren das Umsatzwachstum ist. Daher würde eine anhaltende Verlangsamung in der Sales Cloud oder ein Wachstum, das sich nicht wie erwartet in Service-, Marketing- und Commerce Clouds oder der Salesforce-Plattform einstellt, unserer Ansicht nach negative Auswirkungen auf den Aktienkurs haben. 

Um das Wachstum zu fördern, ist Salesforce.com auch akquisitorisch tätig. Wir sind zwar nicht der Ansicht, dass die bisherigen Übernahmen transformativ waren, aber das Unternehmen hat einige größere erfolgreiche Übernahmen getätigt und damit eine sofortige oder größere Präsenz bei einer bestimmten Lösung erreicht. 

Investoren waren zeitweise über die hohen Bewertungen der Übernahmen besorgt, wie dies zuletzt bei der 2018 erfolgten Übernahme von MuleSoft der Fall war. Wir glauben, dass das Unternehmen wahrscheinlich weiterhin Übernahmen tätigen wird, gelegentlich auch größere. Das wird jedes Mal aufs Neue Risiken für die operative Integration und damit auch Fragen zu den Bewertungen aufwerfen. 

Salesforce.com wird auch mit neuen Konkurrenten konfrontiert werden, da das Unternehmen sich weiterhin in Märkte einkaufen wird, die das Unternehmen bisher nicht bedient hat. Die Übernahme von Demandware führte zum Eintritt in ein völlig neues Gebiet und brachte eine Vielzahl von Konkurrenten, denen das Unternehmen zuvor nicht begegnet war.

Die Salesforce.com Aktien ging am 1. Juni mit einem Kurs von 176,36 US-Dollar an der NYSE aus dem Handel. Das liegt deutlich unter unserer derzeitigen Fair Value Schätzung von 202 US-Dollar, wie aus dem Vier-Sterne-Rating hervorgeht. Die vollständige Analyse in englischer Sprache können Sie hier herunterladen.

 

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Über den Autor

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