Stresstest für Osteuropa

Ausländisches Kapital finanzierte den Boom in Osteuropa. In der Krise macht es sich rar.

Natalia Wolfstetter 27.02.2009
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20 Jahre nach dem Fall der Berliner Mauer hält sich die Feierlaune in Osteuropa in Grenzen. Dafür hat die Finanzkrise die Region zu sehr im Griff. Die osteuropäischen Währungen haben gegenüber dem Euro drastisch an Boden verloren, was beispielsweise Fonds der Morningstar Kategorie „Anleihen Osteuropa“ zu spüren bekamen. Diese büßten im laufenden Jahr im Durchschnitt bereits über 6% ein und setzten damit die negative Entwicklung aus 2008 fort. Im Zuge der sich zuspitzenden Krise wird die allgemeine Kreditqualität kritischer gesehen - auch das wenig förderlich für die Anleihenkurse. Die Finanzmärkte treibt die Sorge um, dass einige Staaten in Osteuropa zahlungsunfähig werden könnten. Dies lässt sich an den Credit Default Swaps für osteuropäische Staatsanleihen, einer Art Ausfallversicherung

für Kreditgeber, ablesen, die deutlich teurer geworden sind.

Auch in Osteuropa liegt die Krux im Bankensystem, das zahlreiche Ableger westlicher Finanzinstitute umfasst. Die Banken finanzierten den Wirtschaftsaufschwung und warfen mit günstigen Darlehen um sich. Sie stehen jetzt vor einem Berg fauler Kredite, vielfach in ausländischer Währung. Viele Banken haben deshalb Geld aus Osteuropa abgezogen, was die Krise noch verschlimmert. Hinzu kommt die schlechte globale Großwetterlage, die zu einbrechenden Exporten in den Westen geführt hat.

Wie können sich die betroffenen Staaten helfen? In manchen Ländern sind die finanzpolitischen Möglichkeiten aufgrund hoher Staatsverschuldung gering. Ungarn ist dafür ein Beispiel, das ebenso wie Lettland und die Ukraine auf Hilfspakete des Internationalen Währungsfonds zurückgreifen musste. Die baltischen Staaten suchen über Steueranhebungen und Ausgabenkürzungen einen Ausweg, wodurch aber politische Unruhen ausbrachen. Einen stabileren Eindruck machen Polen, Tschechien und die Slowakei, die ihren Zinssenkungsspielraum nutzten. Dies hat jedoch den Nebeneffekt, dass wiederum die lokalen Währungen geschwächt werden – was all diejenigen hart trifft, die in Euro oder anderen Hartwährungen Schulden aufgenommen haben.

Vor Problemen steht auch Österreich, Heimat mehrerer Banken, die in Osteuropa besonders umtriebig waren. Das Land hat in der Region Kredite in Höhe von 80% der österreichischen Wirtschaftsleistung ausstehen. Mittlerweile macht sich das bei den Risikoaufschlägen österreichischer Staatsanleihen bemerkbar.

Hohe Erwartungen richten sich nun auf ein Hilfspaket unter Federführung der EU. Wenn es dazu kommt, wird Deutschland eine entscheidende Rolle spielen müssen, denn es hat noch den Status eines guten Schuldners und kann sich relativ problemlos an den Anleihenmärkten Geld verschaffen. Dies sollte auch keine Einbahnstraße sein. Aufgrund der wirtschaftlichen Verflechtungen mit Osteuropa würden Finanzhilfen auch heimischen Unternehmen zugute kommen, die in der Region wichtige Absatzmärkte haben.

Ein Hilfsplan für die osteuropäischen Banken in Höhe von 25 Mrd. Euro ist bereits auf dem Weg. Regie führen die Weltbank, die Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung und die Europäischen Investitionsbank. Das Paket soll die Banken mit Eigenkapital und Kreditlinien unterstützen und ihnen mehr Kreditvergabe ermöglichen.

Letztendlich sollten die Länder in Osteuropa nicht über einen Kamm geschoren werden. Undifferenzierte Schwarzmalerei zeichnet ein falsches Bild. Zudem gehen Prognosen trotz der Rezession davon aus, dass der Osten seinen Wachstumsvorsprung gegenüber dem Westen vielerorts bewahren kann.

Die in diesem Artikel enthaltenen Informationen dienen ausschließlich zu Bildungs- und Informationszwecken. Sie sind weder als Aufforderung noch als Anreiz zum Kauf oder Verkauf eines Wertpapiers oder Finanzinstruments zu verstehen. Die in diesem Artikel enthaltenen Informationen sollten nicht als alleinige Quelle für Anlageentscheidungen verwendet werden.

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Über den Autor

Natalia Wolfstetter  ist Director Fund Analysis bei Morningstar