Sind Harvard und Yale weiterhin erste Liga?

Wie die berühmten Stiftungen die Finanzkrise überstanden.

Sonya Morris, CFA 21.09.2009
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Die Stiftungen der US-Elite-Universitäten Harvard und Yale gaben vor kurzem erhebliche Verluste im Geschäftsjahr bis Ende Juni 2009 bekannt. Das Stiftungsvermögen von Harvard verringerte sich um fast ein Drittel (27%). Die offiziellen Zahlen von Yale liegen noch nicht vor, doch der Präsident der Universität sprach von einem Verlust von rund 30% für denselben Zeitraum. Zum Vergleich: Der typische ausgewogen investierende Mischfonds verlor zwischen Juli 2008 und Juni 2009 etwa 20% (9% in Euro; andere Angaben in US-Dollar).

Diese Resultate sind bemerkenswert, da die Stiftungen von Harvard und Yale lange Zeit Renditen generierten, die unter Investoren große Bewunderung hervorriefen. Sie waren auch die Pioniere, wenn es darum ging, fundamentale Anlageprinzipien umzusetzen. Dazu gehö

ren die Diversifizierung mit Hilfe unkorrelierter Anlageklassen und eine langfristige Vermögensstrategie. (Lesen Sie mehr dazu hier.) Angesichts des guten Rufes, den die Stiftungen genießen, hätte man erwartet, dass sie sich in der Finanzkrise besser behaupten können als die Konkurrenz. Das war eindeutig nicht der Fall.

Man sollte dies nicht überbewerten. Unter den extremen Marktbedingungen des letzten Jahres taten sich viele talentierte Investoren sehr schwer. Auch die besten Anleger liegen irgendwann mal daneben. Doch sie versuchen immer, aus ihren Fehlern zu lernen. Auch aus der Underperformance der beiden Stiftungen lassen sich Lehren ziehen:

Alternative Investments sind keine Wunderwaffe

Durch die Kombination unkorrelierter Anlagen können Anleger ihre Risiken besser streuen und die risikoadjustierte Rendite verbessern. Soweit die Theorie. Die Manager des Stiftungsvermögens von Harvard und Yale waren nun unter den ersten, die diese Theorie mit Hilfe nicht-traditioneller Anlageklassen wie Rohstoffe, Immobilien, Private Equity und Hedgefonds umsetzten. Diese Strategie war zunächst von großem Erfolg gekrönt. Sie funktionierte so gut, dass viele andere Stiftungen auf diesen Zug aufsprangen. Fondsgesellschaften boten Privatanlegern ebenfalls Produkte rund um die Themen Rohstoffe, Währungen, globale Immobilien und Absolut Return. Das letzte Jahr zeigte aber, dass unterschiedliche Anlageklassen während einer Krise einen zunehmenden Gleichlauf entwickeln. Wenn der Markt in die Knie geht, bleiben nur wenige Anlageklassen verschont. Ein hoher Anteil alternativer Investments schützte die Stiftungen nicht vor dem Absturz. Auch die alternative Investments in Form von Publikumsfonds hielten ihr Versprechen nicht. Heißt das, dass alternative Investments im Portfolio überflüssig sind? Nicht zwingend. Eine geringe Beimischung von Rohstoffen oder Immobilien kann die Diversifizierung erhöhen. Das heißt aber nicht, dass diese Anlagen das Depot vor jeder unerwarteten Kurswende schützen können. Anleger sollten sich zudem nicht von neumodischen Produkten, die mit spektakulären Ergebnissen aus Back-Tests werben, blenden lassen. Das Jahr 2008 hat gezeigt, dass die Umsetzung in der Praxis sehr viel schwieriger sein kann.

Liquidität zählt

Viele der alternativen Investments im Portfolio von Harvard oder Yale sind nicht wirklich liquide. Das war letztes Jahr ein großes Problem. Harvard begründete sein schlechtes Abschneiden mit dem ‚hohen Engagement in illiquiden Anlageklassen’. Private Equity stellte sich als besonders heikel heraus. Solche Investments sind nicht nur schwer zu verkaufen, sondern können auch zusätzliche Einzahlungen erfordern, was sehr ungelegen kommen kann. Dadurch waren Private-Equity-Anleger gezwungen, ihre liquiden Anlagen zu unattraktiven Preisen zu verkaufen, um ihre Zahlungsverpflichtungen erfüllen zu können. Gleichzeitig gerieten Hedgefonds in Schwierigkeiten und begrenzten die Rücknahme von Anteilen. Der Mangel an Liquidität setzte vielen großen Investoren zu, nicht zuletzt den beiden Universitätsstiftungen. Anleger in Publikumsfonds waren weniger betroffen, da diese in der Regel dazu verpflichtet sind, für tägliche Liquidität zu sorgen. Liquidität wird von vielen Anlegern als selbstverständlich angesehen. Letztes Jahr zeigte sich, wie wertvoll sie ist. Zumal sie klassische Investmentfonds davon abhält, illiquide Investments zu tätigen – die den Managern der Harvard- und Yale-Stiftungen letztes Jahr zum Verhängnis wurden.

Die Vermögensaufteilung (Asset Allocation) und der Anlagehorizont müssen zusammenpassen

Die Manager rechtfertigten ihren hohen Anteil an illiquiden Anlagen mit dem theoretisch unendlichen Anlagehorizont der Stiftungen. Das sollte eine Stiftung in die Lage versetzen, gelegentliche Marktschwächen auszusitzen, ohne dass sie ihre Anlagen zu ungünstigen Preisen verkaufen müsste. Allerdings ist der Anlagehorizont der Stiftungen in den vergangenen Jahren kürzer geworden. Die hervorragenden Renditen der Vergangenheit verführten die Universitätslenker dazu, für die Finanzierung des laufenden Betriebs und Erweiterungen zunehmend auf die Stiftungen zu setzen. Sie müssen nun zeitlich näher liegende Bedürfnisse finanzieren. In der Finanzkrise stellte sie das vor große Herausforderungen.
Die ehrgeizigen Ausgabenpläne, die die Stiftungen finanzieren sollten, führten letztendlich dazu, dass Vermögensaufteilung und Anlagehorizont ins Ungleichgewicht gerieten. Das kann auch Privatanlegern passieren, wenn Sie ihre kurz- und mittelfristigen Ausgaben bei der Anlageplanung nicht realistisch einschätzen. Geld, das man in den nächsten 5 Jahren ausgeben möchte, sollte in liquiden und relativ stabilen Anlagen (Staatsanleihen und entsprechenden Fonds) investiert werden. Zudem sollte man immer eine bestimmte Summe für Notfälle einkalkulieren.

Langfristiges Denken

Die Stiftungen von Harvard und Yale weisen trotz der großen Verluste im vergangenen Jahr auf lange Sicht eine bemerkenswerte Bilanz auf. Daher wäre es ein Fehler, die Anlagestrategie nun komplett auf den Kopf zu stellen. Die Finanzkrise lehrt aber, wie wichtig Liquidität ist und dass alternative Investments keine Wundermittel sind.

Die in diesem Artikel enthaltenen Informationen dienen ausschließlich zu Bildungs- und Informationszwecken. Sie sind weder als Aufforderung noch als Anreiz zum Kauf oder Verkauf eines Wertpapiers oder Finanzinstruments zu verstehen. Die in diesem Artikel enthaltenen Informationen sollten nicht als alleinige Quelle für Anlageentscheidungen verwendet werden.

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Über den Autor

Sonya Morris, CFA  Sonya Morris, CFA, is Associate Director of Fund Analysis at Morningstar.