`Aufklärung ist absolut notwendig´

Nachhaltige Fonds stoßen auf steigendes Interesse der Anleger. Darunter gibt es nur ein Renten-Produkt, den ÖkoRent der SEB Invest. Wir interviewten die Leiterin des Produktmanagements bei SEB, Andrea Ferch.

Adriaan Bonauer, 30.05.2002
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Frau Ferch, die Auswahlkriterien bei Nachhaltigkeits-Fonds sind vielen Sparern ein Rätsel. Wie finden Sie geeignete Rentenpapiere?

Wir arbeiten mit den zwei wichtigsten Kriterien: mit dem Best-of-Class-Ansatz und mit Ausschlusskriterien. Die Idee hinter Best of Class ist, in allen Branchen den jeweils besten Wert in Bezug auf Nachhaltigkeit und Ethik zu finden.

Welche Titel schließen Sie generell aus?

Unsere Ausschlusskriterien verbieten Atomkraft, Rüstung oder Kinderarbeit. Wobei wir uns speziell bei der Kinderarbeit auf die Richtlinien der Internati

onal Labour Organization (ILO, Internationale Arbeitsorganisation) stützen. Die unterscheiden zwischen `guter´ und `schlechter´ Kinderarbeit.

Was wäre denn `gute´ Kinderarbeit?

Viele Familien in armen Staaten könnten ja ohne die Arbeit ihrer Kinder gar nicht überleben. Deshalb wird unterschieden, ob die Kinder ausgebeutet werden wie zum Beispiel oft in der Textilindustrie oder bei der Teppichproduktion. Oder ob sie lediglich einige wenige Stunden arbeiten und dafür etwa vom Unternehmen eine Schulausbildung finanziert bekommen.

Noch einmal zurück zum Konzept des Best of Class, der Suche nach den Klassenbesten: Damit sind ja zum Beispiel Pharma- oder Autowerte nicht ausgeschlossen. Trägt der ÖkoRent damit den Zusatz `Öko´ nicht zu unrecht?

Eben deshalb haben wir ja zusätzlich die Ausschlusskriterien. Ein Management rein nach Best of Class, wie es etwa der Schweizer Anbieter SAM verfolgt, ist uns nicht sauber genug.

Wobei aber zum Beispiel die Autoindustrie bei Ihnen nicht ausgeschlossen wird...

...das ist richtig. Wir gehen jedoch davon aus, dass der Best-of-Class-Ansatz gerade im Sektor der Nachhaltigkeit revolutionär ist. Er führt zu stärkerem ethischen Wettbewerb bei den Unternehmen. Und er lohnt sich auch für den Anleger.

In wie weit nehmen Sie Einfluss auf die Unternehmen, nachhaltiger oder ökologischer zu arbeiten?

Um realen Einfluss auszuüben, ist in den Nachhaltigkeits-Fonds noch nicht genug Geld, das muss man ganz ehrlich sagen. Aber man kann mit diesen Investments den Anlegern Gelegenheit geben, ein Zeichen zu setzen. Wir bekommen regelmäßig Anrufe von Unternehmen, die nachfragen, wenn wir ihre Papiere nicht kaufen. Das kann bei den Unternehmen schon etwas in der Richtung auslösen.

In den angelsächsischen Ländern ist der Ethik- oder Nachhaltigkeitsgedanke weiter verbreitet als bei uns. Glauben Sie, dass dieser Bereich auch hier einmal den Stellenwert wie etwa in den USA erreicht?

Ich denke schon. In den USA steht dabei der Ethik-Gedanke im Vordergrund. In Japan im Gegensatz setzt man eher auf Umweltvorteile und weniger auf soziale Belange. Von Nation zu Nation ist der Fokus sehr unterschiedlich, wie auch die Fonds sehr unterschiedlich sind.

Das ist ein wichtiges Thema: Wie kann der Anleger den für ihn richtigen Fonds finden?

Ich würde das an der Offenheit und Transparenz des Anbieters festmachen. Es gibt Gesellschaften, wie zum Beispiel uns und einige Schweizer Anbieter, die sehr offen kommunizieren. Da hat der Anleger schon die Möglichkeit zu differenzieren.

Zu aller erst muss er sich natürlich entscheiden, was er eigentlich will. Möchte er nur in Alternative Energien investieren, oder will er eine möglichst breite Streuung mit dem Best-of-Class-Ansatz, oder will er ethisch sehr streng angelegt sein wie mit dem NAI-Fonds? Dieser investiert ausschließlich in Werte des Natur-Aktien-Index, dessen Auswahlkriterien sehr streng definiert sind.
Es gibt sehr viele verschiedene Konzepte. Die Anbieter sind hier gefordert, denn Aufklärung ist absolut notwendig.

Sehen Sie denn im Lauf der Jahre ein steigendes Interesse auf der Seite der Anleger?

Wir hatten vor einem Jahr ein Fondsvolumen im ÖkoRent von 14 Millionen Mark. Heute sind es 54 Millionen. Natürlich hat dabei auch eine Rolle gespielt, dass sich Viele vom Aktienmarkt abgewendet haben. Aber zumindest zum Teil ist das auch auf ein höheres Interesse zurückzuführen, denn wir haben nicht die Werbetrommel gerührt.

Die Nachhaltigkeit ist ein absoluter Zukunftstrend. 1989 waren wir die ersten, die einen ethischen Rentenfonds aufgelegt haben. Mittlerweile beschäftigen sich auch die großen Häuser mit dem Thema. Da wird sich noch einiges tun.

Die in diesem Artikel enthaltenen Informationen dienen ausschließlich zu Bildungs- und Informationszwecken. Sie sind weder als Aufforderung noch als Anreiz zum Kauf oder Verkauf eines Wertpapiers oder Finanzinstruments zu verstehen. Die in diesem Artikel enthaltenen Informationen sollten nicht als alleinige Quelle für Anlageentscheidungen verwendet werden.

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