Europa: Zinsen von Bulgarien bis Irland

An den europäischen Rentenmärkten treiben Investoren die zehnjährigen Zinsen von Staatsschulden der EU-Mitgliedsstaaten auf immer neue Tiefststände.

Werner Hedrich 11.02.2005
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Wer heute der Bundesrepublik Deutschland für zehn Jahre Geld leiht, bekommt einen Zins von jährlich kaum mehr als 3,5 Prozent. Fallende Kapitalmarktzinsen bedeuten bei Bonds steigende Kurse und damit Gewinne. Anleger kaufen Zinspapiere mit höheren Kupons und treiben so die Kurse in die Höhe. Analog fällt der Zins. In der Regel sollten Anleihen am langen Ende der Zinskurve (Laufzeit sechs bis zehn Jahre) stärker auf steigende Zinsen reagieren als die Zinspapiere am kurzen Ende (Laufzeit ein bis drei Jahre). Das Zinskurvenmanagement ist einer der bedeutendsten Teile im Anlageprozess eines Anleihenfonds. Einen Zusatzertrag können Spekulationen außerhalb der Eurozone (Währungsrisiko) oder Unternehmensanleihen bringen. Das niedrige Zinsniveau in der Eurozone zwingt Versicherungen, Pensionskasse

n und andere institutionelle Anleger, festverzinsliche Wertpapiere mit höheren Kupons außerhalb ihrer Währungsheimat zu suchen. Privatanleger können sich über breit gestreute Rentenfonds im europäischen Ausland engagieren.

Laufzeiten und Währungen

Investitionen in Länder außerhalb der Eurozone bergen Chancen wie Risiken. So kann zum Beispiel eine geglückte Zinswette in einem europäischen Nachbarland durch einen Verfall der Währungen aufgebraucht werden. Laufen Währungs- und Zinsspekulation im Sinne des Fondsmanagers, können zusätzliche Erträge verbucht werden. Kuponzahlungen, idealerweise Kursgewinne der Anleihen und Währungsgewinne wirken wie ein Turbo auf ein in Europa diversifiziertes Rentenportfolio. Die in der Kategorie Anleihen Europa zusammengefassten Fonds (Gruppe mit 106 Fonds) investieren gemäß ihrer Anlagestatuten neben den etablierten Märkten der Eurozone zum Beispiel in Großbritannien (Britisches Pfund), der Schweiz (Franken) oder in den neuen Mitgliedsstaaten der EU. Auch die Beitrittskandidaten Bulgarien, Kroatien oder Rumänien gehören zum Anlageuniversum. Die meisten Fonds enthalten zudem Unternehmensanleihen (Bonitätsrisiko).

Dreiklang: europäisches Zins-, Währungs- und Bonitätsrisiko

Die marktbreiten europäischen Rentenfonds konnten in den letzten drei Jahren bei einer durchschnittlichen Standardabweichung von 3,28 eine Rendite von rund 6 Prozent p.a. erzielen. Allerdings beinhaltet die Kategorie auch sich in der Vergangenheit meist auf Osteuropa konzentrierende Fonds oder Spezialisten für Unternehmensanleihen. Beide Assetklassen sind in den letzten drei Jahren mit hoher Volatilität besonders gut gelaufen und heben den Schnitt der Kategorie nach oben an. Grundsätzlich unterscheiden sich die Rentenfonds in ihrer Gewichtung von Anlagen ausserhalb der Eurozone oder der Beimischung von corporate bonds. Wir haben in der Analyse drei vom Fondsvermögen populäre europäische Rentenfonds deutscher Provenienz mit vier Sternen (Volumen größer als 1 Mrd. Euro) näher betrachtet. Die drei Produkte haben das Thema Konvergenz nicht ausschließlich auf der Agenda, sondern investieren auch einen bedeutenden Teil des Fondsvermögens in der Eurozone.

Bezeichnend für den DekaLux Bond, den DWS Eurorenta und den dit-Europazins ist, dass die Wertentwicklung in 2003 positiv, aber unterdurchschnittlich war. Hier sind Spekulationen in den osteuropäischen Beitrittländern nicht aufgegangen – reine Konvergenzfonds haben teilweise negative Erträge erwirtschaftet. Die Jahre 2002 und 2004 waren hingegen erfolgreiche Jahre mit jährlichen Renditen von rund acht Prozent. Die Standardabweichungen liegen zwischen 3,1 (DekaLux) und 3,6 (DWS Eurorenta).

Die Diversifizierung in andere Währungen ist zwar komplexer, dient aber auch der Risikostreuung mit Blick auf das Zinsänderungsrisiko in der Eurozone. Für den DekaLux-Bond gilt derzeit: Würden die Kapitalmarktzinsen in der Eurozone von heute auf morgen um 100 Basispunkte (1 Prozent) steigen, dann sollte der Fonds 4,5 Prozent verlieren (Duration). Rund 40 Prozent der Anlagen sind Euro-Positionen. Der dit-Europazins allokiert überwiegend in der Eurozone (fast 80 Prozent) und weist eine höhere Duration von 6 aus. Der DWS Eurorenta hat 62 Prozent in der Eurozone angelegt (Duration von 5).

Die Kennzahl Duration ist eine Art hypothetische Momentaufnahme, die die Wirkung von Zinsänderungen auf das Portfolio misst. Es wird angenommen, dass keine Anpassungen durch den Investmentmanager im Augenblick des Zinsanstiegs stattfinden. Als vereinfachte Daumenregel kann man sagen, dass europäische Portfolios mit einem höheren Nicht-Euro-Anteil unter gleichen Bedingungen eine geringere Duration als reine Eurozonenfonds haben sollten (Konvexität der Zinskurven in der Eurozone und der Nicht-Euro-Staaten). Die Zinsen in Großbritannien oder den osteuropäischen Staaten sind auf einem höheren Stand als in der Eurozone. Zinsmanager sollten deshalb bereit sein, längere Laufzeiten mit höheren Kupons zu kaufen. Das Risiko steigender Zinsen ist im Verhältnis zur EU-Währungszone geringer. Die Chance auf steigende Bondkurse und fallende Yields ist größer als in der Eurozone.

Die in diesem Artikel enthaltenen Informationen dienen ausschließlich zu Bildungs- und Informationszwecken. Sie sind weder als Aufforderung noch als Anreiz zum Kauf oder Verkauf eines Wertpapiers oder Finanzinstruments zu verstehen. Die in diesem Artikel enthaltenen Informationen sollten nicht als alleinige Quelle für Anlageentscheidungen verwendet werden.

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Im Artikel erwähnte Wertpapiere

BezeichnungKursVeränderung (%)Morningstar Rating
Allianz Europazins A EUR48,22 EUR-0,04Rating
DekaLux-Bond A56,49 EUR-0,26Rating
DWS Eurorenta46,28 EUR-0,17Rating

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Werner Hedrich