Value-Investing

Enttäuschende Ergebnisse in der aktuellen Krise.

Simon Nöth 21.11.2008
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Die Value-Strategie gilt als erfolgreiche Investmentstrategie. Der prominenteste Vertreter dieser Gilde ist Investmentlegende Warren Buffett, der beim Gründer dieser Investmentphilosopie, Benjamin Graham, in die Lehre ging.

Die Strategie zeichnet sich ganz allgemein dadurch aus, dass in Unternehmen investiert wird, deren tatsächlicher Wert deutlich über dem aktuellen Aktienkurs liegt. Merkmale von Value-Aktien sind günstige Kurs-Gewinn-Verhältnisse, Kurs-Buchwert-Verhältnisse, Kurs-Umsatz-Verhältnisse, Kurs-Cashflow-Verhältnisse und attraktive Dividendenrenditen. Ein Kurs-Buchwert-Verhältnis von kleiner 1 war in der Vergangenheit ein beliebter Indikator, weil der in der Bilanz ausgewiesene Wert des Unternehmens nicht im Marktpreis reflektiert wurde.

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Nach Platzen der Dotcom-Bubble sind Anleger mit Value-Aktienfonds vergleichsweise gut gefahren.

  Global Europa USA
  Value Growth Value Growth Value Grwoth
06/2000 bis 03/2003 -40,2% - 56,6% -50,4% -56,2% -37,8% -52,9%
05/2007 bis 10/2008 -37,2% -36% -43,7% -40,1% -36,3% -31,4%


Die bessere Performance der Value-Kategorien gegenüber den Growth-Kategorien erklärt sich durch den Investmentansatz. In den Portfolios befinden sich per Definition Aktien, deren Gewinne nicht in der Zukunft vermutet wurden, sondern die schon in der Gegenwart über ein bewährtes Geschäftsmodell verfügten und daher Gewinne machten.

Value enttäuscht in der Krise 2007/2008

In der aktuellen Krise präsentieren sich die Fonds der Value-Kategorien mindestens genauso schlecht wie der breite Markt. Diese Tatsache ist genauso wenig eine Überraschung. Value-Fonds waren traditionell stark in Banken, Versicherer, Energietitel und Industriegüter investiert. Diese Branchen verfügten noch vor drei Jahren über starke und vor allem ertragreiche Geschäftsfelder. In der gegenwärtigen Situation sind Kurs-Buchwert-Verhältnisse oder Kurs-Gewinn-Verhältnisse für Finanzinstitute nutzlos, weil sich herausstellte, dass die Gewinne und Buchwerte auf Sand gebaut waren als die Kreditmärkte versiegten. Das ehemals gewinnträchtige Investmentbanking ist zum Problem geworden und in oder außerhalb der Bilanzen schlummern Risiken. Die Fondsmanager konnten sich anschließend nicht in den Energie- und Industrietiteln verstecken. Denn die Finanzkrise verschärfte den ohnehin schwächer werdenden globalen Wirtschaftszyklus. Die Energie- und Rohstoffpreise stürzen seit Mitte des Jahres ab und auch die Nachfrage nach Industriegüter bricht weg, wie die Beispiele von Daimler oder BASF hier zu Lande verdeutlichen.

Die aktuelle Baisse zeigt, dass die Value-Strategie den Anleger nicht vor allen Risiken schützen kann. Aktien können immer noch billiger werden, auch wenn es auf dem ersten Blick keinen unmittelbaren Zusammenhang zwischen dem fundamentalen Geschäft und dem Aktienkurs gibt. Einige Aktien sind zu Recht eingebrochen. Andere Titel wurden durch Notverkäufe von institutionellen Investoren und Hedgefonds verursacht. Die gegenwärtige Situation betrachten daher einige wertbewußte Fondsmanager als gute Möglichkeit, solide Unternehmen zu einem sehr attraktiven Preis zu kaufen. Wenn man nicht an einen absoluten Zusammenbruch des Systems glaubt, werden sich die düsteren Szenarien auch wieder verflüchtigen.


Drei Value-Fonds mit dem Fokus auf globale, europäische und US-Standardwerte


Tweedy Browne International Value Fund

Der Tweedy Browne International Value ist der Spiegelfonds des Tweedy Browne Global Value, der US-Anlegern als globales Investment angeboten wird. Daher ist die Benchmark des Fonds auch nicht der in Europa geläufigere MSCI World sondern der MSCI EAFE. Das Kürzel EAFE steht für Europa, Australien/Asien und Fernost.

Die Fondsmanager suchen gemäß nach Benjamin Graham nach Aktien, die unter ihrem inneren Wert gehandelt werden. Nach dem Platzen der Dotcom-Bubble schlug sich der Fonds bis zum Frühjahr 2003 wesentlich besser als Vergleichsfonds oder die Benchmark. Seit dem Ausbruch der Subprime-Krise und der daraus resultierenden Finanzkrise im Sommer 2007 zeigt sich der Fonds nicht ganz so stark wie im vorherigen Abschwung. Die Rendite über zehn Jahre von knapp 5,9% pro Jahr lassen die Ergebnisse der Kategorie von -1,2% pro Jahr allerdings verblassen.

Dennoch konnte sich der Tweedy Browne International Value nicht dem Sturm entziehen, wie das Beispiel von American International Group (AIG) verdeutlicht. AIG wurde wegen der außerordentlich guten globalen Aufstellung schon vor Jahren kauft. Als erste Gerüchte über das Ausmaß von Engagements in Derivaten aufkamen, wurde die Aktie verkauft. Das Management räumte in diesem Fall ein, sich verschätzt zu haben.

Dennoch sind die Fondsmanager, die auch gleichzeitig Eigentümer sind und selbst stark in ihren Fonds investiert sind, vorsichtig. Aktien aus der Schweiz haben den größten Anteil, gefolgt von Japan, Großbritannien und den Niederlanden. Banken befinden sich fast kaum im Portfolio dafür Rückversicherer wie die MünchenerRück oder SwissRe. Auch Warren Buffett hat im Frühjahr in SwissRe investiert. Die Aktienquote wurde von über 90% im Frühjahr auf unter 70% herunter gefahren.

Fremdwährungsrisiken werden in der Euro Tranche abgesichert. Einen Wermutstropfen gibt es allerdings. Hier zu Lande können Anleger alle Investments (Tweedy Browne Value Fund, Tweedy Browne Global High Dividend Value Fund) von Tweedy Browne erst ab einer Anlagesumme von 25.000 Euro erwerben.

Franklin Mutual European

Ein weiterer Vertreter der Value-Zunft ist der Franklin Mutual European aus der Mutual Series von Franklin Templeton. Auch dieser Fonds ist ein Spiegelfonds vom Mutual European aus den USA.

Die Investmentphilosophie orientiert sich ebenfalls am klassischen Value-Ansatz. Die Analysten errechnen für die Unternehmen einen inneren Wert. Zusätzlich wird auf den inneren Wert ein Aufschlag angenommen, weil man dem Management zutraut, dass sie den Cashflow zum Nutzen der Aktionäre einsetzen. Es werden auch hier Aktien gekauft, deren innerer Wert sich nicht im aktuellen Kursniveau spiegelt. Im Portfolio sind unterbewertete Aktien das Fundament und zusätzlich werden noch Turnaround-Stories oder Übernahmen miteinbezogen.

Fondsmanager Phillipe Brugere-Trelat hat dem Frieden im Frühjahr nicht getraut und durch eine Put-Option auf den DJ Euro Stoxx auf fallende Kurse gesetzt. Das Portfolio Ende September zeigt noch immer eine Put-Position auf den DJ Euro Stoxx. Die Cash-Position wurde von 8% im Frühjahr wieder auf 12% hochgefahren. Den Schlüsselpositionen hält man auch weiterhin die Treue. Imperial Tobacco, British American Tobacco oder die Nahrungsmittelkonzerne Nestlé und Group Danone befinden sich seit über fünf Jahren im Portfolio. Abgebaut wurden jedoch Industriegüterproduzenten wie Daimler und Siemens. Der Rückgang deutscher Aktien von 22% im Frühjahr auf 17% im Herbst indiziert die andere Seite derselben Medaille.

Im letzten Bullenmarkt blieb der Fonds hinter seiner Benchmark und den Vergleichsfonds etwas zurück, dafür schlägt er sich seit letztem Sommer besser als beide Barometer. Um eine Aussage über einen längeren Zeitraum zu treffen, muss man das ältere US-Pendant zu Rate ziehen. Über zehn Jahre zeigt der US-Fonds eine beeindruckende Rendite von 10% pro Jahr, wohingegen Index und Vergleichsfonds knapp im negativen Bereich liegen. Der Vergleich hinkt jedoch etwas, da die US-Tranche eine TER 1,04% ausweist, während der in Deutschland erhältliche Fonds mit einer TER von 1,83% teurer ist.

BlackRock US Basic Value

Auch der US Basic Value von BlackRock ist ein Anhänger der Value-Strategie. Der Fonds wird seit knapp zehn Jahren von Kevin Rendino gemanagt, der außerdem von 1989 bis 1999 als Analyst für diesen Fonds zuständig war. Wie auch die vorherigen Beispiele hat der US Basic Value einen älteren Bruder in den Vereinigten Staaten.

Bei der Aktienselektion favorisiert das Fondsmanagement Value-Kennzahlen wie die Dividendenrendite. Der Portfoliomanager kauft gerne Aktien, die einen Kurssturz hinter sich haben, aber gute langfristige Wachstumsperspektiven bieten. Er verhält sich hier wie ein Contrarian-Investor, der an die Stärke des zugrunde liegenden Geschäftsmodells glaubt, auch wenn die Mehrheit sich gegen ihn stellt. Xerox ist ein Musterbeispiel, denn der Wert verlor seit Jahresbeginn 60% in Euro, während der S&P 500 nur 35% nachgab und trotzdem kaufte Rendino Aktien nach. Im Gegensatz zu den typischen Value-Fonds bestückt der Fondsmanager sein Portfolio mit Technologieaktien. Zumindest relativ hat sich das Engagement in IBM gelohnt, da die Aktie weniger als der Markt verlor.

Über die letzten zehn Jahre zeigt sich der Fonds mit -1% pro Jahr etwas besser als seine Kategorie und deutlich besser als der S&P 500. Auch wenn sich die Rendite seit Ausbruch der Subprimekrise in etwa den Vergleichsfonds entspricht, glauben wir, dass sich die Strategie langfristig auszahlen wird.

Die in diesem Artikel enthaltenen Informationen dienen ausschließlich zu Bildungs- und Informationszwecken. Sie sind weder als Aufforderung noch als Anreiz zum Kauf oder Verkauf eines Wertpapiers oder Finanzinstruments zu verstehen. Die in diesem Artikel enthaltenen Informationen sollten nicht als alleinige Quelle für Anlageentscheidungen verwendet werden.

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Über den Autor

Simon Nöth  ist Fondsanalyst bei Mornigstar

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