„Die strukturellen Verbesserungen sind noch nicht in den Bewertungen eingepreist“

Morningstar sprach mit Stephanie Wu, Fondsmanagerin im Team von Stuart Parks, dem leitenden Manager des Invesco Asian Equity Core Fund, über den Anlageprozess und die Aussichten für Asien.

Natalia Siklic, 11.08.2005
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Wieviele Analysten und Portfoliomanager arbeiten in Ihrem Team?

Stuart Parks ist der verantwortliche Manager des Invesco Asian Equity Core Fund und Leiter des asiatischen Aktienteams. Unterstützt wird er von zwei weiteren Fondsmanagern, Ian Hargreaves und Stephanie Wu, die für bestimmte Regionen zuständig sind, sowie von einem Research-Analysten, Sam Baldwin. Wir verfolgen einen Teamansatz, legen aber großen Wert auf individuelle Verantwortlichkeiten.

Wo investieren Sie?

Wir investieren in Asien-Pazifik mit Ausnahme von Japan, Australien und Neusee

land.

Wie relevant ist für Sie die Benchmark?

Wir investieren dort, wo wir die besten Renditechancen sehen, unabhängig davon, wie hoch ein Titel in der Benchmark gewichtet ist.

Wie funktioniert Ihr Investmentprozess?

Der Anlageprozess kombiniert Top-Down- und Bottom-Up-Elemente. Weil Kapitalflüsse für die Bewertung in der Region sehr wichtig sind, spielen volkswirtschaftliche Überlegungen eine große Rolle. Ausschlaggebend für die Aktienauswahl ist die fundamentale Unternehmensanalyse. Diese beruht auf hauseigenem Research, ausgewählten externen Quellen und intensiven Unternehmenskontakten. Wir suchen Unternehmen, deren Potential sich in der Bewertung der Aktie noch nicht widerspiegelt.

Orientieren Sie sich an einem bestimmten Anlagestil?

Wir verfolgen einen pragmatischen und flexiblen Anlagestil. Wenn volkswirtschaftliche Entwicklungen und/oder die Liquiditätssituation schwerer wiegen als die Fundamentaldaten der Unternehmen, erwirtschaftet die Top-Down-Allokation den Großteil der Performance. Wenn hingegen kein deutlicher Konjunkturtrend zu erkennen ist, sind die Fundamentaldaten der Unternehmen und die Einzeltitelauswahl die Haupttreiber.

Worauf basiert die Portfoliokonstruktion?

Wir betrachten volkswirtschaftliche Indikatoren, Aktienmärkte und Währungen auf globaler und regionaler Basis. Von hoher Bedeutung sind die Liquiditätsbedingungen, die in Asien großen Einfluss auf die Aktienmärkte haben. In Asien gibt es zudem eine hohe Korrelation zwischen der Liquidität und der Performance von High-Beta-Aktien gegenüber Low-Beta-Werten. Von den Liquiditätsbedingungen hängt damit auch die Gewichtung von Growth- gegenüber Value-Titeln ab. Bei hoher Liquidität ist der Anteil von Growth-Aktien im Portfolio tendenziell höher. Im umgekehrten Fall liegt die Betonung auf dem Kapitalerhalt und wir achten stärker auf Bewertung, Bilanzqualität, stabile Gewinne und freie Cash-flows. Die Analyse der Liquiditätssituation beeinflusst auch die relative Gewichtung von Large- und Small-Caps.

Welche Kriterien legen Sie bei der Aktienanalyse an?

Wir investieren in asiatische Unternehmen mit einer überzeugenden Historie und Kerngeschäftsstrategie, starker mittelfristiger Gewinndynamik und ausgewiesener Berücksichtigung der Interessen von Minderheitsaktionären. Im Idealfall investieren wir in Unternehmen mit hohen Cash-flows, soliden Bilanzen und guten Renditen für Aktionäre.
Einzelinvestments hängen von der Unterbewertung der Aktie ab. Mit Hilfe von traditionellen Bewertungstools wie KGV, KBV und PEG sowie dem Market Implied Growth Rate Model (MIGR) identifizieren wir Fehlbewertungen. Das MIGR-Modell errechnet das im Aktienkurs enthaltene Gewinnwachstum, das meist nicht zutreffend ist, und ermöglicht den Vergleich mit der Historie einer Aktie und zwischen Aktien mit ähnlicher Entwicklung. Die Analyse gibt Aufschluss darüber, bei welchen Unternehmen unrealistische Gewinnerwartungen im Aktienkurs eingepreist sind.
Eine weitere Vorgabe ist die Festsetzung eines Zielkurses/Bewertungsziels sowie die Identifizierung eines Performancetreibers.

Weshalb sollte man Ihrer Meinung nach in Asien investiert sein?

Überdurchschnittliches Wachstum und attraktiven Bewertungen sprechen für ein Investment in asiatische Aktien. Vor allem aufgrund günstigerer demographischer Faktoren dürfte Asien mittelfristig ein stärkeres Wirtschafts- und Gewinnwachstum erzielen als die entwickelten Volkswirtschaften.

Seit der Asienkrise haben die asiatischen Unternehmen umfangreiche Restrukturierungen durchgeführt und sich auf ihre Kernkompetenzen konzentriert. Durch Einschränkung der Investitionstätigkeit generierte hohe Cash-flows wurden zum Teil zur Rückzahlung von Schulden genutzt und zum Teil in Form von Dividenden und Aktienrückkäufen an die Aktionäre zurückgegeben. Die Einführung von internationalen Rechnungslegungsstandards hat die Transparenz erhöht.

Der nachhaltige Anstieg der Profitabilität, der aus den enormen strukturellen Verbesserungen resultiert, ist noch nicht in die Bewertungen eingepreist. Die asiatischen Bewertungen bewegen sich nach wie vor am unteren Ende ihrer historischen Handelsspanne (10,5x KGV06, 1,6x KBV06). Auf Basis von Gewinn und Buchwert und trotz einer höheren Dividendenrendite werden asiatische Aktien mit einem signifikanten Abschlag gegenüber globalen Aktien gehandelt.

Wir meinen, dass sich asiatische Aktien aufgrund ihrer besseren Wachstumsaussichten und günstigeren Bewertungen mittelfristig besser entwickeln werden als globale Aktien.

Wo sehen Sie derzeit die Risiken für asiatische Aktien?

Angetrieben von den USA und China erzielt die globale Wirtschaft weiterhin solide Wachstumsraten. Außerdem erwarten wir, dass die US-Zinsen im weiteren Jahresverlauf ihren Höhepunkt erreichen dürften und somit die Zinsen in Asien auf ihrem niedrigen Niveau verharren und asiatische Aktien weiterhin von günstigen Liquiditätsbedingungen profitieren könnten. Aufgrund des geringeren Exportwachstums in Folge der schwachen Nachfrage im globalen Technologiesektor dürfte sich das asiatische Wirtschaftswachstum in diesem Jahr verlangsamen. Nach einem dreijährigen Anstieg dürfte daher auch das Gewinnwachstum in der Region geringer ausfallen.

Eine Reihe von hauptsächlich externen Risikofaktoren belastet allerdings die Stimmung in den asiatischen Märkten. Der rekordhohe, inflationäre Ölpreis und der Trend des US-Dollars könnten für Enttäuschungen sorgen. Unter diesen Umständen rechnen wir in diesem Jahr mit einer soliden, aber nicht überdurchschnittlichen Entwicklung der asiatischen Märkte.

Danke für das Gespräch.

Die in diesem Artikel enthaltenen Informationen dienen ausschließlich zu Bildungs- und Informationszwecken. Sie sind weder als Aufforderung noch als Anreiz zum Kauf oder Verkauf eines Wertpapiers oder Finanzinstruments zu verstehen. Die in diesem Artikel enthaltenen Informationen sollten nicht als alleinige Quelle für Anlageentscheidungen verwendet werden.

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