‘Wir befürchten für die Eurozone eher einen Anstieg der Inflation als eine Verlangsamung des Wirtschaftswachstums.’

Wie stellt sich die Situation am Euro-Rentenmarkt nach den turbulenten Sommermonaten dar? Hat sich die Lage wieder entspannt? Danach fragten wir John Beck, Fondsmanager des Templeton European Total Return.

Natalia Wolfstetter 19.10.2007
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Die Aktienmärkte zeigen sich nach den Korrekturen im Sommer wieder in Hochstimmung, so als ob die Kreditkrise größtenteils ausgestanden wäre. Sehen Sie das auch so?

Das ist natürlich schwer zu sagen. Die Kreditkrise hatte ihren Ursprung in den USA. In der Eurozone stehen Inflationssorgen im Vordergrund, zumal das Wirtschaftswachstum über Potential liegt. Hier erwarten wir eher, dass die europäische Zentralbank die Zinsen weiter anhebt. Die im Sommer zu beobachtende Flucht in Qualitätstitel (vor allem Staatsanleihen) hat zwar dazu geführt, dass die Renditen unter das Niveau gefallen sind, dass sich aus der langfristigen Geldpolitik ergeben würde. Dieser Trend wird sich aber umkehren, da die EZB die Zinsen in absehbarer Zeit wieder anheben dürfte.



Ist die Kreditkrise überstanden? Nicht ganz. Es gibt weiterhin Probleme mit kurzfristigen Refinanzierungen. Wir besitzen z.B. keine Schuldtitel der Landesbank Sachsen oder der von ihr gesponsorten Zweckgesellschaften. Diese sind mit zweitklassigen Hypothekenanleihen in Schwierigkeiten geraten und können sich kaum mehr refinanzieren. Bei solchen Vehikeln müssen die dahinter stehenden Banken höchstwahrscheinlich einspringen. Die Kreditvergabebedingungen für neue Darlehen werden sich wohl verschärfen, was sich leicht negativ auf das Wirtschaftswachstum auswirken könnte. Die Marktreaktion im August war allerdings übertrieben.

Sie glauben also nicht, dass ein Konjunkturrückgang in den USA deutliche Auswirkungen auf die Eurozone hätte?

Nein. Eine Ausnahme wäre vielleicht Großbritannien, das mit seinem Immobilienmarkt stärker betroffen sein könnte – man denke an Northern Rock. Wenn man aber die wichtigsten Handelspartner in Europa betrachtet, so spielt der Handel innerhalb der Region sowie mit Asien die größte Rolle. In Asien sind die Wirtschaftsaussichten weiterhin stark, was man auch an der Performance der lokalen Aktienmärkte und der Aufwertung der lokalen Währungen ablesen kann. Der Internationale Währungsfonds hat zwar seine globale Wachstumsprognose reduziert (von 5,1 auf 4,8%). Ein Großteil davon ist jedoch auf die Abkühlung in den USA zurückzuführen und spiegelt sich bereits in der US-Zinsstrukturkurve wider. Die FED hat darauf bereits mit einer Zinssenkung reagiert.

Auch in Osteuropa bleibt das Wachstum stark. So halten wir beispielsweise polnische Anleihen. Wir stehen zwar in Polen vor Wahlen mit unsicherem Ausgang, aber wahrscheinlich wird sich die politische Lage gegenüber dem jetzigen Zustand auch nicht weiter verschlechtern. Die Preissteigerungsrate liegt etwas über dem Inflationsziel, so dass es nach Zinssteigerungen aussieht. Auf dieser Grundlage erwarten wir eine Aufwertung des polnischen Zloty.

Unsere norwegischen Anleihen profitieren sehr stark von den hohen Ölpreisen. Die Zinsen liegen über dem Euro-Niveau. Die Kreditkrise hat keine Auswirkungen auf die lokale Wirtschaft. Daher lassen wir uns von den guten zugrundeliegenden Fundamentaldaten leiten.

Insgesamt sieht es für Europa also sehr viel besser aus als für die USA. Generell sehen wir in der Inflation das größere Risiko als in einer Verlangsamung des Wirtschaftswachstums.

Was heizt die Inflation in Ihren Augen an?

Zum einen haben wir steigende Öl- und Nahrungsmittelpreise. Die Arbeitslosigkeit ist zwar im Vergleich zu den USA hoch, aber für europäische Verhältnisse eher niedrig. Der Exportsektor boomt trotz des starken Euros. Zum anderen ist die Europäische Zentralbank weiterhin eine Notenbank, die sich Sorgen um das Geldmengenwachstum und dessen inflationäre Wirkung in der Zukunft macht. Daher halten wir Erwartungen für eine EZB-Zinssenkung für fehl am Platz. Wenn überhaupt wird es in die andere Richtung gehen.

Wie sieht es mit dem Handelsgeschehen am Kredit- und Geldmarkt aus? Lässt sich hier eine Beruhigung feststellen?

Ja, soweit es sich um etablierte Schuldner wie Daimler oder Deutsche Bank handelt. Wenn es allerdings um so genannte Covenant-Lite-Strukturen (strukturierte Kredite, bei denen der Kreditgeber weitgehend auf Absicherungsklauseln zur Überwachung der finanziellen Situation beim Schuldner verzichtet) oder die Wertpapiere von Structured Investment Vehicles (SIVs) geht, ist die Liquidität weiterhin gering. SIVs sind rechtlich unabhängig, werden aber von Großbanken gesponsert, wodurch sie sich in der Vergangenheit günstig refinanzieren konnten. Daneben herrscht noch Nervosität am Markt für Commercial Paper, bei denen über den Jahreswechsel eine Umschuldung ansteht. (Commercial Paper sind Schuldscheine, mit denen sich Unternehmen und andere Kreditnehmer kurzfristige Mittel besorgen.)

Wenn Sie bei der Strukturierung von Anleihen zuviel Erfindungsreichtum an den Tag legten, was bei einer Reihe von Investmentbanken sicherlich der Fall war, dann haben Sie ein Problem. Das Problem liegt darin, dass Investmentbanken etwas, das z.B. ein durchschnittliches Kreditrating von A hatte, in CDOs verpackt haben, die dann ein Kreditrating von AA bekamen (auch wenn die Basiswerte nur eine Bonität von A aufwiesen). Nun gibt es soviel Misstrauen und Zweifel an dem Wert dieser strukturierten Kreditprodukte, dass eine solche Anleihe momentan lediglich bewertet wird als wäre sie BBB. Die Renditeaufschläge für komplexere Anleihen sind derzeit vermutlich höher als es ihr innerer Wert rechtfertigen würde. Auf den Mainstream-Märkten hat sich die Lage dagegen entspannt. Wahrscheinlich werden wir uns bald an die Sommermonate erinnern als eine Zeit, in der die Finanzmärkte überreagierten.

Sind strukturierte Anleihen wie ABS im Portfolio vertreten?

Nein. Der Schwerpunkt unseres Fonds liegt auf europäischen Unternehmensanleihen. Nicht zum Anlageuniversum zählt die Türkei. Ansonsten verfügen wir über ein breites Instrumentarium, das zur Diversifizierung vollkommen ausreicht.

Wie sieht das aktuelle Portfolio aus?

Wir haben in den Sommermonaten nichts Wesentliches an unserer Strategie geändert. Eine Ausnahme bilden unsere Positionen in isländischen Kronen und rumänischen Lei, die wir aufgrund der positiven Kursentwicklung aufgelöst haben. Beide Länder weisen hohe Überschüsse in der Leistungsbilanz auf, die Währungen haben aufgewertet. Wir sehen nicht mehr viel Spielraum für weitere Aufwertungen, da diese Überschüsse auf etwas wackligen Beinen stehen.

Die Staatsanleihen der Euro-Kernländer (Deutschland, Frankreich, Niederlande) machen etwa 35% des Portfolios aus. Wir halten bewusst keine italienischen und spanischen Anleihen. Wir erwarten zwar nicht, dass eines dieser Länder die Währungsunion in nächster Zeit verlässt, glauben aber nicht, dass die damit verbundenen Risiken hinreichend entlohnt werden.

Wir halten an unserem High-Yield-Anteil von 12% des Portfolios fest. Dabei geht es um langjährige Positionen, die wir halten, da wir an die individuellen Unternehmen glauben. Wir denken nicht, dass es in den betreffenden Branchen zu einem deutlichen Anstieg der Zahlungsausfälle kommen wird. Auch wenn wir davon ausgehen, dass die Renditeaufschläge gegenüber Staatsanleihen zumindest aus historischer Sicht sehr eng sind, sind wir zuversichtlich für die langfristigen Wirtschaftsaussichten in Europa. Wir haben unsere Investments in hochverzinslichen Anleihen allerdings nicht erhöht, da viele der Neuemissionen in diesem Bereich relativ teuer sind.

Die Duration liegt unterhalb der Benchmark, entsprechend unserer Erwartung, dass die Zinsen in der Eurozone steigen werden. Ein Ende des Zinserhöhungszyklus ist unserer Auffassung nach erst in etwa 12 Monaten abzusehen.

Daneben investieren wir in Währungen, von denen wir eine Aufwertung gegenüber dem Euro erwarten (darunter der polnische Zloty).

Der Großteil des Portfolios (mit Ausnahme der High-Yield-Anleihen) verfügt über ein Investment Grade Rating. Das durchschnittliche Kreditrating des Portfolios beträgt A-.

Sie sagen, sie sind besorgt über die Inflation. Halten Sie auch inflationsgeschützte Anleihen?

Nein, wir halten keine inflationsgeschützten Anleihen. Die EZB ist bei der Inflationsbekämpfung sehr viel proaktiver als die FED. Die FED steht vor zwei Problemen, sie muss Beschäftigung und Inflation unter einen Hut bringen. In der Eurozone konzentriert sich die Notenbank vor allem auf die Inflation. Wenn sie früh reagiert, um die Inflation zu bekämpfen, benötigt man keine inflationsgeschützten Anleihen als Absicherung gegen Preissteigerungstendenzen.

Haben sich aus der US-Hypothekenkrise günstige Kaufgelegenheiten ergeben, die Sie genutzt haben?

Ja, wir haben die Gelegenheit genutzt, nachrangige Anleihen aus dem Bankensektor zu erwerben (Barclays, BNP, Dresdner Bank). Wir sehen hier deutliche Unterbewertungen, auch wenn weitere größere Kreditausfälle nicht auszuschließen sind. Risikoträchtige CDOs sind aber eher ein Problem der US-Banken als der europäischen Finanzinstitute.

Um es zusammenzufassen, was waren die wichtigsten Treiber für die Performance des Fonds in den letzten Jahren?

Wir waren in Unternehmensanleihen übergewichtet (inkl. High Yield), hielten lokale Anleihen von Ländern außerhalb der Eurozone, um von einer Währungsaufwertung gegenüber dem Euro zu profitieren, und waren in der Duration leicht kürzer.

Vielen Dank für das Gespräch.


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Die in diesem Artikel enthaltenen Informationen dienen ausschließlich zu Bildungs- und Informationszwecken. Sie sind weder als Aufforderung noch als Anreiz zum Kauf oder Verkauf eines Wertpapiers oder Finanzinstruments zu verstehen. Die in diesem Artikel enthaltenen Informationen sollten nicht als alleinige Quelle für Anlageentscheidungen verwendet werden.

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Über den Autor

Natalia Wolfstetter  ist Director Fund Analysis bei Morningstar