„Wir sind bei der Auswahl der Immobilien vorsichtiger geworden“

Ein Interview mit Dr. Stefan Krausch von der MEAG. Krausch geht auf die Frage ein, warum sich der Konjunktureinbruch in diesem Jahr nur unwesentlich in der Immobilien-Branche widerspiegelt. Ein Gespräch über die Perspektiven des Immobilienmarkts in Zeiten von Covid-19.

Ali Masarwah 03.08.2020
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Wer glaubt, die Coronakrise habe nicht nur die Konjunktur, sondern auch Immobilienpreise ins Wanken gebracht, der sieht sich getäuscht. Egal, ob es Wohn- oder gewerbliche Immobilien sind: Die Preise halten sich auf hohen Niveaus. Wer das kleine Einmaleins des Immobilieninvestierens gelernt hat, weiß, dass der Immobilienmarkt eng am Konjunkturverlauf gekoppelt ist. Wie die stabilen Immobilienpreise mit den grottigen Wirtschaftszahlen zusammenpassen, erläutert uns Dr. Stefan Krausch im Interview. Er wagt auch ein Blick in die Glaskugel, wohin es mit dem Immobilienmarkt geht und ob die Pandemie einen Regimewechsel in der Immobilienwirtschaft bedeutet. Krausch verantwortet beim Vermögensverwalter MEAG das Management des zwölf Milliarden Euro schweren Immobilienportfolios des Mutterkonznerns Munich Re. Dies umfasst alle direkten sowie indirekten Investments inklusive der globalen REITs-Allokation. Zuvor beriet er bei McKinsey internationale Unternehmen. Der promovierte Bauingenieur studierte als Wirtschaftsingenieur in Berlin und Manchester und lehrt Portfolio- und Risikomanagement an der IRE|BS Immobilienakademie.

Morningstar: Herr Krausch, Immobilien gelten als solide und werden auch heute als konservative Anlage beschrieben und beworben. Aber die Preise von Immobilien hängen am Konjunkturverlauf – und da ächzt es in Corona-Zeiten im Gebälk. Wie zyklisch oder wie defensiv sind Immobilien-Investments heute? 

Stefan Krausch: Darauf gibt es eine klare Antwort: Es kommt darauf an. Manche Immobilienarten entwickeln sich eng mit dem Konjunkturverlauf, etwa einige gewerbliche Immobiliensegmente: Büros, Logistik, Bereiche des Einzelhandels. Dagegen sind Immobilien des täglichen Bedarfs, wie Wohnen oder der Lebensmittelhandel, aber auch um Infrastrukturbereiche wie Data Center,  weniger zyklisch. Natürlich sind sie nicht vollständig von der Konjunktur entkoppelt; auch hier spielen konjunkturellen Faktoren wie etwa Zinsniveau oder Einkommen eine Rolle, aber diese Sektoren sind weniger volatil.

Täuscht es oder ist die Preisbildung im Immobilienbereich nicht sehr träge? Preise reagieren nicht so schnell auf aktuelle Entwicklungen, ganz im Gegensatz zu Aktienpreisen. Zyklische Immobilien haben also ein nicht unerhebliches Trägheitsmoment. 

Der Liquiditätsaspekt ist hier entscheidend. Immobilienpreise reagieren im Abschwung verzögert gegenüber der wirtschaftlichen Entwicklung, weil Immobilien eben keine liquiden Assets sind wie Aktien oder Staatsanleihen, wo Preisänderungen sofort zu beobachten sind. Vor Umsetzung einer Transaktion müssen Eigentümer und Kaufinteressenten erst einmal zusammenfinden. Dann müssen Immobilien im Detail geprüft werden – ihre Qualität und Nutzbarkeit, ihre Lage, auch rechtliche und steuerliche Aspekte. Selbst wenn Käufer und Verkäufer sich rasch grundsätzlich einig werden, so brauchen Verhandlungen für die Details der Verträge doch Zeit. All das führt zu einer gedehnten Preisentwicklung. 

Das würde bedeuten, dass sich die Coronakrise noch nicht in den Preisen, zu denen Transaktionen stattfinden, widerspiegelt? 

Die Unsicherheit ist hoch, was die weitere Preisentwicklung anbelangt. Es gibt eine Reihe von Indikatoren, die besagen, dass sich die Preise zumindest in einigen Segmenten ändern sollten. In Deutschland sehen wir davon bislang aber wenig. Warum? Weil es noch keine ausreichende Zahl an Transaktionen gibt. Treffen die Erwartungen zu, dann werden die Preisänderungen in diesen Segmenten erst später sichtbar. Die Preise laufen dann den Ereignissen hinterher.  

Dann spiegeln also die Preisetiketten, die man am Immobilienmarkt vorfindet, noch nicht die Effekte der Corona-Krise wider? Weil das, was man sieht, die Verhandlungsergebnisse aus der Vor-Corona-Zeit sind und es aktuellere Ergebnisse noch nicht gibt? 

Einen vergleichbaren Einbruch bei den Transaktionen haben wir zuletzt zur Zeit der Finanzkrise gesehen. Die Immobilienmärkte waren damals vollkommen illiquide, und in weiten Teilen sind sie das auch heute, insbesondere außerhalb Deutschlands. Die Situation hat sich unter Corona-Bedingungen sogar noch verkompliziert. Selbst wenn ein Eigentümer einen Interessenten für seine Immobilie findet, dann kann sich die Transaktion dadurch verzögern, dass eine Prüfung vor Ort, also eine Besichtigung, aufgrund der Pandemie nicht stattfinden kann.

Einen vergleichbaren Einbruch bei den Transaktionen haben wir zuletzt zur Zeit der Finanzkrise gesehen

Der Käufer sitzt in Frankfurt, aber es gibt keinen Flug nach Barcelona, oder der Käufer will sich nicht dem Infektionsrisiko aussetzen, oder er will eine anschließende Quarantäne vermeiden. Ohne eine Besichtigung wird eine Transaktion in der Regel nicht zustande kommen. 

Erwarten Sie im Immobilienbereich die V-förmige Erholung, die derzeit von Aktien-Investoren gespielt wird? 

Die Erholung hängt bei Immobilien natürlich auch davon ab, wie sich die Wirtschaft insgesamt entwickelt. Spricht viel dafür, dass es ein „V“ wird? Den ersten Teil des „V“, also den tiefen Einbruch, haben wir in vielen volkswirtschaftlichen Fundamentalgrößen gesehen. Die Rückkehr auf die Niveaus vor der Pandemie haben die liquiden Märkte vorweggenommen, die fundamentalen Größen sind davon aber noch weit entfernt. Wenn es ein „V“ wird, gehören Immobilien zu den Gewinnern, denn dann gibt es gute Chancen auf eine zügige Erholung. Aber ein richtig spitzes „V“, also eine schnelle vollständige Rückkehr, sehen wir derzeit nicht. Wir gehen davon aus, dass das Umfeld noch länger volatil bleiben wird. Es herrscht große Unsicherheit, denn die Frage, die über allem schwebt, ist, wie es mit dem Virus weitergeht. Die jüngsten Entwicklungen bei den Fallzahlen lassen eine vorsichtige Einschätzung angeraten sein. Wir haben es noch nicht geschafft. 

Aber bis das wo weit ist, werden Investoren weiter Immobilien kaufen. Heute sind die Gewinner der Corona-Krise gefragt. Wie groß sind die Sektoren, die man heute zu den Gewinnern zählt, etwa die von Ihnen genannten Data Warehouses? 

Die Nachfrage ist unverändert groß, denn der Nachholbedarf ist aufgrund der Pandemie nicht geringer geworden, die Dringlichkeit dagegen höher. Die erforderliche Versorgung der Industrie und der Bevölkerung mit digitaler Infrastruktur, mit Inhalten und mit Dienstleistungen hat Folgen für die Immobilienwirtschaft. Das Datenvolumen wächst seit Jahren exponentiell. Damit es verarbeitet und verteilt werden kann, ist eine entsprechende Infrastruktur nötig, zu der auch Data Center zählen. Das lässt sich auch an den Kursen entsprechender REITs an den Börsen ablesen, wo sich die ohnehin starke Nachfrage durch die Ausbreitung des Virus noch verstärkt hat. Aber ein dominierendes Segment innerhalb der Assetklasse Immobilien bilden sie nicht, und sie sind auch nicht ohne Risiken. Die Technologie verändert sich schnell, und es ist ungewiss, wie die Data Warehouses der Zukunft aussehen werden. Auch wenn solche Objekte gebraucht werden und die Perspektiven aussichtsreich erscheinen: Die derzeitigen Preise spiegeln sehr viel Zuversicht wider. 

Der Zins und die Immobilie. Wie hat sich das Niedrigzinsumfeld der vergangenen Jahre auf die Risikobereitschaft von Immobiliengesellschaften und -Fonds ausgewirkt? Wird heute alles gekauft, was nicht bei drei auf dem Baum ist? 

Die Antwort haben Sie schon einmal gehört: Es kommt darauf an. Ihre Frage zielt darauf ab, ob Anleger überhaupt noch differenzieren. Ja, das tun sie. Investoren zahlen nicht jeden Preis für alles. Sie sind wählerisch, auch im auf viele Jahre anhaltenden Niedrigzinsumfeld. Es werden derzeit aufgrund der pandemiebedingten Unsicherheit hohe Preise für Sicherheit bezahlt. Bei Immobilien mit höheren Volatilitätserwartungen bezüglich der Cashflows werden Abschläge gefordert. Wohnungsportfolios bieten breit diversifizierte Cashflows und Investoren sind bereit, höhere Preise und niedrigere Renditen zu akzeptieren als bei einem Einzelhandelsportfolio oder einem Portfolio von Büroobjekten. Bei Letzteren lässt sich derzeit weniger gut prognostizieren, ob die Mieter künftig noch im derzeitigen Umfang Flächenbedarf haben werden. Auch müssen die Folgen struktureller und konjunktureller Auswirkungen der Pandemie auf die Cashflows bedacht werden. 

Kommen wir zu den Problemkindern: Büros, Hotels, Einzelhandel. Ist da nicht so viel Unsicherheit im Spiel, dass man davon die Finger lassen sollte? Oder gibt es Kaufchancen? 

Diese Nutzungsarten sind unterschiedlich von den Auswirkungen der Pandemie betroffen.  In Coronazeiten halten Konsumenten ihr Geld zusammen, es wird weniger eingekauft, weniger gereist und weniger übernachtet. Auch Geschäftsreisen sind stark zurückgegangen, Messen und Konferenzen mit persönlicher Präsenz finden kaum statt. Entsprechend sehen wir deutliche Bremsspuren bei Hotels, Büros und in bestimmten Einzelhandelssegmenten. Entscheidend für diese Immobilien ist aber die längerfristige Perspektive. Wie geht es nach Corona weiter?

Ich gehe davon aus, dass sich auch die Branchen Einzelhandel und Hotellerie wieder erholen werden. Aber das kann dauern. Wichtig wird sein, das Virus in den Griff zu bekommen.

Bei allen Schwierigkeiten der aktuellen Einschätzung werden die Menschen ihre grundlegenden Verhaltensweisen nicht ändern: Sie sind soziale Wesen, sie wollen reisen, konsumieren, sich zeigen, unterwegs sein und andere Menschen treffen. Und das schon seit vielen Jahrtausenden. Insofern gehe ich davon aus, dass sich auch die Branchen Einzelhandel und Hotellerie wieder erholen werden. Aber das kann dauern. Wichtig wird sein, das Virus in den Griff zu bekommen und einen wirksamen Impfstoff zu entwickeln. 

Gilt das auch für Büroimmobilien? Die Corona-Krise hat gezeigt, dass Home-Office bei den meisten klappt, die Effizienz der Angestellten hat nicht gelitten, viele schätzen sogar die Möglichkeit, von Zuhause zu arbeiten. Und Unternehmen müssen gerade an der Kostenschraube drehen. Da kann man eins und eins zusammenzählen: Werden sich Büro-Immobilienpreise vielleicht nicht erholen, wie das bei Retail, Leisure und Hotels der Fall sein könnte? 

Dies ist eine breit diskutierte Frage. Es gibt unterschiedliche Trends und Tendenzen. Einerseits: Miete zu reduzieren, spart Kosten. Andererseits: Die Unternehmen müssen ihren Mitarbeitern auch beim Home-Office einen angemessenen Arbeitsplatz bereitstellen bzw. adäquaten Ersatz für ihre Büroarbeitsräume zur Verfügung stellen, denn es müssen unabhängig vom Ort stets die Arbeitsplatzrichtlinien erfüllt werden. Es liegt selbstverständlich auch im Interesse der Unternehmen, ihren Mitarbeitern ein für die Leistungserbringung günstiges Umfeld zu schaffen. Aus der globalen Perspektive müssen die Unterschiede in der jeweiligen Lebenssituation berücksichtigt werden.  Die Wohnflächen sind in Deutschland, trotz der in vielen Fällen als begrenzt empfundenen Verhältnisse, im internationalen Vergleich relativ großzügig bemessen; das Arbeiten von Zuhause ist vielfach unter Berücksichtigung der geltenden Vorschriften möglich und oft auch aus Sicht der Mitarbeiter wünschenswert.  In London oder Hongkong hingegen sind die Verhältnisse in sehr vielen Fällen so beengt, dass die Arbeitnehmer es vorziehen, zur Arbeit ins gewohnte Büro gehen zu können. Für den internationalen Investor in gewerbliche Immobilien ergibt sich so ein regional differenziertes Bild. Die deutsche Diskussion bildet nicht den globalen Maßstab ab. 

Also gut, nicht alle bleiben zuhause, aber zwei Tage Home-Office könnten bis zu 20 Prozent der Bürofläche sparen… 

Diese Rechnung dürfte so nicht aufgehen. Irgendwann müssen Teams auch zusammenkommen können, gerade wenn sie kreativ und effektiv zusammenarbeiten sollen. Das geht nicht, wenn einer am Montag, der zweite am Dienstag und der Dritte am Mittwoch im Büro ist. Unternehmen müssen also Fläche vorhalten, damit die Mitarbeiter zu Spitzenzeiten zusammen ihren Platz finden. Für die Nachfrage nach Büroflächen rücken damit Flexibilität, Qualität und attraktive Lage noch stärker in den Vordergrund. Allerdings wird es auf die kurze Frist nicht viel Veränderung in der Flächennachfrage geben, denn die Unternehmen sind vielfach an längerfristige Mietverträge gebunden. Auch sollte sich jeder Arbeitgeber genügend Zeit nehmen, die Möglichkeiten der Arbeitsplatzgestaltung in allen wesentlichen Dimensionen zu prüfen. Die Antworten dürften unterschiedlich ausfallen. 

Und was ist mit Konversionsszenarien? Der Umwandlung von Büros oder Retail in Wohnungen? In Frankfurt wird gerade ein neuer Name für die ehemalige Bürostadt Niederrad gesucht, die immer mehr zu einem gemischten Viertel wird. 

Gegenfrage: Sehen Sie so viele unvermietete Büros? Derzeit ist nicht absehbar, dass es zu einer großräumigen Umwidmung von Büros in Wohnungen kommen wird. Wir werden nach einer Beruhigung der Pandemie insgesamt wieder mehr ins gewohnte Büro gehen als heute. Eine breitflächige Umwidmung ist auch deshalb unwahrscheinlich, weil die Büromärkte vor der Krise Leerstände auf sehr niedrigem Niveau vorwiesen. Es gab kaum freie Flächen - deshalb sind die Preise und Mieten vor der Krise auch so stark gestiegen. Inzwischen bewegen wir uns mit Blick auf das Angebot bei den Neubauten nicht mehr auf historischen Höchstständen. Die Leerstandsquoten dürften steigen, die strukturellen Veränderungsprozesse sollten sich aber auf marktverträglichen Niveaus bewegen. Die Frage der Umwidmung stellt sich derzeit in der Breite nicht. 

Haben Sie es etwas genauer, wie der Nachfragerückgang aussehen wird und von welchen Leerstandsquoten wir perspektivisch bei Büros ausgehen sollten? 

An den attraktiven Standorten sollte sich der längerfristige Nachfragerückgang bei den Büroflächen im Rahmen halten, in weniger attraktiven Lagen könnten wir zweistellige Rückgänge sehen, als konservativer Investor sollte man diese Größenordnungen in einer Szenarioanalyse nicht ausschließen.

An den attraktiven Standorten sollte sich der längerfristige Nachfragerückgang bei den Büroflächen im Rahmen halten, auch wenn sich die Mieten nicht auf Vorkrisen-Niveau halten werden 

Die Leerstandsquoten werden die Qualitätsunterschiede der Objekte und ihre Lage widerspiegeln. Für die gut gelegenen, zentralen und modernen Objekte wird die Nachfrage weiter hoch sein. Die Mieten dürften auf Sicht nicht mehr auf den Spitzenniveaus vor der Krise liegen. 

Wie stellen Sie sich als Immobilien-Investor auf die Corona-Krise ein? Hat die MEAG ihre Investmentstrategie Covid-19 bedingt verändert? 

Wir haben keine strategischen Änderungen vornehmen müssen, weil wir schon immer langfristig agiert und darauf geachtet haben, nur Investitionen zu tätigen, mit dem wir auch nach zehn und mehr Jahren zufrieden sein können. Wir waren bei der Auswahl von Immobilien nach dem sehr langen Konjunkturzyklus konservativer eingestellt und haben in den vergangenen Jahren zunehmend in qualitativ hochwertige und wertbeständige Wohnimmobilien investiert. Bei Einzelhandel und Logistik haben wir in gute bis sehr gute Lagen und ebenfalls hohe Qualitäten investiert, wobei wir hier bei der Auswahl ebenfalls – je weiter der Zyklus fortgeschritten war – zunehmend vorsichtiger geworden sind. Als Investor für Versicherungen betrachten wir die Assetklasse Immobilien als stabilisierendes Element der Kapitalanlage, und entsprechend investieren wir. 

Sie warten auf Gelegenheiten, die noch nicht so zahlreich sind? 

Wir haben immer hinreichende Kapazitäten für Einkäufe und sind jederzeit in der Lage, günstige Gelegenheiten wahrzunehmen. Gleichwohl haben Opportunitäten immer Einzelcharakter. Ein Objekt muss attraktiv sein, aber es hängt auch davon ab, in welcher Stadt es steht und um welche Nutzungsart es sich handelt. Wir sind zuversichtlich, in den kommenden Monaten Gelegenheiten am Markt zu finden, die wir im normalen Umfeld nicht erwerben könnten. Aber ich erwarte nicht, dass das kurzfristig passieren wird, und dass wir im großen Stil aktiv werden. Das liegt auch am Angebot. Viele Marktteilnehmer sind gut durchfinanziert und entsprechend komfortabel mit Liquidität ausgestattet. Wir sind wachsam und geduldig. 

Zum Schluss die Gretchenfrage: Offene Immobilienfonds oder Immobilienaktien? Offene Immobilienfonds sind einerseits nach der Reform 2013 sicherer geworden, aber die Cash Quoten sind heute sehr hoch. Immobilien-Aktien sind mit Blick auf das Rendite-Risiko-Verhalten in erster Linie Aktien, aber sie spiegeln schneller Trends wider. Welches ist das bessere Immobilien-Investment? 

Fonds und Aktien, zwei Mäntel für dasselbe Asset. Bei offenen Immobilienfonds handelt es sich um zumeist um große Portfolien, deren Objekte einmal pro Jahr von unabhängigen, vereidigten Sachverständigen bewertet werden. Diese Art der Preisbildung hat einen stabilisierenden Effekt, weil sich die Gutachter nicht nur an den Transaktionen, sondern auch den längerfristigen Gegebenheiten am Markt orientieren. Anteilswerte offener Immobilienfonds spiegeln in diesem Sinne wider, was deren Immobilien nach aktueller Kenntnis auf die lange Sicht wert sein sollten, nicht unbedingt das, was sie im Moment kosten. Geht man davon aus, dass der Markt langfristig den gutachterlichen Wert der Immobilien bezahlt, kann man mit einem Fonds richtigliegen.

Offene Immobilienfonds erfüllen so gesehen die Funktion des konservativen Immobilienportfolios mit idealerweise stabilen Cashflows und wenig schwankendem Wert.

Ja, aber zu berücksichtigen ist, dass Fonds eine Cash-Quote zur Bedienung der Anteilrückgaben vorhalten müssen; diese reduziert das Liquiditätsrisiko, kostet aber Rendite. Bei Immobilien-Aktien findet die Bewertung täglich über den Börsenkurs statt. Entsprechend ist die Volatilität höher, weil sich am Aktienmarkt die Bewertungen kurzfristig ändern. Über die Lagen und Qualitäten der Immobilien in diesen Portfolien besteht regelmäßig hohe Transparenz. Anleger können damit täglich taxieren, was die Akteure am Aktienmarkt für diese Objekte zu zahlen bereit sind. Der Vorteil für Anleger mit hoher Immobilienexpertise besteht darin, dass sie gut abschätzen können, ob eine Aktie gemessen an den zugrunde liegenden Immobilien zu günstig, fair oder zu teuer bewertet ist. Bei Aktien lassen sich Kauf- und Verkaufszeitpunkte sehr fein über steuern, das geht beim offenen Immobilienfonds aufgrund strenger Fristen nicht. Der Anleger ist stärker als bei der Aktie an seine früheren Anlageentscheidungen gebunden. 

Bei aller Begeisterung für die gigantischen Sharpe Ratios von offenen Immobilienfonds müssen Anleger bedenken, dass ihr größtes Risiko darin besteht, dass sie ihre langfristigen finanziellen Ziele verfehlen. Offene Immobilienfonds sind dann doch nicht so risikolos, wie es den Anschein hat. 

Es ist davon auszugehen, dass die Manager offener Immobilienfonds alles daransetzen, ihre langfristigen finanziellen Ziele zu erreichen. Hohe Cash Quoten, die zur Verbesserung der Liquidität gehalten werden, wirken dabei allerdings dämpfend.

Die Fragen stellte Ali Masarwah 

 

Die in diesem Artikel enthaltenen Informationen dienen ausschließlich zu Bildungs- und Informationszwecken. Sie sind weder als Aufforderung noch als Anreiz zum Kauf oder Verkauf eines Wertpapiers oder Finanzinstruments zu verstehen. Die in diesem Artikel enthaltenen Informationen sollten nicht als alleinige Quelle für Anlageentscheidungen verwendet werden.

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Über den Autor

Ali Masarwah

Ali Masarwah  Ali Masarwah war von 2011 bis Frühjahr 2021 als Chefredakteur für die deutschsprachigen Anleger Websites von Morningstar verantwortlich