Neue Prioritäten

Die Anleihegläubiger stehen bei den Unternehmen nicht mehr unbedingt im Mittelpunkt.

Natalia Siklic, 15.09.2006
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Fonds, die in Euro-Unternehmensanleihen hoher Bonität investieren, erwirtschafteten im Jahr 2005 durchschnittlich 3%, im laufenden Jahr stehen sie mit durchschnittlich 0,6% im Minus. Für das negative Abschneiden sorgte zu einem das steigende Zinsniveau, das dem gesamten Rentenmarkt das Leben schwer macht. Zum anderen sind die Renditeaufschläge gegenüber Staatspapieren – der Zusatzertrag, den ein Anleger für das höhere Bonitätsrisiko verlangt – historisch niedrig.

Die Unternehmen sind zwar fundamental in einer guten Verfassung – dafür sprechen gesunde Bilanzen und ein solides Gewinnwachstum. Anleiheinvestoren dürften aber den Trend hin zu einer stärkeren Verschuldung der Emittenten mit Sorge betrachten.

Wolken am Himmel

Die Gläubiger stehen bei den Unternehmen nicht mehr so hoch im Kurs. Lange Zeit legten die Emittenten Wert darauf, die Entschuldung voranzutreiben – was den Besitzern ihrer Anleihen über eine verbesserte Kreditqualität und rückläufige Renditeaufschläge zugute kam. Mittlerweile stehen Wohltaten für Aktionäre wieder mehr im Vordergrund. Diese sollen durch Dividenden und Aktienrückkäufe gnädig gestimmt werden – auch zu Lasten der Bonität.

Eine verstärkte Orientierung an den Aktionären ist nicht der einzige Belastungsfaktor. Fremdfinanzierte Übernahmen bereiten den Anleiheeignern Kopfzerbrechen. So auch die Aktivitäten von Private Equity Firmen, die zuletzt viel Geld eingesammelt haben und als Finanzinvestoren Unternehmen übernehmen, umbauen und wiederverkaufen. Sie finanzieren diese Übernahmen durch Eigenkapital, zu einem großen Teil aber auch durch Kredite, für deren Tilgung das übernommene Unternehmen aufkommen muss. Damit ist eine schlagartige Änderung der Verschuldungslage verbunden, die natürlich auch an den Anleihengläubigern nicht spurlos vorbeigeht. Zwar ist die Anzahl der tatsächlich erfolgten Transaktionen, in die Emittenten hoher Bonität verwickelt waren, noch überschaubar. Doch lassen schon Gerüchte über eine fremdfinanzierte Übernahme durch Private Equity Investoren (Leveraged Buy-Out) den Spread der Anleihen des betroffenen Unternehmens in aller Regel deutlich auseinander laufen, entsprechende Wertverlust eingeschlossen.

Von dieser Basis aus sind größere Sprünge für Anleiheninvestoren nicht zu erwarten. In Zeiten niedriger Renditen greifen Corporate Bond Manager zunehmend zu neuen Instrumenten. Dazu zählen Hybrid-Anleihen, bei denen es sich um nachrangige Schuldtitel von Unternehmen handelt, die eine höhere Verzinsung abwerfen als traditionelle Papiere des Emittenten. Im Gegenzug sind sie mit höheren Risiken verbunden. (Mehr zu Hybrid-Anleihen im Anschluss an diesen Beitrag.)

Hybrid-Anleihen erwirbt auch Peter Sass, Manager des DWS Euro Corp Bonds, für seinen Fonds. Neben einer geringen Beimischung von hochverzinslichen Anleihen setzt er derzeit auf Branchenseite Akzente bei Finanzdienstleistern, die nach seiner Einschätzung im Vergleich zum Risiko noch attraktive Renditeaufschläge bieten. Gleiches gilt für nicht-zyklische Konsumwerte, darunter Konsumgüterhersteller und Einzelhändler. Er meidet Unternehmen, die nach seinen Berechnungen auf den Radar von Private Equity Firmen geraten könnten.

Auch der AXA WF – Euro Credit Bonds ist ein Fonds mit Schwerpunkt auf Investment Grade Anleihen und der Option, begrenzt Hochzinsbonds beizufügen (aktuell 8%). Diese trugen im laufenden Jahr erheblich zur Performance des Fonds bei. Fondsmanagerin Mariko Isohata setzt Credit Default Swaps ein, um sich gegen das Risiko von Zahlungsausfällen zu versichern. Derzeit im Portfolio übergewichtet sind Teilbereiche des Finanzsektors wie Broker und Immobiliengesellschaften, aber auch nachrangige Finanzanleihen. Im Vergleich zum Jahresbeginn hat die Fondsmanagerin allerdings den Anteil von nachrangigen Verbindlichkeiten, die eine höhere Risikoeinstufung aufweisen als erstrangige Schuldtitel, reduziert und den Fonds defensiver aufgestellt.

Neben aktiv gemanagten Fonds gibt es auch auf der Anleihenseite mittlerweile passive Produkte. So der iShares € Corporate Bond, der Anlegern einen relativ kostengünstigen Zugang zu Euro-Unternehmensbonds hoher Bonität bietet. Grundlage für diesen börsennotierten Fonds (ETF) ist der iBoxx EUR Liquid Corporates Index, der die Wertentwicklung von 38 liquiden Euro-Unternehmensanleihen abbildet. Die Gesamtkostenquote liegt bei 0,2% p.a. Damit können aktiv gemanagte Fonds natürlich nicht mithalten. Bei der jährlichen Verwaltungsvergütung liegen die Produkte von DWS und Axa beispielsweise bei 0,85 bzw. 0,9%. Bei ETFs, die wie Aktien bei Bank oder Broker erworben werden können, kommen zudem die Transaktionskosten und Geld-Brief-Spannen zum Tragen. Für traditionelle Investmentfonds fallen meist noch Ausgabeaufschläge und teilweise auch Rücknahmegebühren an.

Zahlungsausfälle waren in den letzten Jahren eher selten, mit der allgemeinen Kreditqualität ging es stetig nach oben. Daher waren Anleger mit einem Indexprodukt nicht schlecht bedient. Für aktive Manager spricht, dass sie bei befürchteten Ratingherabstufungen oder Zahlungsschwierigkeiten schneller reagieren könnten als passive Manager, die an die Indexzusammensetzung gebunden sind. Zumindest in der Theorie, denn auch das aktive Management ist natürlich keine Garantie dafür, dass solche Veränderungen rechtzeitig erkannt werden.



Was sind Unternehmensanleihen?

Unternehmensanleihen (im Englischen als Corporate Bonds bezeichnet), sind Schuldverschreibungen von Unternehmen. Diese begeben Anleihen, um ihre laufende Geschäftstätigkeit, Akquisitionen, eine Umstrukturierung der Schulden oder auch Aktienrückkäufe zu finanzieren. Sie sind eine günstige Alternative zur Geldbeschaffung bei der Bank.

Die Verzinsung (Kupon) hängt – wie bei Staatsanleihen – vom allgemeinen Zinsniveau ab, aber zusätzlich auch von der Schuldnerbonität. Staaten wie Deutschland oder Frankreich gelten als bessere Schuldner als Unternehmen. In den Augen der Anleger sind Unternehmensbonds daher mit höheren Risiken behaftet, wofür sie auch mit einer höheren Verzinsung entschädigt werden wollen. Je geringer die Bonität des Unternehmens, desto höher der Risikoaufschlag gegenüber Staatstiteln. Die Renditedifferenz zu Staatsanleihen vergleichbarer Laufzeit ist der so genannte Spread.

Ratingagenturen wie Moody's, Standard & Poor's oder Fitch analysieren die Kreditqualität von Unternehmen und vergeben für das Risiko eines Zahlungsausfalls Noten. Emittenten mit geringem Risiko werden als „Investment Grade“ bezeichnet, für höhere Risiken steht „Speculative Grade“. Bei Standard & Poor’s kennzeichnet ein Rating von AAA bis einschließlich BBB einen Emittenten mit hoher Bonität. Ab BB gilt die Anleihe als spekulativ. Aaa bis Baa steht bei Moody’s für Investment Grade, der hochverzinsliche Bereich beginnt bei Ba.

Eine Verschlechterung des Ratings ist mit fallenden Kursen und steigenden Spreads verbunden. Durch Ratingverbesserungen kann der Anleihenbesitzer in den Genuss von Kursgewinnen kommen.

Im Markt für Euro-Anleihen bilden Finanzdienstleister die größte Emittentengruppe, gefolgt von Industrieunternehmen, dem Bereich Technologie-Medien-Telekom, Konsumgüterherstellern und Versorgern.

Was sind Hybrid-Anleihen?

Hybrid-Anleihen sind in der Bilanz des Schuldners eine Mischform aus Eigen- und Fremdkapital. Sie bieten eine laufende Verzinsung, die jedoch ausgesetzt werden kann, falls der Emittent in finanzielle Schwierigkeiten gerät. Zudem handelt es sich um nachrangige Verbindlichkeiten, die im Fall einer Insolvenz erst nach den traditionellen Unternehmensanleihen bedient werden.

Hybrid-Anleihen haben eine unbegrenzte Laufzeit, können aber vom Emittenten in der Regel nach 10 Jahren gekündigt werden. Falls dies nicht geschieht, verwandelt sich die feste in eine an den Geldmarktsatz gekoppelte variable Verzinsung. Zusätzlich gibt es einen geringen Aufschlag.

Hybrid-Anleihen sind wegen ihrer Nachrangigkeit und der Möglichkeit des Emittenten, die Verzinsung auszusetzen, schwankungsanfälliger als traditionelle Schuldpapiere. Sie haben angesichts höherer Risiken in der Regel ein niedrigeres Rating als die herkömmlichen Anleihen desselben Emittenten. Dafür bieten sie dem Anleger eine bessere Verzinsung als klassische Festverzinsliche.

Vorteil für den Emittenten ist, dass Hybrid-Anleihen bei der Beurteilung der Bonität von den Ratingagenturen teilweise als Eigenkapital anerkannt werden.

Die in diesem Artikel enthaltenen Informationen dienen ausschließlich zu Bildungs- und Informationszwecken. Sie sind weder als Aufforderung noch als Anreiz zum Kauf oder Verkauf eines Wertpapiers oder Finanzinstruments zu verstehen. Die in diesem Artikel enthaltenen Informationen sollten nicht als alleinige Quelle für Anlageentscheidungen verwendet werden.

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