Ifo-Geschäftsklima trübt sich nur leicht ein

Die Stimmung in der deutschen Wirtschaft hat sich im September erneut eingetrübt, wenn auch nur leicht. 

awp 25.09.2023
Facebook Twitter LinkedIn

ifoDas Ifo-Geschäftsklima fiel zum Vormonat um 0,1 Punkte auf 85,7 Zähler, wie das Ifo-Institut am Montag in München mitteilte. Analysten hatten im Schnitt einen etwas deutlicheren Rückgang auf 85,2 Punkte erwartet. Es ist der fünfte Rückgang des wichtigen Konjunkturbarometers in Folge.

"Die deutsche Wirtschaft tritt auf der Stelle", kommentierte Ifo-Präsident Clemens Fuest die Umfrage unter etwa 9000 Unternehmen. Die aktuelle Lage wurde etwas schlechter bewertet als im Vormonat, die Geschäftsaussichten stiegen dagegen leicht an. Im Detail fiel die Entwicklung durchwachsen aus: In der Industrie und im Handel stieg das Geschäftsklima an, unter Dienstleistern und am Bau trübte es sich ein.

Bankvolkswirte kommentierten die Entwicklung eher pessimistisch. "Die aktuelle Misere der deutschen Wirtschaft hält an", sagte Jörg Zeuner, Chefökonom der Fondsgesellschaft Union Investment. Die Unternehmen schätzten ihre Geschäftslage über viele Sektoren hinweg als schwierig ein. "Unserer Ansicht nach wird die Wirtschaftsleistung in Deutschland bis zum Jahresende weiter schrumpfen." Im Winterhalbjahr war die Wirtschaftsleistung bereits rückläufig, im Frühjahr hatte sie stagniert.

Auch Thomas Gitzel, Chefvolkswirt der VP Bank, äusserte sich verhalten. Zwar bleibe ein verschärfter Absturz der deutschen Wirtschaft aus, da sich zumindest die Geschäftsaussichten etwas aufgehellt hätten. Die Entwicklung sende aber noch keine Signale eines Trendwechsels. "Um eine Rezession führt kein Weg im zweiten Halbjahr vorbei."

Aufgrund des nur leichten Rückgangs wurde auch die Frage nach einer Stabilisierung der Wirtschaftsstimmung aufgeworfen. "Ist damit der Tiefpunkt schon erreicht? Man wünscht es sich, glaubt es aber noch nicht so recht", hiess es von Jens-Oliver Niklasch, Ökonom der Landesbank Baden-Württemberg. "Mit einer veritablen Krise am Bau und den ungewissen Folgen der Grünen Transformation etwa im Automobilsektor haben wir noch einige konjunkturelle und strukturelle Baustellen."

Die deutsche Wirtschaft leidet seit längerem unter einer Vielzahl konjunktureller Probleme, die durch strukturelle Defizite verschärft werden. So ächzt die exportorientierte Industrie unter der schwächelnden Weltwirtschaft sowie hohen Energie- und Rohstoffpreisen. Die Nachfrage nach Dienstleistungen wird vor allem durch die hohe Inflation gedämpft. Die kräftigen Zinsanhebungen der Europäischen Zentralbank (EZB) führen zu erheblichen Belastungen im Baugewerbe.

Zu den strukturellen Defiziten Deutschlands zählen unter anderem eine überbordene Bürokratie, ein erheblicher Investitionsrückstau oder Probleme im Bildungssektor. Sie wiegen in einem konjunkturell schwachen Umfeld um so schwerer und haben eine etwa zwanzig Jahre alte Diskussion über "Deutschland als kranker Mann Europas" neu entfacht.

Die in diesem Artikel enthaltenen Informationen dienen ausschließlich zu Bildungs- und Informationszwecken. Sie sind weder als Aufforderung noch als Anreiz zum Kauf oder Verkauf eines Wertpapiers oder Finanzinstruments zu verstehen. Die in diesem Artikel enthaltenen Informationen sollten nicht als alleinige Quelle für Anlageentscheidungen verwendet werden.

Facebook Twitter LinkedIn

Über den Autor

awp  versorgt Morningstar mit einer laufend aktualisierten Berichterstattung über das globale Wirtschaftsgeschehen und die Entwicklungen an den internationalen Finanzmärkten.