In Sachen Fonds-Transparenz bietet Deutschland nur Durchschnittliches

Der Fondsstandort Deutschland erhält in unserer „Global Investor Experience Study“ die Note „Durchschnittlich“ für die Fondstransparenz. In Sachen ESG-Transparenz sind die Signale auf EU-Ebene aber viel versprechend.

Natalia Wolfstetter 14.12.2020
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Transparenz über Gebühren zählen zu den wichtigsten Offenlegungspflichten für Fondsanbieter

Der Fondsstandort Deutschland erhält die Note „durchschnittlich“ für die Fondstransparenz. Das leitet sich in erster Linie aus der Angleichung an die Standards der Europäischen Union ab. Das ergibt sich aus dem dritten Teil der „Global Investor Experience Study“, einer vergleichenden Studie zur Anlegerfreundlichkeit der wichtigsten lokalen Märkte weltweit. In der Teiluntersuchung zum Thema Offenlegung haben wir uns 26 Fondsmärkte näher angeschaut. Die wichtigsten Aspekte zur Transparenz auf den deutschen Fondsmarkt haben wir hier für Sie aufgeführt.

Generelle Offenlegungspflichten

Fonds sind verpflichtet, Jahres- und Halbjahresberichte zu veröffentlichen, und die Abschlüsse innerhalb dieser Aktionärsberichte müssen einen Vorjahresvergleich enthalten. Factsheets sind nicht vorgeschrieben, werden aber in der Regel auf monatlicher Basis bereitgestellt. Fact Sheets werden als Marketingmaterial betrachtet und müssen den OGAW-Vorschriften der Stufe II entsprechen, die vorschreiben, dass Anzeigen klar, fair und nicht irreführend sein müssen.

Jenseits der kommerziellen Plattformen (also auch morningstar.de) gibt es weder eine zentrale Website für Fondsdokumente noch eine Vorschrift zur monetären Darstellung von Gebühren („in Heller und Cent“) in den offiziellen Fondsdokumenten der Anbieter. Die Angabe von Managernamen ist in Deutschland weniger üblich als in den meisten Märkten dieser Studie. Ebenso ist die Diskussion des Managements über die Wertentwicklung nicht vorgeschrieben, wird aber in der Regel zur Verfügung gestellt, wobei die Qualität der Diskussion von Fondsanbieter zu Fondsanbieter variiert und oft nicht sehr detailliert ist.

Positiv zu vermerken ist allerdings, dass die deutsche Aufsichtsbehörde begonnen hat, auf die Offenlegung von Umwelt-, Sozial- und Governance-Risiken zu drängen, um Anlegern das Verständnis und den Vergleich von Produkten zu erleichtern. 

Vereinfachter Verkaufsprospekt

Wie in anderen EU-Ländern auch, müssen Fonds, die in Deutschland vertrieben werden, einen vereinfachten Prospekt, das sogenannte Key Investor Information Document (KIID), zur Verfügung stellen. Das KIID ist zusammen mit dem Verkaufsprospekt Teil der Verkaufsunterlagen. Die Vorschriften schreiben vor, dass das KIID in einer einfachen Sprache verfasst sein sollte, die für den durchschnittlichen Anleger verständlich ist - obwohl der Abschnitt über die Strategie oder das Ziel nicht immer genügend Informationen für einen Anleger enthält, um die Strategie der Anlage effektiv zu bestimmen, da Standardformulierungen (im Sinne von Textbausteinen) die Beschreibung prägen können.

Das Dokument enthält auch einen Abschnitt, der die wesentlichen fondsspezifischen Risiken abdeckt, wobei die Risiken zusätzlich zu einem quantitativen Risikoindikator, der auf einer standardisierten Skala basiert, die einen einfachen Vergleich zwischen den Fonds ermöglicht (d. h. der synthetische Risiko- und Ertragsindikator oder SRRI) und recht klar in narrativer Form dargestellt werden. Die wichtigsten Risiken werden so erklärt, dass sie für den durchschnittlichen Anleger verständlich sind, aber das mögliche negative Ergebnis, das mit jedem Risiko verbunden ist, wird nicht so deutlich angegeben.

Fondsanbieter sind verpflichtet, im KIID einen Wert für die laufenden Kosten offenzulegen, der in Übereinstimmung mit den OGAW-Richtlinien berechnet und dargestellt wird. Das KIID enthält ein Balkendiagramm der Kalenderjahresperformance der Anteilsklasse über die letzten 10 Jahre im Vergleich zu ihrer Benchmark, sofern vorhanden; dieser Abschnitt des KIID entspricht ebenfalls einer Reihe von OGAW-Richtlinien. Es gibt keine Darstellung der Gebühren innerhalb des Dokuments, in der die Kosten auf „Heller und Cent“ aufgeführt werden.

Darüber hinaus sind die Fondsanbieter verpflichtet, sogenannte Performance-Gebühren sowie Kauf- und Rücknahmegebühren im Jahresbericht oder KIID einzeln auszuweisen. Bestandsprovisionen werden im Rahmen der gebündelten laufenden Kosten ausgewiesen. Fonds, die in erheblichem Umfang in andere Fonds investieren, müssen die Gebühren der zugrundeliegenden Fonds in die Berechnung der laufenden Kosten einbeziehen.

Leider gibt es im Gegensatz zum britischen „Assessment of Value Report“ in Deutschland keine Anforderungen an die Fondsanbieter, die Angemessenheit der Gebühren ihrer Fonds regelmäßig zu überprüfen und schriftlich zu begründen.

Offenlegung von Portfoliobeständen

Fonds sind verpflichtet, ihre Portfoliobestände in ihren Jahres- und Halbjahresberichten offenzulegen, die in der Regel auf der Website des Vermögensverwalters veröffentlicht werden. Eine vollständige Offenlegung aller Positionen ist erforderlich, einschließlich Long- und Short-Positionen in börsengehandelten Aktien, Anleihen, Derivaten und privaten Anlagen. Gemäß der OGAW-Verordnung haben Fonds vier Monate nach Ende des Geschäftsjahres Zeit, den Jahresbericht zu veröffentlichen, während Halbjahresberichte innerhalb von zwei Monaten veröffentlicht werden müssen. Laut unseren Erhebungen berichten 50 Prozent der Fonds monatlich und fast 20 % der Fonds vierteljährlich über die Zusammensetzung ihrer Portfolios. Die typische Verzögerung bei der Portfolioberichterstattung beträgt etwa zwei Monate.

Offenlegungen zum Portfoliomanagement

Fonds sind nicht verpflichtet, den Namen und die Amtszeit des leitenden Portfoliomanagers anzugeben, und weniger als die Hälfte der in Deutschland domizilierten Fonds melden die Namen der Manager an Morningstar. Informationen zu Name und Amtszeit sind manchmal in Fondsdokumenten wie Factsheets zu finden. Die Fondsgesellschaften geben weder die persönlichen Investments der Manager in ihre Fonds noch die Vergütung der Manager an, obwohl sie per Verordnung verpflichtet sind, ihre allgemeine Vergütungspolitik zu veröffentlichen.

Offenlegungspflichten rund um den Vertrieb

Privatanlegern muss am Vertriebsstandort (Point of Sale) der Zugang zu einem KIID angeboten werden. Berater sind verpflichtet, Interessenkonflikte offenzulegen. Insbesondere verlangt MiFID II, dass die Berater die Anleger darüber informieren, ob ihre Beratung auf unabhängiger oder nicht-unabhängiger Basis erbracht wird. Unabhängige Berater dürfen keine Gebühren, Provisionen oder andere monetäre oder nicht-monetäre Vorteile annehmen und behalten, die von den von ihnen empfohlenen Fonds gezahlt werden. Im Falle einer nicht unabhängigen Beratung sind solche Zahlungen oder Vorteile nur dann erlaubt, wenn sie die Qualität der Beratung verbessern und die Pflicht des Beraters, im besten Interesse des Kunden zu handeln, nicht beeinträchtigen. Darüber hinaus müssen die Berater Anlegern einen Überblick über alle mit einer Anlage verbundenen Kosten geben, einschließlich der Kosten für die Dienstleistung des Beraters und der Produktkosten.

ESG- und Stewardship-Offenlegung

Es gibt keine Verordnung, die ESG-Offenlegungen von Fonds regelt. Auch ein Ökolabel für Fonds ist nicht verfügbar. Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) hat jedoch Empfehlungen herausgegeben, wie Vermögensverwalter mit ESG-Risiken umgehen und diese offenlegen sollten.

Auf EU-Ebene wird in Kürze eine Gesetzgebung in Bezug auf nachhaltigkeitsbezogene Transparenzpflichten im Finanzdienstleistungssektor in Kraft treten. Diese schreibt vor, dass Vermögensverwalter und Investmentfonds ab dem 10. März 2021 Offenlegungen zu nachhaltigen Investments und Nachhaltigkeitsrisiken vornehmen müssen. Es gibt drei Schlüsselelemente der Offenlegungsverordnung, die Vermögensverwalter berücksichtigen müssen. Erstens müssen die Offenlegungen auf der Website der Firma beinhalten, wie die Firma das Nachhaltigkeitsrisiko in den Investmentprozess integriert, wie sie das Nachhaltigkeitsrisiko in ihre Vergütungspolitik integriert und, für alle von ihr verwalteten ESG-mandatierten Fonds, Details zu den ESG-Zielen dieser Fonds und wie diese gemessen werden. Zweitens muss die vorvertragliche Offenlegung beinhalten, wie Nachhaltigkeitsrisiken in die Anlageentscheidungen einfließen, welche negativen Auswirkungen die Anlageentscheidungen auf die Nachhaltigkeit haben und für alle ESG-fokussierten Fonds, die die Firma verwaltet, Details zu den ESG-Zielen dieser Fonds und wie diese gemessen werden. Schließlich muss der Jahresbericht eines ESG-fokussierten Fonds Details darüber liefern, wie die relevanten ESG-Ziele erreicht werden.

Ergänzende Gesetzesänderungen zu den OGAW-, AIFMD- und MiFID-Regelungen sind ebenfalls in Arbeit. Diese Maßnahmen sollen Anlegern helfen, Fonds mit ESG-Mandat zu identifizieren und das Risiko von Greenwashing zu reduzieren.

In Deutschland sind Vermögensverwalter verpflichtet, Details ihrer Engagement-Policy zu veröffentlichen, in denen beschrieben wird, wie sie das Engagement im Sinne der in ihre Anlagestrategie integrieren. Außerdem müssen sie jährlich ihre Aktivitäten bei der Stimmrechtsvertretung offenlegen. Dies folgt auf die Einführung der EU-Aktionärsrechterichtlinie II, die darauf abzielt, die Position der Aktionäre zu stärken und kurzfristiges Handeln und exzessive Risikobereitschaft in Unternehmen, die an regulierten EU-Märkten gehandelt werden, zu reduzieren.

Im Deutschen Corporate Governance Kodex ist die Rolle der Aktionäre begrenzt. Der Deutsche Investmentfondsverband BVI hat jedoch Verhaltensregeln verabschiedet, die eine Reihe von freiwilligen Standards für seine Mitglieder festlegen. Er empfiehlt Vermögensverwaltern, ihre Aktionärsrechte in Übereinstimmung mit dem Stewardship-Kodex der European Fund and Asset Management Association auszuüben.

Hier gelangen Sie zur Zusammenfassung unserer globalen Studie.

Hier können Sie die vollständige Untersuchung „Global Investor Experience Study 2020: Disclosure“ herunterladen.

Die Analysen in diesem Artikel basieren auf unserem Tool für professionelle Anleger. Weitere Informationen zu Morningstar Direct erhalten Sie hier

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Die in diesem Artikel enthaltenen Informationen dienen ausschließlich zu Bildungs- und Informationszwecken. Sie sind weder als Aufforderung noch als Anreiz zum Kauf oder Verkauf eines Wertpapiers oder Finanzinstruments zu verstehen. Die in diesem Artikel enthaltenen Informationen sollten nicht als alleinige Quelle für Anlageentscheidungen verwendet werden.

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Über den Autor

Natalia Wolfstetter  ist Director Fund Analysis bei Morningstar