Credit Suisse: Milliardenverlust, Kapitalerhöhung und Personalabbau

Die Schweizer Bank versucht mit einer Kapitalerhöhung und massiven Einsparungen, die Dauerkrise hinter sich zu lassen. Die Aktie stürzt ab.

Antje Schiffler 27.10.2022
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Credit Suisse

Die Zahlen des Schweizer Kreditinstitutes hatten es in sich. Im 3. Quartal belief sich der Verlust auf 4 Mrd. CHF und damit deutlich höher als erwartet. Hierin enthalten sind die Kosten für den Konzernumbau. Seit Jahresbeginn summiert sich das Minus nun auf 5,9 Mrd. CHF. Vor Steuern lag der Verlust bei 342 Mio. CHF. Die Aktie lag am frühen Nachmittag etwas mehr als 12% im Minus. 

Nun soll ein radikaler Um- bzw. Abbau des Investment Bankings der Credit Suisse (CSGN) aus der Patsche helfen. Bis 2025 sollen 9.000 Stellen wegfallen. Im Rahmen der Kapitalerhöhung (insgesamt rund 4 Mrd. CHF) werde die Saudi National Bank mit 1,5 Mrd. CHF einsteigen. 

"Das dritte Quartal und der bisherige Jahresverlauf 2022 wurden durch die anhaltend schwierigen Markt- und makroökonomischen Bedingungen erheblich beeinträchtigt. Dies führte zu schwächeren Ergebnissen, insbesondere bei unserer Investment Bank", so Ulrich Körner, Chief Executive Officer der Credit Suisse Group AG.

Der Fokus des neuen Geschäftsmodell liege auf dem Wealth Management, Swiss Bank und dem Asset Management. "Zudem werden wir die Investment Bank tiefgreifend umstrukturieren, die Kapitalbasis stärken und unsere Kostentransformation beschleunigen", so Körner. 

Das Investment Banking soll laut dem nun veröffentlichten Strategiepapier in vier Bereiche aufgeteilt werden: 

 

- Der Bereich Markets werde die stärksten und wichtigsten Aspekte des Handelsgeschäfts der neuen Credit Suisse umfassen. Das Geschäft mit institutionellen Kunden bleibe vollumfänglich erhalten. Dieser Bereich des Aktien-, Devisen- und Zinshandels werde eng mit den Geschäftsbereichen für vermögenden Privatkunden abgestimmt.

- Neu entsteht die Einheit CS First Boston fürs Beratungsgeschäft für M&A und IPOs. An der Sparte sollen sich auch externe Invesoren beteiligen können: "Die künftige CS First Boston strebt die Einwerbung von Fremdkapital sowie eine bevorzugte langfristige Partnerschaft mit der neuen Credit Suisse an", heißt es im Strategiepapier. 

- Die Capital Release Unit (CRU) soll sich um das Geschäft mit verbrieften Produkten kümmern. Der Zweck sei "die Freisetzung von Kapital durch den Abbau von nicht-strategischen, renditeschwachen und risikoreichen Geschäften." 

- Auch das Geschäft mit Verbriefungen wird für externe Investoren geöffnet. So gehen wesentliche Teile der Securitized Products Group (SPG) an eine Investorengruppe unter der Leitung von Apollo Global Management und mit Beteiligung von PIMCO.  

Morningstar-Analyst: Schritt in die richtige Richtung

Nach Einschätzung von Morningstar-Analyst Johann Scholtz sehen die geplanten Maßnahmen auf den ersten Blick nach Schritten in die richtige Richtung aus. Allerdings fehlen noch Details. 

"Das mit Spannung erwartete Strategie-Update, das zusammen mit den Ergebnissen der Credit Suisse für das dritte Quartal 2022 veröffentlicht wurde, bestätigte, dass sich die Credit Suisse verstärkt auf die Bereiche Wealth Management, Asset Management und das Schweizer Bankgeschäft konzentrieren wird. Das Unternehmen will sein Engagement im Investmentbanking reduzieren, das seit 2008 die Gesamtrentabilität belastet. Um den hohen Restrukturierungsaufwand von CHF 2,9 Milliarden zu finanzieren, kündigte die Credit Suisse eine Kapitalerhöhung in Höhe von CHF 4 Milliarden an", so Scholz.

Der Anteil des Investmentbankings am Gesamtertrag wird von derzeit 43% auf 25% im Jahr 2025 sinken. Nach der Restrukturierung rechnet die Credit Suisse mit Einsparungen bei den jährlichen Betriebskosten in Höhe von CHF 2,5 Milliarden - 15% der derzeitigen normalisierten Kostenbasis.

Nach Abschluss der Restrukturierung rechnet die Credit Suisse mit einer Rendite von 8% auf dem materiellen Eigenkapital. Dies ist eine enttäuschend niedrige Rentabilität für eine Bank, die den Großteil ihrer Erträge im Wealth Management und in der Vermögensverwaltung erwirtschaften wird, also in Branchen, die im Vergleich zu den meisten anderen Bereichen des Bankgeschäfts von einer strukturell höheren Rentabilität profitieren.

"Das Rentabilitätsziel der Credit Suisse ist eines der niedrigsten für die Mitte des Zyklus bzw. für die Normalisierung unter den von uns untersuchten europäischen Banken. Noch Ende 2021 war die Credit Suisse zuversichtlich, dass sie bis 2024 eine Eigenkapitalrendite von 10% erzielen könnte - einschließlich der unrentablen Investmentbanking-Aktiva, die sie jetzt abbauen wird", so der Analyst. 

Die Anleger werden sich fragen, warum sie 2,9 Milliarden CHFausgeben müssen, die durch eine stark verwässernde Bezugsrechtsemission finanziert werden, nur um am Ende ein niedrigeres Rentabilitätsziel zu erreichen. Auch im Kerngeschäft der Credit Suisse ist offensichtlich nicht alles in Ordnung. Wir berücksichtigen die Bezugsrechtsemission und die aktualisierte Guidance in unserer Fair-Value-Schätzung und nehmen eine deutliche Senkung auf CHF 5.00/Aktie vor, gegenüber CHF 10/Aktie zuvor. Wir gehen davon aus, dass die Kapitalerhöhung mit einem Abschlag von 25% erfolgen wird.

Fraghafte CET1-Quote

"Selbst nach der erheblichen Verwässerung und in Anbetracht der enttäuschenden Prognosen scheint die Credit Suisse einen Wert zu bieten, aber wir mahnen zur Vorsicht. Dies ist der x-te vermeintliche Schlussstrich, den die Credit Suisse zieht. Die Credit Suisse geht davon aus, dass die Kapitalerhöhung sie bis 2025 auf eine Common Equity Tier One (CET)-Quote von 13,5% bringen wird, was knapp über den 13% liegt, die die großen Rating-Agenturen von der Credit Suisse verlangen. Dies lässt der Credit Suisse wenig oder gar keinen Spielraum für Fehler. Leider gibt die jüngste Geschichte der Credit Suisse wenig Anlass zur Zuversicht, dass am Paradeplatz 8 keine weiteren Leichen im Keller lauern, die die CET1-Quote unter 13% drücken könnten", so der Analyst. 

Die Credit Suisse beabsichtigt, die alte Marke Credit Suisse First Boston oder CSFB wieder aufleben zu lassen, um das Kapitalmarkt- und Beratungsgeschäft unterzubringen. Mit der Zeit möchte die Credit Suisse Fremdkapital für das CSFB-Geschäft gewinnen und würde auch eine separate Börsennotierung oder einen Börsengang in Betracht ziehen. In der jetzigen Form bleibt die CSFB vollständig im Besitz der Credit Suisse, und die Credit Suisse wird ihre Ergebnisse weiterhin voll konsolidieren. Die Ausgliederung der CSFB scheint derzeit eine rein kosmetische Angelegenheit zu sein, die keine finanziellen Auswirkungen hat."

Er fährt fort: "Die Ergebnisse des dritten Quartals waren katastrophal und unterstrichen die Notwendigkeit einer Kapitalerhöhung. Selbst wenn man die von der Credit Suisse als einmalig betrachteten Posten ausklammert, verbuchte sie im dritten Quartal 2022 einen "bereinigten" Verlust vor Steuern von 92 Millionen Franken, verglichen mit einem "bereinigten" Quartalsgewinn vor Steuern von 1,4 Milliarden Franken vor einem Jahr. Im Gegensatz zur Erzrivalin UBS, die sich über besonders starke Nettoneugeldzuflüsse im Wealth- und Asset-Management-Geschäft freuen konnte, verbuchte die Credit Suisse Nettoabflüsse."

Die in diesem Artikel enthaltenen Informationen dienen ausschließlich zu Bildungs- und Informationszwecken. Sie sind weder als Aufforderung noch als Anreiz zum Kauf oder Verkauf eines Wertpapiers oder Finanzinstruments zu verstehen. Die in diesem Artikel enthaltenen Informationen sollten nicht als alleinige Quelle für Anlageentscheidungen verwendet werden.

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Über den Autor

Antje Schiffler  ist Redakteurin bei Morningstar in Frankfurt.