Wir prognostizieren langfristig einen Goldpreis von 1.100 US-Dollar

Unsere Prognose beruht auf den marginalen Produktionskosten.

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- Der momentane Rückenwind für den Goldpreis könnte in einen Gegenwind umschlagen. Die Auflage von Gold-ETFs, die steigende private Nachfrage in China und Indien, die Käufe der Zentralbanken und das Auflösen von Absicherungspositionen der Goldproduzenten unterstützten den Aufwärtstrend des Goldpreises. Langfristig werden sich einige dieser Trends unserer Meinung nach jedoch nicht halten können. Wenn sich Käufe in Verkäufe umkehren, dürfte der Goldpreis sinken.

- Die langfristige Vorhersage für den Goldpreis senken wir aufgrund unserer Einschätzung der marginalen Kosten für den Abbau von Gold. Diese setzen wir bei rund 1.100 US-Dollar pro Unze an. Da Gold nicht unmittelbar konsumiert wird, können Finanzinvestoren den Goldpreis kurzfristig mehr beeinflussen, als das die traditionelle Preisbestimmung aus Angebot, Nachfrage und Marginalkosten kann. Dennoch halten wir die traditionelle Methode für die geeignetste, um Rohstoffpreise vorherzusagen. Unsere langfristige Annahme von 1.100 US-Dollar (in heutigen Dollar) versucht, sowohl die Kosten der Produktion als auch die Kapitalkosten der Erschließung für den marginalen Produzenten zu berücksichtigen. Demnach produzierte 2010 die Mine mit den höchsten Kosten für schätzungsweise 900-1.000 US-Dollar per Unze. Bei den Abschreibungen, mit denen sich die Kapitalkosten approximieren lassen, gehen wir von 100-200 US-Dollar pro Unze aus.

Yamana Gold bleibt unser Favorit bei den Minenwerten auf relativer Basis. Yamana (AUY) hat unter den größten Goldproduzenten derzeit das günstigste Verhältnis aus Unternehmenswert zu Reserven. Das entspricht unserer Meinung nach nicht dem geringen Kostenprofil des Unternehmens und seinen Wachstumsaussichten. Yamana hat auch unter den von uns analysierten Goldwerten das geringste Verhältnis aus Kurs zu fairem Wert, basierend auf unserem Discounted-Cash-Flow-Modell.

Der momentane Rückenwind für den Goldpreis könnte letztendlich in einen Gegenwind umschlagen.

Nachdem es in den 80er- und 90er-Jahren wenig Bewegung in den Goldpreisen gab, zeigen die letzten zehn Jahre ein anderes Bild. So stieg der Goldpreis um mehr als das Fünffache des Durchschnittspreise von weniger als 300 US-Dollar per Unze 2001 auf mehr als 1.400 US-Dollar heute.

Was hat diesen immensen Anstieg des Goldpreises in der letzten Dekade verursacht? Wir haben hauptsächlich vier Faktoren ausgemacht:

1)    Die Auflegung und zunehmende Verbreitung von goldunterlegten Exchange Traded Funds (ETFs).

2)    Die wachsende Nachfrage der Konsumenten aus den Schwellenländern, insbesondere China und Indien.

3)    Zentralbanken wurden von einem Netto-Verkäufer zu einem Netto-Käufer von Gold.

4)    Goldproduzenten versuchten, die Absicherungspositionen gegen einen fallenden Goldpreises abzubauen.

Obwohl wir annehmen, dass einige dieser Faktoren dem Goldpreis weiterhin Rückenwind geben werden, sind andere Faktoren langfristig nicht haltbar. Dies unterstützt unsere Vorhersage für einen geringeren langfristigen Goldpreis (verglichen mit dem momentanen hohen Preis).

Seit die goldunterlegten ETFs seit 2004 im Handel sind, haben sie sich großer Popularität bei Goldinvestoren erfreut. Da sie preiswerter und einfacher zu handhaben sind als der Kauf und die Lagerung von Goldschmuck oder Goldbarren, haben ETFs den  Nachfrageaufschwung für Gold verstärkt. Der dadurch repräsentierte Bestand hat sich in den letzten fünf Jahren von 500 Tonnen Ende 2005 auf 2000 Tonnen Ende 2010 vervierfacht.  Die Nettozuflüsse in diese ETFs machten 2010 fast 9% der identifizierten Gesamtnachfrage nach Gold aus.

Die Gründe für die Attraktivität von Gold-ETFs sind vielfältig. Wir halten diese auch nicht für eine kurzfristige Modeerscheinung. Dennoch glauben wir nicht, dass diese ETFs weiterhin so viele Zuflüsse aufweisen werden wie in der Vergangenheit. In der Tat gab es bereits eine Abnahme der Nettozuflüsse bei den ETFs von 617 Tonnen 2009 auf 338 Tonnen 2010. Im Jahr 2011 wurden bis jetzt nur schwache Zuflüsse gemeldet. Es kam sogar zu Nettoabflüssen bei einigen großen goldunterlegten ETFs.

Neben ETFs haben Konsumenten in Schwellenländern durch ihre Nachfrage den Aufwärtstrend beim Goldpreis verstärkt. Die private Nachfrage aus China und Indien allein machte 41% der gesamten identifizierbaren Goldnachfrage weltweit aus. Im Jahr 2000 waren es nur 27%. Während die Deregulierung des chinesischen Marktes für die Investmentnachfrage nach Gold im Jahr 2001 sicherlich zu einer erhöhten Nachfrage führte, glauben wir jedoch, dass v.a. die wachsende Mittelschicht in Indien und China ein treibender Faktor der erhöhten Nachfrage ist. Die Mittelklasse gibt einen Teil ihres neu erworbenen Vermögens für Goldschmuck und Investmentprodukte aus. Die private Investmentnachfrage nach Gold bleibt unserer Auffassung nach hoch, da wir vermuten, dass ein Teil der in der Vergangenheit erfolgten Schmuckkäufe in China und Indien tatsächlich eher zu Investmentzwecken getätigt wurde. Über 80% des Schmuckumsatzes in China wurden 2010 mit 24-Karat-Stücken erzielt. Dieser Schmuck ist wegen seines puren Goldanteils aus der Sichtweise des Investors interessant. Wir denken, dass die Goldnachfrage weiterhin von der wachsenden Mittelschicht in China und Indien profitieren wird (wie andere Rohstoffe auch).

Die Zentralbanken spielen auf dem Goldmarkt ebenfalls eine wichtige Rolle. Erst kürzlich haben wir erlebt, dass sich diese von Gold-Nettoverkäufern in Gold-Nettokäufer verwandelt haben, was dem Goldpreis Auftrieb verlieh. Da die Zentralbanken oft Transaktionen in Höhe von mehreren Hundert Tonnen Gold abschließen, kann so ein Kauf (Verkauf) einen großen Einfluss auf den Goldpreis haben. Nachdem die Zentralbanken lange als Verkäufer am Markt agierten, wurde sie  2010 erstmals seit einigen Jahrzehnten ein Nettokäufer. Dazu zählten hauptsächlich Zentralbanken in den Schwellenländern (wie China, Indien und Russland), die ihre vorhandenen Goldreserven aufstockten, indem sie Gold am Markt kauften. Das überstieg bei weitem die verkaufte Menge an Gold, die die Zentralbanken der Industrieländer anboten.

Dieser Trend der letzten Jahre hat die Goldnachfrage weiter erhöht. Dennoch glauben wir nicht, dass man ihn in die Zukunft fortschreiben sollte. Der Kauf oder Verkauf von Gold durch die Zentralbanken wird letztendlich stark durch politische und soziale Faktoren beeinflusst. Diese können sich entsprechend der politischen Meinung schnell ändern. Dennoch muss man diesen Sektor im Auge behalten, da die Zentralbanken den Goldpreis beeinflussen – egal, ob als Käufer oder entsprechend ihrer historischen Rolle als Verkäufer.

Entgegen den Aktionen der Zentralbanken kann man die Absicherungsgeschäfte der Goldproduzenten leichter vorhersagen. Die Absicherungsgeschäfte wurden Ende 2010 auf weniger als 5 Mio. Unzen reduziert (im Jahr 2000 betrug dieser Wert mehr als 100 Mio. Unzen). Die Firmen müssen damit nicht länger Gold auf dem freien Markt kaufen (oder ihre Produktion ankurbeln), um bestehende Absicherungsgeschäfte aufzulösen. Das heißt aber auch, dass der vormals starke Rückenwind allmählich schwächer wird oder gar in einen Gegenwind umschlagen könnte, falls sich die Goldminenbetreiber entschließen, wieder mehr Absicherungsgeschäfte zu tätigen, um die historischen Höchstpreise von Gold langfristig für sich zu sichern. In der Tat gab es erst kürzlich mehr Absicherungsgeschäfte von Silberminenbetreibern zu beobachten. Viele Goldminenbetreiber traf es sicherlich sehr hart in der letzten Dekade, ihre Absicherungspositionen aufzulösen, als der Goldpreis in die Höhe schoss. Sie werden nicht so schnell wieder an den Markt zurückkehren. Dennoch wird der Rückgang in der Auflösung von Absicherungsgeschäften als Treiber für den Goldpreis wegfallen und könnte ein Faktor für sinkende Preise werden.

Die langfristige Vorhersage für den Goldpreis senken wir aufgrund der marginalen Kosten für den Abbau von Gold, die wir bei 1.100 US-Dollar ansetzen. Diese Form der Analyse halten wir für die aussagekräftigste Methode, um Goldminenunternehmen zu analysieren, auch wenn sie nicht mängelfrei ist. Dadurch lassen sich die am besten aufgestellten Unternehmen von denen unterscheiden, die höhere Kosten haben oder deren Produktion abnimmt. Wir geben zu, dass die Vorhersage des Goldpreises nicht einfach ist. Entgegen anderer Metalle kommt Gold nur bei wenigen Produkten zum Einsatz. So wird fast alles gewonnene Gold in Schmuck oder Barren verarbeitet und in Banktresoren aufbewahrt. Theoretisch beträgt die gesamte verfügbare Menge an Gold zum Verkauf ungefähr 30.000 Tonnen. Allein die Goldbestände der Zentralbanken machen 12 Jahre der Produktion aus. Investoren scheinen den Goldpreis kurzfristig mehr beeinflussen zu können, als die traditionelle Preisbestimmung aus Angebot, Nachfrage und Marginalkosten. Die Kombination aus einem schwachen US-Dollar, dem niedrigen oder negativen realen Zinsniveau sowie die makroökonomische und geopolitische Ungewissheit werden oft als Ursache für den steigenden Goldpreis genannt. Investoren nutzen Gold als einen sicheren Hafen für ihre Geldanlage.

Trotz der Schwachstellen glauben wir, dass sich die Analyse der marginalen Kosten, des Angebots und der Nachfrage am besten zur langfristigen Prognose des Goldpreises eignet -insbesondere, um die Unternehmen herauszufiltern, die über die geringsten Kosten sowie über Wachstumsmöglichkeiten verfügen. Die verfügbaren Kapazitäten zum Abbau haben angesichts des hohen Goldpreises in letzter Zeit zugenommen. Dennoch kämpfen die Minenbetreiber mit einem geringeren Goldgehalt, höheren Kapitalkosten, längeren Vorlaufzeiten sowie geringen Erfolgen bei der Erschließung neuer Vorkommen. Das hat das Angebot und die Kosten unter Druck gesetzt. Dennoch sollte die Nachfrage nach Gold durch die Nachfrage der Gold-ETFs und die wachsende Mittelschicht in den Schwellenländern hoch bleiben. Deshalb glauben wir, dass der Goldpreis über dem historischen Durchschnitt bleiben wird (aber nicht auf dem gegenwärtig hohen Niveau).

Unsere langfristige Prognose von 1.100 US-Dollar für den Goldpreis (in heutigen Dollar) versucht, die Kosten der Produktion und die Kapitalkosten der Minenbetreiber zu berücksichtigen. Danach produzierte 2010 die Mine mit den höchsten Kosten Gold für 900-1.000 US-Dollar per Unze. Bei den Abschreibungen, mit denen sich die Kapitalkosten approximieren lassen, gehen wir von 100-200 US-Dollar pro Unze aus. Während das Goldangebot dynamischist, werden die zukünftig geringeren Kosten für Lizenzen, Maschinen und Arbeitskräfte (alle korrelieren positiv mit dem Goldpreis) durch den geringeren Goldgehalt aufgewogen.

Durch unseren Fokus auf den Marginalkosten lohnt sich ein Blick auf südafrikanische Goldminenbetreiber, die besonders hohe Kosten bei der Goldgewinnung haben. Verschiedene Faktoren ließen die Kosten pro Unze von AngloGold Ashanti von 405$ 2006 auf 816$ 2010 steigen. Die Mine Savuka hatte die höchsten Kosten mit 1100$. Das Unternehmen kämpft mit der Abnahme von relativ leicht abzubauenden Reserven. Daher muss es verstärkt in tieferen Erdschichten arbeiten, was zu höheren Kosten führt und mit einer Abnahme des Goldgehalts einhergeht. Die veraltete Infrastruktur von mehr als hundert Jahre alten Minen führt zudem zu operativen Problemen, was die Produktion von 6 Mio. Unzen 2005 auf 4 Mio. Unzen 2010 reduzierte. Die geringere Produktion, verbunden mit höheren Fixkosten führte zu einer Erhöhung der ‚Stückkosten‘. Die unterirdischen Minen in Südafrika sind stark auf menschliche Arbeitskraft und Elektrizität angewiesen und erhöhen so die Kosten für Personal und Strom zusätzlich. Die Gewerkschaft von AngloGold hat eine zweistellige Lohnerhöhung in den vergangenen Jahren gefordert, als der Goldpreis historische Höhen erreichte. Da sich die geringen Investitionen in die Energieversorgung in Südafrika bemerkbar machten, mussten die Bergbauunternehmen Preiserhöhungen in Kauf nehmen. Diese Faktoren werden auch weiterhin die südafrikanischen Hersteller beeinflussen.

In der Vergangenheit nutzten wir COMEX Gold-Futures als Goldpreis für unser Discounted-Cash-Flow-Modell anstatt einer Goldpreisprognose. Das resultierte in häufigen und manchmal auch drastische Änderungen des fairen Werts eines Unternehmens basierend auf dem Marktpreis für Gold. In der Zukunft werden wir für die ersten drei Jahre unserer Berechnungen weiterhin den Kurs des COMEX Gold-Futures verwenden. Das hilft uns, kurzfristige Änderungen im Cash Flow eines Unternehmens abzuschätzen. Bei längeren Perioden verwenden wir eine Vorhersage für den um die Inflation bereinigten langfristigen Goldpreis. In der Praxis haben wir die Prognose für 2014 von 1.515 US-Dollar auf 1.200 US-Dollar reduziert. Für 2015 wurde die Prognose von 1.579 US-Dollar auf 1.236 US-Dollar gesenkt.

Die Absenkung der Goldpreisprognose zieht niedrigere Schätzungen für den fairen Wert  der von uns analysierten Goldproduzenten nach sich. Die Höhe der Anpassung wird letztendlich aber von den Kosten der Unternehmen sowie dem Timing und Kostenprofil neuer Projekte abhängen.

Yamana Gold bleibt aus relativer Sicht unser Favorit bei den Minenwerten.

Yamana ist ein mittelgroßes Unternehmen, das über sechs Minen in Zentral- und Südamerika verfügt. Die Firma verfügt relativ gesehen über eine sehr geringe Kostenbasis. In den nächsten Jahren sollen vier Projekte ihre Produktion aufnehmen. Yamana hat unter den größten Goldproduzenten derzeit das günstigste Verhältnis aus Unternehmenswert zu Reserven. Das entspricht unserer Meinung nach nicht dem geringen Kostenprofil des Unternehmens und seinen Wachstumsaussichten. Wir denken, dass der Markt das Umsetzungspotential der neuen Projekte unterschätzt. Das Unternehmen hat aus seinen Fehlern gelernt und die Akquisitionen der Jahre 2006 und 2007 verdaut. Drei von vier Projekten haben die Genehmigungsverfahren erfolgreich durchlaufen (Mercedes, C-1 Santa Luz und Ernesto). Der Markt scheint das anstehende starke Wachstum der Goldproduktion des Unternehmens, das 2012 beginnen soll, nicht genug zu würdigen. Der Verkauf der Mehrheit an Agua Rica (Kupfer- und Goldvorkommen) an Goldcorp und Xstrata, der am 8. März bekannt gegeben wurde, wird dem Aktienkurs Aufwind verleihen. Der Verkauf entfernt viele Unsicherheiten hinsichtlich Agua Rica und verringert die Bedenken der Investoren über den hohen Kupfer-Anteil des Unternehmens relativ zu anderen Goldproduzenten.

Elizabeth Collins, CFA, ist Associate Director of Equity Research bei Morningstar. Die Morningstar Aktienanalysten Joung Park und Min-Tang-Varner haben zu diesem Artikel beigetragen. Er erschien ursprünglich am 8. April 2011.

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Über den Autor

Elizabeth Collins, CFA  Elizabeth Collins, CFA, is an associate director of equity research with Morningstar.